Brian Lumleys Necroscope: Buch 2 - Vampirbrut (German Edition)
sie blindlings hinter ihm her bergab stürmte, stieß sie einen fürchterlichen durchdringenden Schrei aus, in dem sich ihre ganze seelische Qual und ihre Selbstvorwürfe vereinten.
Die kreuzförmigen Berge warfen ihren Schrei hallend zurück, bis das letzte Echo erstarb und von der Erde verschluckt wurde.
Und das alte Ding drunten lauschte und seufzte und wartete darauf, was die Zukunft bringen würde.
In einem Büro in London, im obersten Stockwerk eines Hotels, das etwas mehr als nur ein Hotel war, blickte Alec Kyle auf seine Uhr. Es war 16.05 Uhr, und die Geistererscheinung Keoghs war noch immer nicht fertig. Was er erzählte, war faszinierend für Kyle. Der düstere Bericht klang in seinen Ohren plausibel. Wie viel mehr würde er noch erfahren? Sicherlich hatte Keogh nicht mehr viel Zeit. Während die Erscheinung also schwieg und sich das Kind, das gleichzeitig sein Wirt war, einmal sowohl um die Längs- als auch um die Querachse drehte, sagte Kyle: »Aber natürlich wissen wir, was mit Thibor geschah: Dragosani vernichtete ihn, köpfte und verbrannte ihn unter den reglosen Bäumen jener Lichtung in den kreuzförmigen Hügeln.«
Keogh hatte seinen Blick zur Uhr bemerkt. Sie haben recht, sagte er und sein Geist nickte. Thibor Ferenczy ist tot. Deshalb war ich ja in der Lage, unter jenen Hügeln mit ihm zu sprechen. Ich kam auf dem Möbius-Pfad dorthin. Aber Sie haben auch recht damit, dass mir die Zeit langsam ausgeht. Also sollten wir die verbleibende Zeit ausnutzen. Ich habe Ihnen noch mehr zu sagen.
Kyle lehnte sich zurück, erwiderte nichts und wartete ab.
Ich erwähnte bereits, dass es noch andere Vampire gibt, fuhr Keogh fort. Zumindest ist es möglich . Und es gibt mit Sicherheit noch Geschöpfe, die ich als Halb-Vampire bezeichnen möchte. Das werde ich Ihnen später zu erklären versuchen. Auch habe ich ein Opfer erwähnt, einen Mann, der gefangen genommen, benutzt und von einem dieser Halb-Vampire getötet wurde. Er war tot, als ich mit ihm sprach. Tot und absolut verängstigt. Aber vor dem Tod hatte er keine Angst. Jetzt gehört er zu den Untoten.
Kyle schüttelte den Kopf und bemühte sich sehr, das alles zu verdauen. »Sie erzählen am besten weiter. Einfach wie Ihnen der Schnabel gewachsen ist. Lassen Sie die Geschichte für sich sprechen. Auf diese Weise verstehe ich mehr. Sagen Sie mir zuvor nur eines: Wann haben Sie mit … diesem toten Mann gesprochen?«
Erst vor ein paar Tagen, wie man unter den Lebenden sagen würde, antwortete Keogh, ohne zu zögern. Ich war auf dem Weg zurück aus der Vergangenheit und reiste durch den Möbius-Raum, als ich eine blaue Lebenslinie bemerkte, die durch eine rote gekreuzt und unterbrochen wurde. So wusste ich, dass ein Leben beendet worden war, und ich hielt an und sprach mit dem Opfer. Meine Entdeckung war natürlich kein Zufall: Ich hatte auf ein solches Ereignis gewartet. Auf gewisse Weise benötigte ich einen solchen Mord, so schrecklich sich das anhören mag. Doch so erlange ich neue Erkenntnisse. Sehen Sie, Kyle, es fällt mir heutzutage viel leichter, mit den Toten zu sprechen als mit den Lebenden. Und ich hätte ihn ohnehin nicht retten können. Aber durch ihn werde ich vielleicht in der Lage sein, andere zu retten!
»Und Sie behaupten, er sei von einem Vampir angefallen worden, dieser Mann?« Kyle tappte zwar immer noch im Dunkeln, war aber doch ziemlich entsetzt. »Erst kürzlich? Aber wo? Und wie?«
Das ist das Schlimmste daran, Alec, sagte Keogh. Der Vampir nahm ihn sich – hier, in England! Und was die Art und Weise betrifft, in der dies geschah – lassen Sie mich berichten …
VIERTES KAPITEL
Yulian war eine Spätgeburt gewesen, beinahe einen vollen Monat zu spät, doch seine Mutter schätzte sich unter diesen Umständen glücklich, dass er nicht als Frühgeburt zur Welt gekommen war. Oder gar sehr früh und als Totgeburt!
Nun saß Georgina Bodescu auf dem geräumigen Rücksitz des Mercedes ihrer Cousine Anne – sie waren auf dem Weg zur Kirche in Harrow, wo Yulian getauft werden sollte –, musterte das Baby in seiner Tragetasche und dachte an die Ereignisse zurück, die fast genau ein Jahr zurücklagen. Sie und ihr Mann hatten den Urlaub in Slatina verbracht, nur achtzig Kilometer entfernt von den wilden, unwegsamen, steil aufragenden Felstürmen der Carpatii Meridionali, die man unter den deutschstämmigen Einwohnern auch als Transsilvanische Alpen bezeichnete.
Ein Jahr ist ein langer Zeitraum, und sie war mittlerweile in der
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