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Bride 02 - Tempel Der Liebe

Bride 02 - Tempel Der Liebe

Titel: Bride 02 - Tempel Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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gelassen quer durch den Hof und stellte sich vor die Mauer. Als Spross der Familie Renbourne waren ihm Würde und Stolz in die Wiege gelegt worden. Von beiden machte er jetzt ausgiebig Gebrauch. Mochten Wu und seine Leute ihn nur verachten, vergessen würden sie ihn so bald nicht.
    Er wandte das Gesicht den Soldaten des Exekutionskommandos zu und war froh, dass sie den Brauch nicht kannten, dem Verurteilten die Augen zu verbinden. Er wollte den letzten Blick auf die Welt nicht versäumen.
    Die zwölf Musketen des Exekutionskommandos waren nach europäischem Standard veraltet und nicht sehr zielgenau, aber sie würden ihren Zweck erfüllen. Die Läufe sahen beeindruckend aus. Jede Muskete konnte ein faustgroßes Loch in ihn schießen. Er hoffte auf treffsichere Schützen, die ihm ein schnelles Ende bescherten.
    Wu Chongs Gesicht strahlte vor boshaftem Vergnügen. Gott helfe den Menschen von Fengtang, die ihm Untertan waren.
    Es war üblich, dass der Verurteilte seine letzten Worte sprach, aber es bestand wohl kaum ein Grund dafür, da keiner der Anwesenden sie verstehen würde. Der einzige Mensch, auf den es ankam, war Gott sei Dank in Sicherheit. Komme sicher und wohlbehalten ans Ziel, Troth, mit Ausdauer und Klugheit. Und wenn du in England angekommen bist - werde glücklich.
    Auf ein Zeichen ihres Offiziers hoben die Soldaten die Musketen und legten an. Ausdruckslos blickten ihn die flachen Gesichter unter den Pickelhauben an.
    Wu Chong senkte die Hand und brüllte ein Kommando.
    In deine Hände, o Herr, befehle ich meine Seele.
     
    Eine Menschenmenge hatte sich außerhalb der Mauer versammelt und wartete stumm, dass Fengtang von dem ausländischen Teufel befreit werde. Troth stand abseits von den anderen. Die Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt. Gewiss hatte Wu Chong in letzter Minute erkannt, wie unsinnig es wäre, einen Europäer zu töten, und widerrief sein Urteil.
    Hinter den Mauern ertönte eine barsche Stimme: »Feuer!«
    Eine Salve von Schüssen donnerte durch die Morgenluft, hallte von den Steinmauern des Innenhofes wider. Eine dunkle Rauchwolke ringelte sich nach oben. Troth presste die Fingerknöchel an die Zähne, um einen Aufschrei zu unterdrücken.
    Kyle Renbourne, Viscount Maxwell und Herr ihres Herzens, war tot.

KAPITEL 27
     
    England, Weihnachtsabend, 1832
    »Und es begab sich zu der Zeit, dass ein Gebot von Kaiser Augustus ausging, damit alle Welt sich schätzen ließe.«
    Während die volltönende Stimme des Vikars die kleine steinerne Kirche erfüllte, schloss Troth die Augen und sog die vertrauten Worte ein. In ihrer Kinderzeit war Hugh Montgomery zu den Feiertagen immer nach Macao zurückgekehrt, um bei ihnen zu sein. Am Weihnachtsabend hatte er der Familie und dem versammelten Personal die Geschichte von Christi Geburt vorgelesen. Seine Stimme hatte ähnlich wie die des Vikars von Warfield geklungen.
    Als Troth auf der Kirchenbank der Familie zwischen Dominic und seiner Schwester Lucia saß, empfand sie zum ersten Mal wieder das Gefühl der Dazugehörigkeit, das sie seit dem Tod ihrer Eltern verloren hatte. All die Jahre in Kanton hatte sie zu Weihnachten die Geschichte von Christi Geburt in der Bibel ihres Vaters nachgelesen, aber es war nicht das Gleiche gewesen. Heute Abend fühlte sie sich wieder als Christin. Ihr Vater hätte sich gefreut.
    Der Denkweise der Chinesen entsprechend, schmälerte ihre Verehrung für Kuan Yin und Buddha ihre Freude am christlichen Weihnachten nicht im Geringsten. Kyle hatte ihr Bedürfnis verstanden, diese verschiedenen Glaubensrichtungen zu ehren - und hatte es geteilt -, aber sie bezweifelte, dass viele Engländer es gutheißen würden. Vielleicht Meriel. Troth hatte den Verdacht, dass ihre Schwägerin mehr eine Heidin als eine Christin war. Heute benahm sich die Gräfin vollkommen korrekt. Wie ein silbergelockter Engel lauschte sie der Predigt und dem Chorgesang. Sie trug sogar Schuhe.
    Der Gottesdienst endete. Das Stimmengemurmel war leiser, das Lächeln sanfter geworden, als die Gläubigen die Kirche verließen und sich auf den Heimweg machten. Mehrere Kutschen warteten auf die Bewohner von Warfield, aber als Troth die leichte Schneedecke über den Hügeln sah, meinte sie begeistert: »Es ist ein so wunderschöner Abend. Ich möchte zurück laufen. Es ist ja nicht weit.«
    Zu ihrer Überraschung sagte Dominic: »Ich begleite dich, wenn du nichts dagegen hast.«
    »Natürlich nicht.« Sie nahm seinen Arm. Schweigend folgten sie dem schmalen Pfad

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