Bride 02 - Tempel Der Liebe
stellen. Aber ich verstehe nicht, wieso Dominic und Kyle beide den Titel tragen konnten, obwohl sie doch Brüder sind.«
»Der Name Grahame stammt aus meiner Familie und wäre mit dem Tod meines Onkels erloschen«, erklärte Meriel. »Mein Schwiegervater fand es schade, einen Titel aussterben zu lassen. Deshalb legte er beim König eine Petition vor und bat, den Titel auf Dominic und mich zu übertragen.«
Welche Mutter würde nicht auch wünschen, dass ihr Sohn einen Titel trug? Kyle hatte Troth von Meriels und Dominics Kindern erzählt. Sie hatten einen Sohn und eine Tochter. Sie waren zur Welt gekommen, nachdem ihr Onkel England verlassen hatte. Er hatte sich so darauf gefreut, sie endlich kennen zu lernen ...
Troth versuchte, den riesigen Kloß herunterzuschlucken, der ihr die Kehle zuschnürte. Da erschien ein großer, orangefarbener Kater. Er starrte sie mit leuchtenden goldenen Augen an und sprang plötzlich auf ihren Schoß. Nachdem er sich ein paar Mal um sich selbst gedreht hatte, ließ er sich gemütlich nieder. Troth streichelte ihm über das glatte Fell. »Jetzt bist du ganz offiziell in die Familie aufgenommen worden, Ginger mag dich.«
»Du bist sehr freundlich, Meriel«, erwiderte Troth hilflos. »Kyle und ich kannten uns nur ein paar Wochen. Ich bin nicht sicher, ob unsere Heirat offiziell anerkannt würde. Ich bin nur gekommen, um Dominic die Nachricht von Kyles Tod zu überbringen. Ich verdiene es nicht, Teil der Familie zu sein.«
Meriel berührte ihre Hand. Die zärtliche Geste wirkte beruhigend. »Erzähl mir von eurer Heirat.«
Troth holte tief Luft. Sie versuchte sich zu beruhigen. Dann beschrieb sie die Umstände ihrer Eheschließung. Meriel hörte nachdenklich zu. Sie war nicht schockiert und verurteilte Troth auch nicht dafür. Als Troth fertig war, sagte Meriel: »Eine ungewöhnliche Heirat. Aber gewiss eine echte Heirat. Ob die Zeremonie nun gesetzlich gültig ist...« Sie seufzte. »Das ist schwer zu sagen, da Kyle tot ist. Es gab keinen Ehevertrag. Aber deine Rechte als Witwe und sein Eigentum werden es dir erlauben, ein Leben in Unabhängigkeit zu führen. Das hat er eindeutig gewollt.«
»Ich kann kein Geld von ihm annehmen! Er hat mich nicht geliebt. Ich war nur eine Frau, für die er sich verantwortlich gefühlt hat.«
»Hast du ihn denn geliebt?«
Troth holte tief Luft. Sie sollte es abstreiten, aber sie konnte nicht.
Meriel las den Ausdruck in Troths Gesicht und sagte: »Ich bin froh, dass er am Ende einen Menschen bei sich hatte, der ihn liebte. Niemand wird dein Anrecht auf ein Erbe anfechten.«
Troth legte das Gesicht in die Hände. Beinahe wäre sie in Tränen ausgebrochen. Es wäre töricht gewesen, finanzielle Sicherheit abzulehnen. Die Tatsache, dass Kyles Familie sie annahm, bedeutete ihr noch viel mehr. Seit dem Tod des Vaters hatte sie sich nirgendwo mehr zugehörig gefühlt. »Du bist ... so lieb. Wie kannst du eine Frau wie mich akzeptieren? Ich bin doch eine Fremde.«
»Viele Jahre lang war ich selbst eine Fremde in meinem eigenen Heim. Die Liebe verbindet uns mit der Welt und du hast Kyle geliebt«, erwiderte Meriel leise. »Unser Haus ist jetzt dein Zuhause. Bitte bleib, so lange du willst.«
Wieder stiegen Troth Tränen in die Augen. Doch diesmal würden die Tränen sie heilen.
KAPITEL 11
Kanton, China, Frühling 1832
»Noch etwas Wein, Lord Maxwell?«, fragte Chenqua aufmerksam. Er war sichtlich um das Wohl seines Gastes bemüht.
»Ja, gern. Ihre Weine sind hervorragend.« Kyle nahm einen kleinen Schluck, nachdem der Diener das Glas aufgefüllt hatte. Gavin, der ebenfalls eingeladen war, hatte ihm empfohlen, sich während des Essens in größter Zurückhaltung zu üben. Es würde, über einen Zeitraum von fünf bis sechs Stunden verteilt, mindestens dreißig Gänge geben.
Kyle hatte sich auf das Bankett in Chenquas Haus gefreut. Es war ziemlich unwahrscheinlich, dass er noch einmal Gelegenheit hätte, das Haus eines Chinesen von innen zu sehen. Das Heim des Kaufmanns war ein groß angelegtes, wunderbar luftiges Gebäude mit geschwungenen Dächern, Höfen und marmornen Fußböden. Das Mahl war ebenso wunderbar. Auf der Galerie wurde Musik gespielt, während französische, englische und chinesische Gerichte serviert wurden. Vor jedem Gang wurde ein anderes, kostbares Porzellan gedeckt. Und doch pflegte Chenqua, im Vergleich zu anderen Cohong-Kaufleuten, einen eher strengen Stil.
Neugierig wie immer, probierte Kyle von den chinesischen
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