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Bride 02 - Tempel Der Liebe

Bride 02 - Tempel Der Liebe

Titel: Bride 02 - Tempel Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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gleichgültigen Gesichtsausdruck und verließ das Hong. Dann überquerte sie den Fluss mit einem Bootsmann, der sie oft mitnahm. Nur der feste Griff, mit dem sie das Paket umklammerte, verriet ihre Aufregung. Seit sie als Kind auf die Rückkehr ihres Vaters gewartet hatte, war sie nicht mehr so aufgeregt gewesen.
    Jetzt, da sie erwachsen war, wurde ihr bewusst, dass die Aufregung damals nicht nur von der Freude auf das Geschenk hergerührt hatte. Zu wissen, dass ihr Vater an sie gedacht hatte, war ebenfalls ein Grund für ihre Freude gewesen. Bei dem Gedanken, dass Maxwell an sie gedacht hatte, wurde ihr jetzt ebenso warm ums Herz.
    Endlich war sie sicher in ihrem Zimmer angekommen und konnte das Paket öffnen. Sie faltete das Papier zurück und hielt vor Schreck die Luft an. Vor ihr lag das wunderbare, feuerrote Kleid, das er im Laden an ihre Schultern gehalten hatte. Ehrfürchtig strich sie über den kostbaren Stoff. Er hatte gesehen, wie sie das edle Gewand betrachtet hatte, und erkannt, wie sehr sie sich wünschte, einmal ein solches Kleid zu besitzen.
    Sie nahm das Kleid aus dem Karton und entdeckte, dass in dem Paket auch das Kristallfläschchen lag. Es enthielt jetzt einen betäubenden Duft aus dem Parfümladen. Außerdem lag eine lange Kette aus geschnitzten Jadeperlen, ein Satz goldener Kämmchen und ein eleganter Elfenbeinfächer im Paket. Er hatte sich jeden Gegenstand gemerkt, der ihr besonders gefallen hatte, und ihr damit das schönste Geschenk gemacht. Niemand hatte ihren Wünschen Beachtung geschenkt, niemand war ihr gegenüber so aufmerksam gewesen, seit ihr Vater gestorben war. Das war fünfzehn Jahre her, länger als ihr halbes Leben.
    Voller Vorfreude zog sie Jin Kangs Männerkleider aus und zog Unterwäsche und Seidenhosen an. Dann kämmte sie sich das Haar aus. Sie frisierte sich mit Hilfe der Goldkämmchen im portugiesischen Stil statt im chinesischen. Erst nachdem sie sich auch geschminkt hatte, zog sie das rote Kleid an.
    Wenn sie sich an das andere Ende des Zimmers stellte, konnte sie sich beinahe in ganzer Länge im Spiegel betrachten. Das Kleid hatte genau die richtige Größe und bildete einen schönen Kontrast zu ihrem Haar. Sie war eine exotische, überraschend attraktive Mischung aus Ost und West.
    Das lag natürlich an dem Kleid. Jede Frau würde umwerfend darin aussehen, aber das schmälerte ihre Freude nicht. Zum ersten Mal seit ihrer Kindheit gefiel sie sich. Sie lachte leise und wirbelte durch das Zimmer. Sie fühlte sich wunderbar weiblich.
    Wie wäre es wohl, immer eine Frau zu sein?
    Sie blieb stehen, sah wieder in den Spiegel und wurde plötzlich ernst. Die Fan-qui sahen unterschiedlicher aus als die Chinesen. In Europa würde sie sicher nicht so stark auffallen wie in Kanton. Ihre Haut war glatt, ihr Haar voll und glänzend. Wenn sie in England leben würde und die entsprechenden Fan-qui-Kleider hätte, wäre ihre Erscheinung sicher ganz passabel. Ihre Körpergröße wäre unauffällig und ihre großen Füße wären völlig normal. Man würde sie nicht für ein Dienstmädchen oder eine Bäuerin halten.
    Langsam ließ sie sich auf das Bett sinken. Wilde Gedanken wirbelten ihr durch den Kopf. Der Traum, einmal nach Schottland zu reisen, war mit dem Tod des Vaters zerstört worden. Sie war zwölf gewesen, als Chenqua nach Macao, in das Haus auf dem Hügel, gekommen war, um ihr die Nachricht vom Tod des Vaters zu überbringen.
    Zuerst hatte sie sich geweigert zu glauben, dass es ihn wirklich nicht mehr gab. Aber dann hatte Chenqua erzählt, dass Hugh Montgomerys Schiff gegen einen Felsen geprallt war. Seine Leiche war an Land gespült worden. Chenqua hatte ihn identifiziert. Sie war in hysterische Weinkrämpfe ausgebrochen, bis Chenqua sie zurechtgewiesen hatte. Sie hatte sich wie betäubt gefühlt und sich bemüht, ihn nicht noch mehr zu verärgern. Die Tränen hatte sie sich aufgehoben, bis sie nachts in ihrem Bett gelegen hatte.
    Es war ein Zeichen großer Freundschaft, dass ein so mächtiger Händler wie Chenqua sich persönlich um den Nachlass ihres Vaters gekümmert und die Verantwortung für das mittellose Mischlingskind übernommen hatte. Der Sturm, der ihrem Vater zum Verhängnis geworden war, hatte sie auch fast aller Waren beraubt. Damit waren die Gewinne dahin gewesen, die sie im kommenden Jahr ernährt hätten. Der Compradore des Vaters, der äußerst fähige Mann, der den Haushalt geführt hatte, hatte Troth erklärt, dass Chenqua mit seinem eigenen Geld die

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