Bride 03 - Die Entfuehrte Braut
waren ihm unbekannt. Sie waren mittleren Alters oder älter, einige waren vom ausschweifenden Leben gezeichnet, andere hatten die Selbstsicherheit von Männern, die sich ihrer Macht bewusst sind. Das waren also seine Richter! Möge Gott ihm beistehen. Er fragte sich, wer wohl Lord Wylver war. Der Mann, der den Stein erst ins Rollen gebracht hatte.
Weitere Dokumente wurden vorgelesen, bis sie zur Anklageschrift gelangten. Inmitten eines langen Abschnitts stachen folgende Worte heraus: »Besagter
Gavin, Earl of Seabourne, Viscount Handley, hat seine Frau Alexandra, Countess of Seabourne, vorsätzlich und auf verbrecherische Art und Weise verwundet und das Gebäude angezündet und dadurch den Tod der oben genannten Alexandra, Countess of Seabourne, verursacht.«
Die Worte trafen ihn wie Hammerschläge. Es war kein Albtraum, sondern Wirklichkeit. Gavin hatte nicht nur seine Frau verloren, er wurde auch noch vor aller Welt angeklagt, sie ermordet zu haben.
»Hört, hört! Leutnant des Towers von London, bringen Sie Gavin, den Earl of Seabourne, Ihren Gefangenen, vor die Richterbank, gemäß der Anordnung des House of Lords.«
Gavin war sich bewusst, dass alle Augen auf ihn gerichtet waren. Er ging zum Platz des Angeklagten, der sich zwischen dem stellvertretenden Gouverneur des Towers und dem Gefängniswärter befand, der eine riesige Axt bei sich trug. Er verbeugte sich dreimal und kniete nieder, was ihm nicht leicht fiel. Eigentlich wollte er niemandem seine Reverenz erweisen, gegen den er eine Abneigung hatte, aber Kyle hatte ihn darauf hingewiesen, dass es wohl der falsche Zeitpunkt wäre, für seine republikanische Überzeugung einzustehen.
»Ihre Lordschaft möge sich erheben«, sagte St. Aubyn. Seine wachen grauen Augen schienen die Lage einzuschätzen, während er einführende Worte über den Gerichtshof sprach und eine Rechtsbelehrung anfügte.
Als der Lordkanzler fertig war, sagte der Vertreter der Anklage: »Bekennen Sie, Gavin, Earl of Seabourne, sich des verbrecherischen Mordes, dessen Sie angeklagt sind, für schuldig oder nicht schuldig?«
»Nicht schuldig, Euer Lordschaft.« Gavin sprach mit tragender Stimme, so dass ihn jeder verdammte Peer in dem Saal hören konnte.
Der Gerichtsdiener fragte: »Angeklagter, von wem soll Seine Lordschaft verurteilt werden?«
»Von Gott und meinen Peers.« Das löste noch mehr Unbehagen bei ihm aus.
»Gott möge Eurer Lordschaft ein gerechtes Urteil schicken.«
Das war das Einzige, mit dem Gavin einverstanden war.
Die Anklage eröffnete den Fall, angeführt durch den Generalstaatsanwalt William Oliver. Eine beeindruckende Erscheinung mit tiefer Stimme. Ganz offensichtlich genoss er es, bei einem so skandalösen Fall die Anklage vertreten zu dürfen.
Mit steinerner Miene verfolgte Gavin das Aufrufen der Zeugen. Nachdem die Zeugen vom Generalstaatsanwalt und Sir Geoffrey verhört worden waren, konnte jeder der Lords sie befragen, um die eigene Neugier zu befriedigen.
Die zwei ersten Zeugen waren Diener Gavins. Sie mussten wohl oder übel zugeben, dass sich ihr Herr mit seiner Frau ein oder zwei Tage vor deren Tod laut unterhalten hatte.
Sir Geoffrey konnte darlegen, dass die Diener nichts Schlimmes gehört hatten. Es war nur außergewöhnlich, dass die beiden so laut miteinander sprachen.
Konstabler Mayne bezeugte, dass er gesehen hatte, wie Lord Seabourne zwei Männer mit bloßen Händen getötet hatte. Dem einen wurde das Genick gebrochen, dem anderen der Schädel zertrümmert. Von den Lords wurde Gemurmel ob der drastischen
Schilderung hörbar. Einige sahen Gavin an, als wäre er eine gefährliche Schlange.
Sir Geoffrey erhob sich und fragte: » Konstabler Mayne, Sie sprachen von fünf Angreifern?« Als das bestätigt wurde, fragte der Anwalt: »Euer Lordschaft kämpfte also gegen einen übermächtigen Feind um sein Leben. War Lady Seabourne anwesend?«
»Jawohl, Sir, sie war da.«
»Also kämpfte Seine Lordschaft nicht nur um sein eigenes Leben, sondern auch um das Leben seiner Frau. Unter diesen Umständen würde jeder Mann wie ein Löwe kämpfen.«
Sir Geoffrey hielt kurz inne, damit jeder es sich einprägen konnte. »Hatte Lady Seabourne Ihrer Meinung nach Angst vor dem Angeklagten?«
»Nein, Sir. Sie schaute ihn an, als ob er der wundervollste Mann auf Erden wäre.«
Der Vertreter der Anklage erhob Einspruch, da die Aussage des Konstablers nur seine Meinung wiedergab. Die Worte aber waren gefallen. Möglicherweise würden sie die erlauchten
Weitere Kostenlose Bücher