Bride 02 - Tempel Der Liebe
erbrach, dennoch versuchte Kyle sein Möglichstes. Wrexham wäre stolz gewesen. Wu Chong warf ihm einen enttäuschten Blick zu und ließ ihn wieder in den Kerker führen. Sein Spielzeug würde wohl nicht mehr lange durchhalten.
Wenn ihn die täglich wiederkehrenden Anfälle niederwarfen, klammerte er sich an den Gedanken, dass Troth und seine Familie in dem Glauben waren, er sei schnell gestorben.
Er hatte die Welt sehen wollen und geblieben waren ihm steinerne Wände, Krankheit und Verzweiflung.
»Trink.«
Er wehrte das bittere Getränk ab, das man ihm einflößte, und wollte seinen Traum von England weiter träumen, auch wenn das Erwachen qualvoll war. Der Tod wäre ein Segen.
»Trink!«
Hustend und prustend kam er teilweise zu sich und bemerkte, dass ein gut gekleideter Chinese versuchte, ihm diesen bitteren Trank einzuflößen. Eine Arznei? Gift? Es war ihm gleichgültig. Er schluckte und versank wieder in einem dunklen Loch.
Er hatte das undeutliche Gefühl, dass er getragen wurde, dass er sich auf einem ratternden Gefährt befand. Längere Perioden der Bewusstlosigkeit wurden von kurzen Fieberanfällen im Wachzustand unterbrochen.
Als seine Lebensgeister zurückkehrten, fand er sich in einem sauberen Bett wieder. Langsam wanderte sein Blick über einen geschnitzten Wandschirm zu seidenen Vorhängen. Auf einem Tischchen stand eine Porzellanvase mit einer einzigen Blüte von vollkommener Schönheit. Er war im Hause eines wohlhabenden Chinesen. Doch nicht bei Wu Chong?
Eine ältere Dienerin schaute nach ihm und verließ dann das Zimmer. Wenige Minuten später erschien eine andere Frau. Sie war ebenfalls älter, aber der Kleidung nach die Dame des Hauses. Als sie ihm die kühle Hand auf die Stirn legte, fragte er unsicher: »Tai-tai?«
Seine Stimme war ein Krächzen. Sie lächelte ihn zustimmend an, da er ihre Stellung im Haus erkannt hatte, und reichte ihm etwas zu trinken. Wieder dieser bittere Geschmack. Diesmal wusste er, dass das Gebräu peruanische Rinde enthielt. Selten und teuer. Sie kam aus Südamerika und war das wirksamste Heilmittel gegen Malaria, wenn man sie bekommen konnte.
Als er das nächste Mal aufwachte, huschte die Dienerin hinaus und kehrte mit Chenqua zurück, dem Leiter der Cohong. Kyle begriff allmählich und neigte den Kopf. »Meine Verehrung, Lord Chenqua. Ich glaube, ich verdanke Ihnen mein Leben. Sie haben weit mehr für mich getan als ich verdiene.«
»In der Tat«, antwortete der Kaufmann mit unmissverständlichem Sarkasmus. »Ihre Straftaten kosteten mich mehrere Tael Silber, aber wenigstens leben Sie. Ihr Tod hätte mich viel mehr gekostet.«
Kyle schloss die Augen. Er kam sich wie ein Fünfjähriger vor, der von seinem Vater gemaßregelt worden war. »Es tut mir Leid. Es war nicht richtig von mir, nach China zu reisen, aber ... ich wollte Hoshan unbedingt sehen.«
In milderem Ton sagte Chenqua: »Verständlich, aber töricht.«
»Bin ich in Kanton?« Als Chenqua nickte, fuhr er fort: »Werde ich wieder ins Gefängnis gebracht, nachdem ich mich erholt habe?«
»Nein. Sie gehen nach Macao und von da nach England. Wu Chong sagte, er hätte nicht die Absicht gehabt, Sie zu töten. Sie sollten inhaftiert bleiben, bis er Peking von Ihrer Gefangennahme benachrichtigt habe. Und dafür hätte er sich alle Zeit der Welt gelassen.« Das Gesicht des Kaufmanns bekam einen spöttischen Ausdruck. »Es ist nicht möglich, ihm das Gegenteil zu beweisen.«
Also würde Wu Chong straffrei ausgehen, auch wenn er seine Befugnisse überschritten hatte. Wenn Kyle am Fieber gestorben wäre, so wäre es bedauerlich, aber nicht die Schuld des Präfekten. Die Scheinhinrichtungen waren nur eine Posse, eine viel zu milde Strafe für den Fan-qui. So ähnlich würde die offizielle Version lauten. Kein diplomatischer Zwischenfall. Ein Brite hatte das Gesetz gebrochen und die chinesische Regierung hatte ihn in ihrer unendlichen Großmut freigelassen. »Wie haben Sie von meiner Gefangennahme erfahren?«
»Durch die Handelsgesellschaft und einen Brief von Mei-Lian.«
Er verdankte also Troth sein Leben. Chenqua wusste von ihrer Beziehung. Sie musste jetzt beinahe in England sein. Seine Familie würde monatelang um ihn trauern, bevor sie erfuhr, dass er am Leben war. Das ließ sich leider nicht ändern. Hoffentlich würde die Nachricht seinen Vater nicht umbringen. Das könnte er sich niemals verzeihen.
Er überlegte, wie viel seine Gesetzesübertretung Chenqua wohl gekostet haben mochte. »Ich
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