Bride 02 - Tempel Der Liebe
Schauspiel zu und hielt Kyles Hand. Die Menge war zum Glück so dicht, dass keiner es bemerken würde.
Als der Löwe vorüber war, schlössen sie sich der Menge an, die ihm bis zum Hauptplatz der Stadt folgte. Laut krachend ging das Feuerwerk los. Der Präfekt bezahlte die Löwentänzer, indem er ihnen einen roten Beutel voller Geld hinhielt, der an einer langen Stange hing. Der Löwe bäumte sich auf und hüpfte immer wieder in die Höhe. Endlich erwischte der anführende Tänzer den Beutel. Die Menge jubelte laut und löste sich dann in kleinere Gruppen auf, die bis tief in die Nacht weiterfeiern würden.
Müde, aber glücklich nahm Troth Kyles Arm und ging mit ihm Richtung Herberge. Zum Glück hatte sie noch genug Kraft, um ihn zu verführen ...
Das Unglück brach so plötzlich wie ein Blitz über sie herein. Sie waren etwa eine Straße von der Herberge entfernt, als eine Gruppe Betrunkener auf sie zukam. Troth zog Kyle auf die Seite. Sie spürte an seinem Arm, dass auch er sich der Gefahr bewusst war. Ein Großteil der Gruppe war bereits singend und brüllend an ihnen vorübergezogen, als zwei Betrunkene sich gegenseitig anrempelten und einer von ihnen mit Kyle zusammenstieß.
»E ... entschuldige, Großvater.« Mit einer Hand blieb der Betrunkene in Kyles Zopf hängen. Während er nach vorn stolperte, riss er die Perücke zusammen mit dem Hut und dem Verband von Kyles Kopf. Kyle stockte vor Schreck der Atem. Der Betrunkene starrte blöde auf die Perücke, die an seiner Hand baumelte. Dann blickte er auf und riss erstaunt den Mund auf, als er die fremden Züge sah, die nun teilweise bloßgelegt worden war. »Ein Fan-qui-Spion!«
Seine Freunde drehten sich um und umringten ihn, während der Betrunkene den verhedderten Verband festhielt. Kyle versuchte sich abzuwenden, aber dabei wurde noch mehr von dem Verband heruntergerissen und sein europäisches Gesicht war nun deutlich zu sehen.
Kurz verstummten alle vor Schreck, bis einer schimpfte: »Dreckiges fremdes Schwein!«
»Fan-qui, Fan-qui!« Die Bande machte sich zum Angriff bereit. Wie ein Straßenkämpfer schlug Kyle drei Männer mit den Fäusten nieder, während Troth drei weitere mit Wing Chun kampfunfähig machte. Dann blickten sie sich an und er rief: »Los, komm!«
Zusammen liefen sie die Straße hinunter. Sie schrie auf, als ein Stein sie zwischen den Schulterblättern verletzte. Zwei weitere Wurfgeschosse trafen Kyle. Sie kamen in eine schmale Gasse voller Abfälle, während die Betrunkenen laut brüllend hinter ihnen herliefen.
Sie bogen nach links ab, dann nach rechts und noch einmal nach rechts. Leute blickten aus den Fenstern, um zu sehen, woher der Lärm kam. Unter anderen Umständen hätte Kyle vielleicht unerkannt entkommen können, aber jetzt hallten »Fan-qui, Fan-qui!«-Rufe durch die schmalen Gassen.
Trommeln wurden geschlagen. Entsetzt stellte Troth fest, dass die Soldaten, die in der Parade mitmarschiert waren, jetzt Jagd auf den Fremden machten.
Sie bogen in eine weitere dunkle Gasse ein, stolperten im Dunkeln über Abfälle und mussten feststellen, dass sie sich in einer Sackgasse befanden, an deren Ende ein breites, altes Hause stand. Nach Luft ringend, rief Troth: »Das Dach ist sehr niedrig. Wir können hinüberklettern.«
»Nein.« Atemlos blieb Kyle neben ihr stehen. »Die ganze Stadt wird nach mir suchen. Ich kann ihnen nicht entkommen. Es fällt einfach zu sehr auf, dass ich ein Fremder bin. Sie werden die Stadttore abschließen, bis man mich gefunden hat. Ich bin nur weggelaufen, damit du fliehen kannst.«
Sie umfasste seine Taille und suchte verzweifelt nach seiner Pistole. »Du bist bewaffnet. Wir können es immer noch schaffen!«
»Mit ein paar Kugeln können wir nichts gegen den Mob ausrichten. Es hat keinen Sinn, deswegen jemanden zu töten. Geh jetzt!«
»Ich lasse dich nicht allein!«
»Das wirst verdammt noch mal doch tun!« Vom anderen Ende der Gasse war ein Schrei zu hören. Bevor sie noch etwas sagen konnte, küsste er sie schnell und fest auf den Mund. Dann packte er sie an den Knien und hob sie hoch, damit sie sich an dem niedrigen Dach hochziehen konnte. »Mach, dass du verschwindest! Du musst nach Kanton zurück und dich um meine Freilassung kümmern. Der Vizekönig wird sich bestimmt freuen, dass die Europäer derartig das Gesicht verlieren. Aber mir wird schon nichts passieren.«
»S... sei vorsichtig!« Sie sah ein, dass er Recht hatte, aber sie fand es fürchterlich, ihn verlassen zu müssen. Sie
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