Brian Lumleys Necroscope: Buch 2 - Vampirbrut (German Edition)
vielleicht auch sagen. Abartig wäre aber möglicherweise die bessere Bezeichnung! Und vermutlich hat er sich seit unserem letzten Besuch nicht geändert – ein abartiges Kind ist jetzt wohl zu einem abartigen jungen Mann geworden!«
»George, das ist lächerlich. Es sind eben nicht alle Kinder gleich. Yulian war eben etwas anders, und das ist alles.«
»Hör mal«, sagte George leicht aufgebracht. »Das Kind war noch keine zwei Monate alt, als wir es zu uns genommen haben – und es hatte schon Zähne! Spitz wie kleine Nadeln! Und ich erinnere mich, dass Georgina gesagt hat, er sei damit geboren worden. Deshalb konnte sie ihn nicht stillen.«
»George!«, mahnte Anne in scharfem Tonfall, um ihn daran zu erinnern, dass Helen auf dem Rücksitz saß, ihre Tochter, ein ausgesprochen schönes, etwas frühreifes sechzehnjähriges Mädchen.
Helen seufzte absichtlich und laut.
Dann bemerkte sie: »Ich weiß, wozu Brüste da sind – mal abgesehen von ihrer natürlichen Anziehungskraft auf das andere Geschlecht. Warum musst du sie unbedingt auf deine Tabu-Liste setzen?«
»Ein Titten-Tabu«, kommentierte George grinsend.
»George!«, mahnte ihn Anne, diesmal noch nachdrücklicher.
»Neunzehnhundertsiebenundsiebzig«, spöttelte Helen, »aber das merkt man nicht. Jedenfalls nicht in dieser Familie. Ich dachte immer, sein Baby zu stillen ist etwas ganz Natürliches. Natürlicher, als sich in der hintersten Reihe von irgendeinem schmuddeligen Kino die Titten begrapschen zu lassen!«
»Helen!« Anne wandte sich auf ihrem Sitz halb um und presste die Lippen missbilligend zusammen.
»Das ist schon verdammt lange her«, sagte George mit einem bedauernden Blick zu seiner Frau hinüber.
»Was ist verdammt lange her?«, fauchte sie.
»Dass mich jemand im Kino angegrapscht hat«, antwortete er.
Anne schnaubte empört. »Das Benehmen hat sie von dir!«, beschwerte sie sich. »Du hast sie immer wie eine Erwachsene behandelt.«
»Weil sie eben beinahe erwachsen ist«, gab er zurück. »Man kann sich nicht ewig um sie kümmern, Anne, mein Liebling, irgendwann werden sie selbstständig. Helen ist gesund, intelligent, fröhlich, sieht gut aus und raucht nicht einmal Gras. Sie trägt seit zwei Jahren einen BH, und jeden Monat …«
»George!«
»Tabu«, warf Helen kichernd ein.
»Jedenfalls«, und nun regte sich bei George der Ärger wieder, »haben wir über Yulian gesprochen und nicht über Helen. Unsere Tochter ist absolut normal, ihr Cousin allerdings überhaupt nicht!«
»Gib mir ein Beispiel«, forderte ihn Anne auf. »Nicht normal – ist er also abnormal? Was stimmt nicht mit ihm?«
»Immer, wenn ihr über Yulian redet«, warf Helen von hinten her ein, »bekommt ihr Krach miteinander! Ist er das eigentlich wert?«
»Deine Mutter ist sehr loyal«, sagte ihr Vater entschuldigend. »Georgina ist ihre Cousine und Yulian ist nun einmal Georginas Sohn. Also sind sie unantastbar! Deine Mutter ignoriert ganz einfach die Tatsachen. Das ist das Gleiche wie bei all ihren Freunden: Sie duldet kein Wort gegen sie. Sehr löblich. Aber für mich bleiben Tatsachen eben Tatsachen. Und Yulian war und ist meiner Ansicht nach – ein bisschen mehr, als ich verdauen kann. Einfach unnormal.«
»Meinst du damit«, bohrte Helen weiter, »dass er ein warmer Bruder ist?«
»Helen!«, protestierte ihre Mutter wieder sehr nachdrücklich.
»Das habe ich aber von dir! « Damit nahm ihr Helen den Wind aus den Segeln. »Du bezeichnest doch Schwule immer als warme Brüder!«
»Ich spreche nie über … über Homosexuelle!« Anne war nun sichtlich wütend. »Und ganz bestimmt nicht mit dir!«
»Ich habe gehört, wie sich Paps mit dir über ein oder zwei seiner Bekannten unterhalten hat, und er hat gesagt, die wären so schwul wie der katholische Pfarrer!«, sagte Helen ganz selbstverständlich. »Und du hast geantwortet: Was, der ist ein warmer Bruder? Tatsächlich?«
Anne fuhr zu ihr herum und hätte sie womöglich sogar geohrfeigt, wenn sie in ihrer Reichweite gesessen hätte. Mit knallrot angelaufenem Gesicht schrie sie: »Dann müssen wir dich in Zukunft eben zuerst in dein Zimmer einschließen, bevor wir uns wie Erwachsene unterhalten können! Du bist ein schreckliches Kind!«
»Stimmt!« Helen stand ihr an Temperament in nichts nach. »Bevor ich auch noch zu fluchen anfange wie du!«
»Schon gut, schon gut!«, versuchte George, die beiden zu beruhigen. »Jetzt habt ihr beide eure Meinung gesagt. Denkt daran, dass wir auf Urlaub sind!
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