Bride Trilogie 01 - Bluete der Zaertlichkeit
wenn man die Welt auf eine neue, andersartige Weise sieht? Künstler tun es. Natürlich hält man sie manchmal auch für verrückt. Aber ohne diese Art von Verrücktheit wäre die Welt um vieles ärmer. Meriel ist eine Gartenkünstlerin. Sie hat eine neue Art von Schönheit geschaffen, die sich nicht jedem offenbart.«
Aus einem Augenwinkel erhaschte er eine Bewegung. Er blickte zu Meriel hinüber und sah, dass sie zu ihm aufschaute. Die Schere hielt sie regungslos in der Hand. Ihre Augen trafen sich. Es durchfuhr ihn heiß. Er wusste, was sie sagen wollte, auch wenn sie die Worte nicht aussprach. »Du hast verstanden.«
Ihm war, als hätten sie sich körperlich berührt. Einen Augenblick lang hatte er das Gefühl, Eingang in ihr Reich gefunden zu haben, diesen magischen Ort, der seiner eigenen weltlichen Existenz so gar nicht ähnlich war.
Dann senkte sie die Augenlider und es war vorbei. Er blieb mit der Sehnsucht zurück, sich wieder mit ihr zu verbinden, ihre Geschichte zu teilen, von ihrer Magie verwandelt zu werden.
Aber genau dies wäre ein verhängnisvoller Fehler. Je näher er Meriel kam, desto größer würden die Schwierigkeiten werden, wenn der echte Lord Maxwell eintraf, um seine Braut einzufordern. Dominic stand es nicht zu, in Meriels Augen nach diesen Wunderdingen zu suchen.
Hastig wandte er sich ab und bot Mrs. Rector den Arm. »Ich werde Sie zum Haus begleiten.« Schweigend traten sie den Rückweg an und Dominic hing seinen Gedanken nach. Er würde Meriel behutsam mit Moonbeam bekannt machen. Sie hätte dann etwas Neues, dem sie ihre Aufmerksamkeit schenken konnte.
Vor seinem inneren Auge sah er Meriel mit der Stute durch den Park galoppieren. Eilig verdrängte er das Bild. Es ging nicht an, dass er sie sich als Lady Godiva vorstellte, nur von langem silbernen Haar umhüllt.
Auch eine Art von Verrücktheit.
Mit zitternden Händen beschnitt Meriel den letzten Wacholderstrauch. Er hatte verstanden. Er hatte verstanden! Die meisten Menschen gingen halb blind durch das Leben, sahen nur, was sie zu sehen erwarteten, er aber erkannte die Kraft und Schönheit um ihn.
Sie schickte ihm einen verstohlenen Blick nach, als er mit Mrs. Rector wegging, und bewunderte seinen geschmeidigen Gang und seine kräftigen breiten Schultern. Männliche Kraft, die wie selbstverständlich in seinem Körper ruhte. Punkte dunkelroten Lichts schimmerten in dem Energiekreis, der ihn umgab. Rot für Begehren. Er wollte sie, dessen war sie sich sicher. Aber wie konnte sie ihn verlocken, sich mit ihr zu paaren?
Zerstreut schnitt sie den falschen Ast ab und schalt sich wegen ihrer Unvorsichtigkeit. Sie durfte nun einmal nicht an ihn denken, wenn sie Hecken beschnitt. Mit größerer Sorgfalt kappte sie mehrere kleine Zweige, die den kühnen Wuchs des Wacholders verdeckten.
Ein seltsamer Gedanke kam ihr in den Sinn. Wie es schien, lebte er ohne große Schwierigkeiten in dieser Welt, und doch war es ihm gelungen, sich in ihre Welt hineinzuversetzen. Wenn er in beiden Welten leben konnte, würde ihr das auch gelingen?
Blitzartig löste diese Vorstellung eine Reihe albtraumhafter Bilder aus. Tod bringendes Feuer, Angstschreie von Pferden und Menschen. Die dunkle Gestalt, die mit einer Fackel alles in Brand gesetzt hatte. Angst und Schrecken drohten sie zu ersticken. Sie schüttelte sich wie ein Wiesel, das seine Beute am Nacken gepackt hatte. Die Schere glitt ihr aus der Hand. Hilflos sank sie in sich zusammen. Nach Luft ringend, schlang sie ihre Arme wie bei heftigen Schmerzen um den Leib.
Ginger wachte auf, kam zu ihr und drückte ihr den breiten Katzenschädel an die Rippen, während er ein lautes Miau von sich gab. Dankbar nahm sie ihn hoch und presste den warmen Körper an sich, während das Tier zufrieden schnurrte. Katzen konnten in zwei Welten leben. Vielleicht auch Renbourne. Aber sie nicht. Weder jetzt noch später.
Nachdem Mrs. Rector zum Haus zurückgekehrt war und in den Ställen nach dem Rechten sah, machte sich Dominic auf den Weg, um Meriel zu holen. Sie hatte gerade den letzten Wacholder beschnitten und erhob sich ein wenig steif.
»Möchten Sie jetzt Ihr Geschenk sehen?«, fragte er. Wie gewöhnlich hatte er keine Ahnung, inwieweit Meriel seine Anwesenheit wahrnahm. Sie räkelte sich wie eine Katze, um die verkrampften Muskeln zu entspannen. Er versuchte, nicht auf die Rundungen ihres Körpers zu starren, und berührte sie sacht am Ellenbogen. »Kommen Sie.«
Zu seiner Erleichterung folgte sie
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