Bride 02 - Tempel Der Liebe
ihren eigenen Weg bahnen. Künstliche Bewässerung ist eher selten.«
»Und in Schottland?«
Er erzählte ihr von den Mooren, den zerklüfteten Hügeln, dem Wild und den zotteligen Rindern der Highlands, den wilden Bächen, die sich von den Hügeln herabstürzten und nach einem Unwetter in Wasserfälle verwandelten. »Die Landschaft ist wild und einsam, verglichen mit dieser hier. Ich habe ein Haus in den Highlands. Es würde Ihnen dort gefallen, glaube ich.«
»Da bin ich sicher«, erwiderte sie mit sehnsuchtsvoller Stimme. »Mein Vater ist in einem County an der Grenze aufgewachsen. Er ist oft durch die Highlands gewandert, als er jung war. Kurz vor dem Unglück sagte er mir einmal, dass er noch etwa zehn Jahre arbeiten müsse. Dann wolle er sich vom Geschäft zurückziehen und mit mir nach Schottland zurückkehren.«
»Also haben Sie von Schottland geträumt, während ich von Hoshan träumte«, sagte er. »Vielleicht war es Schicksal, dass wir uns begegnet sind.«
»Ist das nicht ein eher asiatischer Gedanke als ein christlicher?«
»An Schicksal oder Glück zu glauben liegt in der Natur des Menschen, denke ich. Erzählen Sie mir von der Religion der Chinesen. Ich habe einiges gelesen, aber ich weiß immer noch nicht, worum es bei den drei wichtigsten Religionen geht. Buddhismus, Taoismus, Konfuzianismus - wer glaubt was?«
»Die meisten Chinesen folgen allen dreien.« Sie lächelte. »In der christlichen Bibel steht, dass der Herr, dein Gott, ein eifersüchtiger Gott sei. Wir glauben aber, dass jede Religion, die uns lehrt, bessere Menschen zu sein, eine gute Religion ist.
Es gibt Drei Wege. Der Taoismus lehrt uns, die Gesetze der Natur zu befolgen und dass alle Dinge beseelt sind. Laotse, der Philosoph, und die Acht Unsterblichen sind die wichtigsten ... Das Tao ist Yin und Yang, Gegensatz und Gleiches, und Fengshui, die Kunst des harmonischen Einrichtens, die Häuser und Gärten entstehen lässt, die der Seele Nahrung geben.«
»Das geht mir zu schnell!«, rief er. »Ich möchte mehr wissen.«
Sie lachte zauberhaft. »Später. Der zweite Weg ist der Weg des Konfuzius. Er ist der Meister. Er hat die Menschen gelehrt, einander zu respektieren, Disziplin, das Lernen und die Weisheit zu kultivieren und ältere Menschen zu ehren. Die Gesellschaft und der Staat Chinas beruhen auf seinen Lehren.«
»Und der Buddhismus?«
»Buddha war der Erleuchtete. Um dem Kreislauf von Tod und Wiedergeburt zu entkommen, darf man nicht an irdischen Dingen festhalten. Er lehrte uns, dass man Frieden und Weisheit erlangt, wenn man weltlichen Gelüsten widersteht.«
Kyle betrachtete ihren schlanken Hals, ihr wunderschön geschnittenes Profil. »Ich bin bestimmt noch nicht bereit, weltlichen Gelüsten zu entsagen, aber ich möchte mehr lernen. Ich werde Sie bitten, mir während unserer gesamten Reise von Kanton nach Hoshan und auf der Fahrt von Macao nach London noch mehr zu erzählen. Selbst auf die Gefahr hin, dass Sie heiser werden.«
»Nachdem ich jahrelang der ruhige, unsichtbare Jin Kang war, werde ich es genießen, einen Menschen zu haben, der mir zuhört«, erwiderte sie.
Er lächelte. Schon jetzt war die Reise wunderbar. Vielleicht hatte das Schicksal sie wirklich aus einem bestimmten Grund zusammengebracht. Sie schenkte ihm China. Im Gegenzug würde er ihr Schottland schenken.
Wenn er nicht den Großvater hätte spielen müssen, wäre er jetzt pfeifend weitergelaufen.
KAPITEL 16
»Zeit, wieder aufzusitzen«, murmelte Troth. »Das Dorf auf dem Hügel scheint recht groß zu sein. Dort gibt es sicher auch ein Gasthaus. Außerdem geht bald die Sonne unter.«
»Sind alle chinesischen Dörfer und Städte von Mauern umgeben?«
»Die meisten schon. In unserer Geschichte hat es Zeiten gegeben, in denen Banditen wie die Heuschrecken in das Land einfielen und ungeschützte Dörfer zerstörten.«
Kyle saß wieder auf, um sich wie ein Gepäckstück herumtragen zu lassen. Hintereinander erklommen sie den langen Hügel. Das Dorf war auf Felsen gebaut. Wahrscheinlich hatte man kein fruchtbares Land an Gebäude verschwenden wollen. Er hatte noch nie gesehen, dass Land so intensiv genutzt wurde.
Gleich hinter dem Stadttor gab es eine Herberge. Troth führte sie durch einen großen Torbogen in den Hof. Drei der vier Mauern hatten Türen, die direkt zu den Zimmern führten. Vor der vierten Mauer stand eine Hütte. Es roch stark nach Stall und gebratenem Fett.
Troth hatte den Esel noch nicht angebunden, als eine Frau
Weitere Kostenlose Bücher