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Briefe aus dem Gefaengnis

Briefe aus dem Gefaengnis

Titel: Briefe aus dem Gefaengnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Chodorkowski
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Rückschläge zusammen. Man kann versuchen, die Probleme »Hals über Kopf« zu lösen, läuft dann aber Gefahr, dass das Land auseinanderbricht. Ja, es ist wirklich ein Paradox: Jedem einzelnen Beamten wird misstraut, aber der Staat als Ganzes ist ein sakrales Symbol.
    Akunin: Danke für die Antworten. Sie enthalten viel Nachdenkenswertes und Streitbares. In unserem Land gibt es viele Schriftsteller und Kulturschaffende, die Sie unterstützen wollen und für die Ihre Meinung wichtig ist. Ich bin sicher, sie setzen diesen Dialog fort und führen ihn bis zu dem Zeitpunkt weiter, an dem wir alle, die Zivilgesellschaft, Ihre Freilassung erreicht haben werden. Ich wünsche Ihnen Standhaftigkeit und Gesundheit.

Eigentum und Freiheit
»Wedomosti«, 28. Dezember 2004
    Die Zerschlagung von Jukos geht dem Ende entgegen. Ich habe alles getan, was in meiner Macht steht, um zu verhindern, dass der Unmut der Machthaber gegen meine Person diese Folgen für die Minderheitenaktionäre, die einfachen Mitarbeiter und das Land im Ganzen hat.
    Vor einem halben Jahr habe ich vorgeschlagen, meinen Aktienanteil zur Begleichung der Forderungen an den Konzern abzutreten. Aber man wählte einen anderen Weg: die selektive Anwendung des Gesetzes, die Einführung und rückwirkende Anwendung neuer Rechtsnormen und Auslegungen, die Zerstörung jeglichen Vertrauens der Geschäftswelt in die Justiz und die Regierung insgesamt.
    Das konzertierte und völlig unverfrorene Vorgehen der Steuer-, Strafverfolgungs- und Gerichtsorgane sowie der Druck auf Manager und Mitarbeiter des Konzerns, deren einzige Schuld darin besteht, dass sie einst unter der Führung von Chodorkowski gearbeitet haben, schließen jeden Zweifel an der Inszenierung des Prozesses aus. Es wurden Hunderte von Leuten vernommen, gegen viele wurden völlig absurde Beschuldigungen erhoben. Man sperrte diese Menschen, darunter auch Frauen, ins Gefängnis.
    Wozu? Die Antwort ist kein Geheimnis: Stellen Sie sich der Zerschlagung von Jukos nicht in den Weg und liefern Sie belastendes Material gegen Chodorkowski.

    Inzwischen ist offensichtlich, dass es um weit mehr als um politische Interessen geht. Der Ruf der Regierung und die Wirtschaft des Landes sind beschädigt. Aber denen, die das angezettelt haben, sind solche Kleinigkeiten gleichgültig.
    Inzwischen geht es nicht mehr um das Schicksal von Jukos. Der Konzern ist nicht mehr zu retten. Es geht darum, welche Lehren für das Land und die Gesellschaft aus dem Fall Jukos zu ziehen sind, dessen Ende das unsinnigste und wirtschaftlich verheerendste Ereignis der ganzen Amtszeit Wladimir Putins darstellt.
    Die Tyrannei des Eigentums
    Ja, im letzten Jahr hat sich mein Vermögen von 15 Milliarden US-Dollar, von dem »Forbes« schrieb, praktisch verflüchtigt und wird sich bald in Nichts auflösen. Aber ich sah das voraus und schlug vor, den Konzern, das heißt seine Minderheitenaktionäre, nicht anzutasten, ich fühle mich für die 150 000 Mitarbeiter verantwortlich, für ihre 500 000 Familienangehörigen und für die 30 Millionen Einwohner der Städte und Siedlungen, die von der zuverlässigen und kontinuierlichen Arbeit des Konzerns abhängen.
    Mir tat und tut es leid für Zehntausende von Jukos-Aktionären, die einst der Meinung waren, sie könnten Chodorkowski und seinem Team ihr Geld anvertrauen.
    Bis vor kurzer Zeit konnte man sich ja auch sicher sein, dass die Aktionäre sich nicht getäuscht hatten. Als mein Team und ich 1995 zu Jukos kamen, schrieb der Konzern rote Zahlen, ein halbes Jahr lang war kein Gehalt mehr
gezahlt worden, und die überfällige Darlehensschuld belief sich auf drei Milliarden US-Dollar. Jukos arbeitete nur in neun Regionen und förderte vierzig Millionen Tonnen Öl im Jahr, wobei die Fördermenge kontinuierlich sank. Im Jahr 2003 erstreckte sich das Unternehmen bereits auf fünfzig Regionen Russlands, die jährliche Ölmenge belief sich auf achtzig Millionen Tonnen, bei merklich steigender Tendenz. Jukos zahlte den Arbeitern verlässlich einen hohen Lohn. Anfang des Jahrzehnts war der Konzern der zweitgrößte Steuerzahler nach Gasprom und finanzierte fast fünf Prozent des Staatshaushalts.
    Ich möchte nicht genauer ausführen, auf welche kühnen Phantasien die Steuerschulden von Jukos zurückgehen. (Nach der Version des Ministeriums für Steuern und Abgaben (MNS) hätte Jukos Steuern zahlen müssen, die über seinem Bruttogewinn lagen.) Solche Methoden werden als schlechter historischer Witz in die Lehrbücher zum

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