Bride 02 - Tempel Der Liebe
Ihnen bleiben noch fünf bis sechs Monate, um sich auf die Rolle der verwitweten Lady Maxwell vorzubereiten. Sie haben keine Eile und können sich Schritt für Schritt darauf einstellen.«
Schritt für Schritt. »Ich ... ich muss mir europäische Kleider machen lassen. Alles, was ich habe, trage ich am Leib.«
»Und je eher das verbrannt wird, desto besser. Ich kenne eine Schneiderin, die sich auf europäische Damenkleidung spezialisiert hat. Sie wird sich um Sie kümmern.«
Auf einem Tablett trug ein Diener den kleinen Imbiss und den Tee herein. Elliott trank aus seiner Tasse, während Troth aß. Ihr war entgangen, wie hungrig sie war. Als sie ihr Mahl beendet hatte, sagte sie: »Peng erwähnte, dass Sie in zwei Tagen nach Singapur abreisen.«
Elliott zog die Stirn kraus. »Ich fürchte, ja. Ich kann die Reise vielleicht um einen Tag verschieben, aber nicht um mehr.«
»Es besteht kein Grund, Ihre Pläne meinetwegen zu ändern.« Ihr Lächeln war frostig. »Ich bin es gewohnt, meine Angelegenheiten selbst zu erledigen.«
»Aber das brauchen Sie jetzt nicht mehr. Deswegen hat Kyle Sie geheiratet.«
Wieder den Tränen nahe, schenkte sie sich Tee nach. »Das Vordringlichste für Sie ist jetzt, sich um die Überführung seines Leichnams zu kümmern, damit er in England beerdigt werden kann. Ich glaube, Sie suchen am besten Mr. Boynton auf. Er ist für den chinesischen Geschäftsverkehr der Ostindien-Handelsgesellschaft zuständig.«
»Eine gute Idee. Er hat mehr Einfluss auf den Vizekönig in Kanton als andere Europäer. Ich werde ihn noch heute Nachmittag aufsuchen und ihm die ganze Geschichte erzählen. Da Maxwell dem britischen Adel angehörte, wird die Gesellschaft mir ihre Hilfe zusichern.« Elliott zog die Stirn in Falten. »Weiß Chenqua, was geschehen ist?« Als sie den Kopf schüttelte, sagte er: »Sie müssen es ihm sagen.«
Natürlich hatte er Recht. Auf dem langen Weg von Fengtang hatte sie bereits im Geist einen Brief an ihn aufgesetzt. Obwohl ihr die Rolle, die Chenqua ihr zugeteilt hatte, nicht gefiel, hatte er sich ihr gegenüber als Familienoberhaupt und Beschützer vorbildlich verhalten. Sie war ihm dankbar für alles, was er getan hatte. Auch wenn sie ihn stets ein wenig gefürchtet hatte, brachte sie ihm Respekt und aufrichtige Zuneigung entgegen. »Ich werde ihm schreiben, bevor ich Macao verlasse.«
»Selbstverständlich wohnen Sie hier, auch nach meiner Abreise.« Elliott runzelte nachdenklich die Stirn. »Im Hafen liegt ein englisches Schiff. Anfang nächster Woche wird es nach England auslaufen. Das dürfte reichen, um die nötigen geschäftlichen Dinge zu erledigen und eine neue Garderobe zu beschaffen.«
Je eher, desto besser. Es drängte sie, China und seine Gespenster zu verlassen. Sie erhob sich. »Ist eines der Gästezimmer vorbereitet? Ich bin sehr müde.«
»Natürlich.« Er läutete nach dem Comprador, der für den Haushalt zuständig war, und begleitete sie zur Tür des Salons. »Falls Sie noch einen Wunsch haben, lassen Sie es mich bitte wissen.«
Sie lächelte ihn ein wenig verzerrt an. »Sie sind sehr freundlich. Kyle hat gut für mich gesorgt, als er mich aus Mitleid heiratete.«
Mit einer Hand hob Elliott ihr Kinn und blickte sie prüfend an. Die Wärme seiner Augen überraschte sie. »Er hat Sie nicht aus Mitleid geheiratet, Troth Montgomery.«
Nach dieser rätselhaften Bemerkung überließ er sie dem Comprador. Mit dem dankbaren Gefühl, dass sie die Last von Kyles Tod nicht mehr allein zu tragen hatte, betrat sie ihr Zimmer und fiel aufs Bett, ohne die schmutzigen Kleider abzulegen.
Sie schlief vierundzwanzig Stunden lang.
Auch wenn Troth über fünfzehn Jahre lang im Hause eines mächtigen Mannes gelebt hatte, erfuhr sie jetzt zum ersten Mal, dass Macht und Einfluss ihren eigenen Belangen zu Gute kamen. Umsichtig traf Elliott innerhalb weniger Tage mit atemberaubender Geschwindigkeit die notwendigen Vorkehrungen für ihre Abreise. Als er nach Singapur abreiste, einen Tag später als geplant, war ihre Schiffspassage nach London gebucht und die neue Garderobe in Auftrag gegeben. Außerdem stattete er sie mit den notwendigen Vollmachten und Dokumenten für Kyles Londoner Bank aus. Sie fühlte sich bestens versorgt.
Die Schneiderin murrte missbilligend, als Troth bei der Auswahl ihrer Fan-qui-Kleidung auf gedämpften Farben und schlichtem Schnitt bestand. Auch wenn sie ein Mischling mit einem ungeregelten Leben war, wollte sie auf Kyles Familie einen
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