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Bride 02 - Tempel Der Liebe

Bride 02 - Tempel Der Liebe

Titel: Bride 02 - Tempel Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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hatte eine Gänsehaut im Nacken, als sie mit dem >Großvater< durch das Drachentor ging und die Stadt Kanton betrat. Obwohl sie Maxwell nichts dergleichen gesagt hatte, betrachtete sie die Durchquerung der Stadt als eine Art Probe. Sie würde die Reise nicht antreten, wenn seine Erscheinung zuviel Aufmerksamkeit auf sich zog. Die Gefahr wäre einfach zu groß.
    Wenn man ihn in Kanton entdeckte, würde es einen Skandal geben, aber nur einen kleinen. Der Vizekönig würde seine Empörung ausdrücken, Chenqua würde einen Kotau machen und eine Geldstrafe zahlen müssen - aber es würde nicht wirklich Schaden angerichtet werden. Fan-qui-Kaufleute regten sich oft über die Acht Gesetze auf. Man würde Maxwells Fehltritt als einen kindischen Streich ansehen. Weiter im Landesinnern entdeckt zu werden würde jedoch nicht als Streich gelten und weit schlimmere Folgen nach sich ziehen.
    Sie schienen einen guten Anfang gemacht zu haben. Sie hatte befürchtet, Maxwell würde es mit seiner Verkleidung nicht so genau nehmen. Daher war sie angenehm überrascht, wie gut er den gebrechlichen Alten mimte. Mit gekrümmtem Rücken wirkte er nicht so groß. Auch hielt er den Kopf gesenkt. Allerdings war sie sich sicher, dass er sich nichts von dem entgehen ließ, was um sie herum in den geschäftigen Straßen zu sehen war. Je weniger man von seinem Gesicht erkennen konnte, desto besser. Trotz des Verbandes würde einem guten Beobachter vielleicht auffallen, dass die verbundene Nase zu groß war. Auch Kinn und Mund waren nicht die eines Han-Chine- sen.
    Sein Mund ...
    Hitze durchströmte sie, als sie an den Kuss dachte. Was war er nur für ein Teufel, ihre Sinne so leichtfertig zu erregen! Aber auch er schien etwas gespürt zu haben. Das tröstete sie ein wenig.
    Sie blickte über die Schulter und schaute ihn kurz an. Das hatte sie regelmäßig getan, seit sie das Hong verlassen hatten. Zum Glück würde jeder denken, dass sie sich um ihren gebrechlichen Begleiter sorgte. Sie freute sich, dass die Menge ihn beim Anblick der grauen Haare respektvoll behandelte. Die Leute wichen aus, um sie durchzulassen. In China war es üblich, alten Menschen Achtung zu erweisen. Sie hatte aber nicht damit gerechnet, dass sie dadurch verhindern konnten, ständig von Fremden angerempelt zu werden.
    Maxwell wollte so viel wie möglich von Kanton sehen. Daher wählte sie einen Weg, der an den interessantesten Plätzen der Stadt vorbeiführte. Die meisten waren ziemlich überfüllt. Es wäre unklug gewesen, sie näher zu besichtigen. Aber dann kamen sie an dem staatlichen Prüfungsgebäude vorbei. Sie gab dem Pförtner ein paar Münzen, damit sie hineingehen konnten.
    Sie führte Kyle in einen langen, schmalen Gang, zu dessen Seiten mehrere hundert Zellen aus Backstein lagen. Sie überzeugte sich davon, dass niemand in Hörweite war. Dann sagte sie: »Hier legen die Gelehrten ihre Prüfungen in Literatur und Philosophie ab, um sich für den Staatsdienst zu qualifizieren.«
    Maxwell richtete sich auf und ging in eines der kleinen Zimmer. »Sind diese Zellen für diejenigen gedacht, die die Prüfung nicht bestehen? Sie sehen wie Gefängniszellen aus.«
    »Nein, in diesen Zimmern werden die Prüfungen abgehalten. Die Kandidaten müssen zwei Tage und zwei Nächte darin verbringen, während sie ihre Aufsätze schreiben. Von diesem Turm aus werden sie überwacht.«
    »Wie viele Prüfungszellen gibt es?«
    »Ungefähr zwölfhundert, glaube ich.«
    Er pfiff kurz. »Zwölfhundert arme Studenten, die verzweifelt zu beweisen versuchen, dass sie genug gelernt haben. Und das alles, um eine Arbeit beim Staat zu bekommen. Kein Wunder, dass die Atmosphäre hier so bedrückend ist. In diesen Backsteinen müssen die Qualen vieler junger Männer stecken. Ihre Zukunft hing vom Ausgang der Prüfung ab.«
    »Selbstmord ist hier keine Seltenheit. Manche Studenten tun es schon während der Vorbereitung auf die Prüfung. Andere wählen den Freitod, weil sie nicht bestanden haben.« In ihrer Rolle als Mann hatte sie die Freiheit besessen, in der Stadt herumzulaufen. Aber sie war erst einmal, vor ein paar Jahren, in dem Prüfungsgebäude gewesen. Damals hatte sie dessen Bedeutung nicht einschätzen können. »Es ist recht... beängstigend, nicht wahr? Und gleichzeitig auch großartig.«
    »Großartig?«
    »In gewisser Weise symbolisiert dieses Gebäude das Herz Chinas. Seit zweitausend Jahren ist unsere Nation zivilisiert. Sie hat Dichtkunst, Philosophie und wunderschöne Gärten

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