Bride Trilogie 01 - Bluete der Zaertlichkeit
ihm. Er war sich nämlich nicht sicher gewesen, was er bei einer Ablehnung getan hätte. Sie hochzuheben und zu tragen wäre wohl kaum das Richtige gewesen, abgesehen davon hätte sie ihm wahrscheinlich die Augen ausgekratzt.
Beim Gehen beobachtete er sie heimlich. Die Arbeit an der Hecke schien sie erschöpft zu haben, sie sah müde aus. Lange, flachsblonde Strähnen hatten sich aus dem Zopf gelöst und fielen ihr ins Gesicht, aber sie wirkte recht gefasst. Gesund. Sie hatte die Hecke nicht aus einer verrückten Laune heraus gestutzt; wahrscheinlich hatte sie dies bereits seit Wochen vorgehabt.
In den Stallungen duftete es nach Heu. Das dämmrige Licht bot eine willkommene Zuflucht vor der Nachmittagssonne. Dominic hatte dem Pferdeknecht aufgetragen, Moonbeam in einem großen Stall am rückwärtigen Ende des Gebäudes unterzubringen, und so führte er Meriel den Mittelgang entlang. »Dort hinten.«
Als die Stute die Besucher kommen sah, ging sie zur Stalltür und streckte mit einem erfreuten Wiehern den Kopf heraus. Der Pferdeknecht hatte die dichte weiße Mähne und den Schweif gründlich gebürstet und nun glänzte beides wie Meriels Haar. Zum Scherz hatte er der Stute eine blaue Schleife in das Stirnhaar gebunden. Ein Pferd wie geschaffen für eine Märchenprinzessin. »Genau genommen stammt dieses Geschenk nicht von mir, sondern von einem Nachbarn von Ihnen, von General Arnes.«
Mit Freude sah er, wie sich Meriels Augen weiteten. Zu seinem Entsetzen aber stieß sie jetzt einen stummen Schrei aus und wirbelte herum. Wie neulich, als er mit ihr in das Dorf reiten wollte, hatte sie eine panische Furcht ergriffen.
Als sie zum Ausgang stürzen wollte, reagierte er, ohne viel nachzudenken. Er stellte sich ihr entgegen und versperrte ihr den Weg. Sie prallte so fest auf ihn, dass er das Gleichgewicht verlor und rücklings auf einen Strohhaufen fiel, während sich Meriel an ihm festhielt.
Strohhalme flogen herum, als sie sich aufrichten wollte. Rasch schlang er die Arme fest um sie, sodass sie sich nicht mehr rühren konnte. »Laufen Sie nicht weg, Meriel! Laufen Sie dieses Mal nicht weg. Weglaufen hilft nicht.«
Sie kam ihm wie ein gefangenes Vögelchen vor, zerbrechlich, mit angstvoll pochendem Herzen. Zum Teufel noch mal, was hatte sie so aufgeregt? Schön, sie war ängstlich gewesen, als er sie hinter sich auf Pegasus setzte, und sie wollte nicht ins Dorf reiten, aber das war nichts gewesen im Vergleich zu der wilden Panik, die sie jetzt erfasst hatte. Leise wiederholte er: »Lauf nicht weg, Kleines. Du bist hier bei mir in Sicherheit.«
Sie hörte auf, sich zu wehren, aber sie zitterte in Schüben, als ob sie ein Fieber schüttelte. Er setzte sich ins Stroh, zog sie auf seinen Schoß und drückte ihren Kopf an seine Schulter, während er sie fest an sich hielt. Seidenes Haar fiel über seine Finger, weicher als Schmetterlingsflügel.
Wo sollte er anfangen? Er erinnerte sich an das, was Arnes erzählte hatte, und fragte: »Sind Sie aufgebracht, weil Moonbeam wie das Pony aussieht, das Sie in Indien hatten?«
Ein Schauder durchlief sie. Er vermutete, dass er auf der richtigen Spur war, und fuhr mit beruhigender Stimme fort. »Dieses Silbergrau ist in England sehr selten; wahrscheinlich haben Sie seit Ihrer Rückkehr aus Indien nicht mehr ein Pferd in dieser Farbe gesehen.« Vor allem, da sie Warfield seit mehr als fünfzehn Jahren nicht mehr verlassen hatte. »Erinnert Sie Moonbeam an den Verlust Ihrer Eltern?«
Keine Träne war in dem grünen Augenpaar zu sehen, aber sie gab einen erstickten Laut von sich und barg ihr Gesicht an seiner Schulter. Er versuchte sich vorzustellen, welche Schrecken sie als kleines Kind erlebt haben musste. Die Nacht war friedlich. Der Palast des Radschahs war vom Duft orientalischer Blumen und Gewürze erfüllt. Dann plötzlich dieser nächtliche Überfall. »Kampf und Gewalt haben auch für erfahrene Soldaten ihre Schrecken. Ohrenbetäubende Gewehrsalven, Angstund Schmerzensschreie, vielleicht Feuer. Ihre Mutter und Ihr Vater werden getötet, mit allen Dienstboten. Dann wurden Sie von fremden Männern fortgeschleppt. Sie waren allein.«
Als er versuchte, sich das Furchtbare bildlich vorzustellen, hatte er auf einmal das unheimliche Gefühl, mit ihrer Vergangenheit verbunden zu sein. Wahrscheinlich wurde sie auf dem Pferderücken von einem stinkenden Wilden verschleppt, während sie verzweifelt nach ihrer Mutter schrie, die sie niemals wiedersehen würde. Allmächtiger, wie
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