Bride Trilogie 01 - Bluete der Zaertlichkeit
einem unregelmäßig gewachsenen blaugrauen Strauch ab, der einen auffallenden Geruch verbreitete. Eine Art Minze, dachte er.
»Mi-a-u!«
Eine riesige Katze, deren Farbe an Orangenmarmelade erinnerte, kam hinter einem der Sträucher zum Vorschein. Goldene Augen blickten ihn neugierig an. Dann strich die Katze um Dominics Bein, stellte sich auf die Hinterpfoten und leckte an den Fingern, die das Blatt abgepflückt hatten.
»Dann ist es also Katzenminze.« Dominic strich durch das orangefarben gestreifte Fell. »Gut, dass du dich zum Lecken entschlossen hast und nicht zum Beißen. Ein Kater von deiner Größe könnte einen ganz hübsch zurichten. Willst du ein paar Blätter Katzenminze?«
»M-i-a-u!« Der Kater stubste ihn an der Hand.
Dominic verstand es als Ja und kniete sich hin, um ein halbes Dutzend Blätter abzureißen. Dann rieb er sie zu einer duftenden Kugel und warf sie hinter das Tier. Mit einem Jagdschrei sprang es der Katzenminze nach, vollführte vor Freude einen Purzelbaum und zerrupfte die zusammengerollten Blätter mit spitzen Krallen. Dann attackierte der Kater mit der Pfote die Katzenminze selbst. Jetzt wusste Dominic, warum der arme Busch so unregelmäßig gewachsen war.
Dominic wollte sich gerade erheben, als er am Ende des Gartens eine junge Frau erblickte. Lady Meriel war zurückgekehrt, vielleicht vom Miauen der Katze angelockt.
Erstaunt hielt er den Atem an. Allmächtiger, warum hatte ihm denn keiner gesagt, dass sie schön war? Zierlich und anmutig, mit den fein modellierten Gesichtszügen einer Porzellanpuppe. Lady Meriel schien einem Renaissancegemälde entstiegen. Das Haar war hell wie Elfenbein und zu einem armdicken Zopf geflochten. Ihr Blick schien auf Dinge gerichtet, die einem normalen Sterblichen unsichtbar blieben.
Dann sah sie ihn. Erschrocken weiteten sich die Augen, bevor sie herumwirbelte und wie ein Reh mit weiten Sprüngen aus dem Kräutergarten hastete. Barfüßig verschwand sie in der Öffnung der Hecke, durch die sie gekommen war.
»Warte!« Dominic richtete sich wieder auf und rannte ihr nach. Als er die Hecke erreichte, war sie in einer künstlich errichteten grünen Wildnis verschwunden, die man der Natur abgeschaut hatte. Der Backsteinpfad war jetzt mit zerschnittenen Baumrinden bestreut und teilte sich vor ihm in drei Trampelpfade. Er wollte sich gerade für einen von ihnen entscheiden, als ihm klar wurde, dass er verdammt erbärmlich war, wenn er auf diese
Weise das Vertrauen eines scheuen, argwöhnischen Mädchens gewinnen wollte.
Zutiefst bewegt kehrte er in den Kräutergarten zurück und sank auf eine Steinbank, die vor der Hecke aufgestellt war. Sein Puls raste, aber nicht, weil er ein paar Schritte gerannt war. Jetzt, nachdem er sie gesehen hatte, begriff er, wieso Kyle bereit war, Lady Meriels Geisteszustand zu übersehen. Gütiger Himmel, was war sie schön! Von einer feenhaften, überirdischen Lieblichkeit, die einen Mann verzaubern konnte. Haare in diesem hellen Blond hatte er nur einmal gesehen, bei einer norwegischen Edelkurtisane, deren Preis sein Budget weit überstiegen hatte.
Aus dem flüchtigen Eindruck versuchte er sich ihr Antlitz wieder vor Augen zu führen. Welche Farbe hatten ihre Augen? Hell, aber dunkel genug, um in diesem kleinen, vollkommenen Gesicht Kontraste zu setzen. Sie trug ein schlichtes, blaues Tunika ähnliches Gewand über einem weiten Rock in einem etwas dunkleren Blauton. Eine Schärpe war um ihre Taille geschlungen, ähnlich wie bei Kamal. War ihre Kleidung indisch? Vielleicht. Sie konnte auch einer mittelalterlichen bäuerlichen Tracht nachempfunden sein. Das Gewand verlieh ihr ein ätherisches Aussehen, als ob sie weder einer bestimmten Zeit noch einem bestimmten Ort zugehörte.
Als sich sein Atem beruhigt hatte, fragte er sich, weshalb Schönheit einen so großen Unterschied machte. Lady Meriel Grahames traurige Vergangenheit und ihr gestörter Geist wären ebenso tragisch, wenn sie hässlich wie ein Warzenschwein wäre, aber die Tatsache, dass sie schön war, erhöhte sein Mitgefühl ins Unerträgliche. Selbstkritisch gestand er sich ein, dass er sehr oberflächlich sein musste. Trotzdem konnte er es nicht ändern, dass ihn ihr unvergesslich schönes Antlitz über alle Maßen rührte.
Er musste sie wiedersehen. Aber wie sollte er dies bewerkstelligen, wenn sie bei seinem Anblick floh?
Erschöpft von dem Spiel mit der berauschenden Minze sprang der orangefarbene Kater auf die Bank und legte sich schwer und breit
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