Bride 03 - Die Entfuehrte Braut
Insel Gibbet passierte, sorgte Gavin dafür, dass sie unter Deck waren. In Eisenkäfigen grüßten die trockenen Gebeine vierer verurteilter Piraten die vorbeisegelnden Seefahrer. Vielleicht hätte Alex eine grimmige Befriedigung empfunden, dass Schurken ihrer gerechten Strafe nicht entkommen waren, für ein Kind aber war dies wohl nicht der richtige Anblick.
Je mehr sie sich der Stadt näherten, desto belebter wurde die Wasserstraße. Als sie die Schleuse erreichten, die zu den Docks von London führte, nahm das geschäftige Treiben auf dem Fluss weiter zu. Hier, in einem der wichtigsten Handelszentren der Welt, herrschte ein wildes Gedränge großer und kleiner Schiffe.
Als Katie sich fasziniert an die Schiffsreling klammerte, fragte Gavin: »Na, wie ist es denn, wenn man sein Heimatland mit neun Jahren zum ersten Mal in seinem Leben sieht?«
Katie lachte. Die Wangen waren rot vor Aufregung. »Einfach wunderbar! Hier ist so viel los.« Die Augen wanderten zu ihrer Mutter, die zwar etwas stiller, aber ebenso aufgeregt war wie ihre Tochter. »Mama hat mir so viel von England erzählt, dass ich mich schon zu Hause fühle.«
»Du hast Glück, dass du an einem warmen sonnigen Nachmittag eintriffst. An einem grauen feuchten Wintertag würdest du dich vielleicht wieder sofort nach Sydney zurückwünschen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe drei Sommer hintereinander gehabt — in Sydney, auf den Inseln, und jetzt hier ... da freue ich mich auf den Winter.«
»Was bist du doch für eine gescheite junge Dame.« Manchmal konnte Gavin sein Glück immer noch nicht fassen, dass ihm das Schicksal diese wundervolle Tochter und Alex beschert hatte. All das und London, das Ziel, das er sein halbes Leben lang angestrebt hatte. Obwohl er als Kapitän seine Fassung bewahren musste, war er innerlich ebenso aufgeregt und neugierig wie Katie und Alex. Vielleicht erging es ihm sogar schlimmer. Er hatte lange gewartet und sich auf den neuen Abschnitt in seinem Leben vorbereitet. Die Waagschalen mussten ins Gleichgewicht kommen, damit er seinen Weg fortsetzen konnte.
»Wie kommst du dir vor, wenn das Ende deiner Tage als Kapitän zur See so nahe ist?«, fragte Alex.
Er bündelte das Durcheinander seiner Gefühle zu einer einfachen Antwort. »Ich bin auf das Leben an Land vorbereitet, aber das Meer wird mir fehlen.«
»Wenn wir das Haus am Meer gefunden haben, wirst du dir natürlich ein Boot anschaffen.« Sie lächelte. Die lockigen Strähnen ihres dunklen Haars wehten ihr verführerisch um das Gesicht. »Eine hübsche kleine Schaluppe, die du Helena II nennen kannst.«
»Oder die Katielein .« Er erwiderte ihr Lächeln und dachte, wie viel gesünder sie nach dem letzten langen Teil der Reise aussah, der zum Glück in Frieden und Ruhe verlaufen war. Die Seekrankheit hatte mit ihrer Fehlgeburt ein Ende gehabt. Trotz der bleibenden Schwäche wegen des hohen Blutverlustes nahm sie Katies Unterricht wieder auf, drei Tage nach dem Angriff der Piraten. Bereits am nächsten Abend las sie ihm und Katie wie immer nach dem Essen laut vor. Sie hatten Rob i n son Crusoe, eines seiner Lieblingsbücher, gelesen. Es war ein reines Vergnügen, ihrer wohlklingenden, samtweichen Stimme zu lauschen.
Er hoffte, sie würde diese Gewohnheit beibehalten, auch wenn sie an Land waren. Es brachte ihm die wohligen Erinnerungen seiner Kindheit zurück. Während sein Vater als Marineoffizier auf den Weltmeeren segelte, hatte ihm seine Mutter an den langen Abenden vorgelesen. Und es waren nicht immer Bücher, die ihr Vater, der Vikar, gutgeheißen hätte, auch wenn die Familie im Haus des alten Mannes wohnte. Es gab vieles, das sein Großvater nicht billigte, auch wenn er auf seine herbe Art ein freundlicher Mensch war.
Katie hielt erstaunt die Luft an, als sich die Schleusentore majestätisch öffneten und die Helena in das Becken inmitten der gigantischen Docks fuhr. »Die Docks von London sind ja so groß wie ganz Sydney!«
»Wahrscheinlich nicht ganz so groß, und dabei werden die neuen St.-Katharines-Docks westlich von hier nicht dazugezählt. Ein Großteil des für England bestimmten Tabaks, Alkohols und der Wolle passiert die Docks von London, ebenso wie Tee-, Gewürz-und Reislieferungen und tausend andere Dinge.« Gavin zeigte auf einen hohen, rauchenden Schornstein. »Das ist ein Kiln, ein Brennofen. Dort werden nicht abgeholte Warenlieferungen nach einer Wartezeit von einem Jahr verbrannt. Hier wird alles außer Tee vernichtet, der sofort
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