Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brigade Dirlewanger

Brigade Dirlewanger

Titel: Brigade Dirlewanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
Vom Netzwerk:
Standartenführer …«
    »Das merken die doch zehn Meter gegen den Wind«, entgegnet Dirlewanger verdrossen.
    »Nein«, versetzt Weise schlau und entwickelt den Plan.
    Maria gehört zu den Beutemädchen, eine junge Russin, deren Verwandte ermordet und deren Dorf niedergebrannt worden war, von Dirlewangers Leuten. Und dann tat ihr der Standartenführer das Schlimmste an. Mit Gewalt. Sie hasste ihn. Aber gleichzeitig trat das Unfassbare ein: die schlichte Demut des Landmädchens, die Ergebenheit der Frau, die nur einen Mann in ihrem Leben kennt und kennen will, sei er gut oder schlecht, arm oder reich, anständig oder ein Teufel wie Dirlewanger. Maria blieb stumm, ergeben. Sie diente. Sie war keine Beute mehr, sondern hörig. Einem Mann, den sie hasste.
    Oscha Weise schlägt vor, sie ›bloß so zum Schein‹ zu verprügeln und zu den anderen Russinnen als Spitzel in den Bau zu werfen.
    »Wenn man sie richtig verdrischt«, erklärt Weise, »dann sind sie nicht mehr mißtrauisch … Es muß nur echt gemacht werden …«
    »Hm …«, versetzt der Standartenführer. »Was ist denn sonst noch los?« wendet er sich an den Spieß.
    »Sie haben den Führer vom ersten Zug bestellt, Standartenführer«, erwidert Müller-Würzbach.
    Eine Minute später baut sich Paul Vonwegh vor Dirlewanger auf, exakt steht er vor dem angetrunkenen Standartenführer.
    »Setzen Sie sich«, sagt der Chef und bietet ihm mit einer Handbewegung einen Stuhl an, schiebt ihm ein Schnapsglas über den Tisch. »Sie sind also der Tugendbold?«
    Der Zugführer schweigt.
    »Warum?« fragt Dirlewanger.
    »Auf Befehl!« antwortet der B-Soldat.
    »Damit imponieren Sie mir nicht«, versetzt der Standartenführer, »mir nicht! … Also, warum?«
    Vonwegh schweigt. Das Gespräch der anderen bricht ab. Die Laune des Chefs steht auf der Kippe.
    Dirlewanger betrachtet Vonwegh nachdenklich, lauernd. »Wo hab' ich Sie bloß schon mal gesehen?« sagt er.
    Der Zugführer ist wach, klar im Kopf, so fühllos in dem entscheidenden Moment, als sei er aus Gummi, aus Hartgummi.
    »In Spanien«, antwortet Paul Vonwegh.
    »Was?« entgegnet Dirlewanger verwundert. »Da unten waren Sie?« Er steht auf.
    Vonwegh erhebt sich wie von selbst, nimmt automatisch wieder Haltung an. Es ist still, abgestanden still. Der Zugführer hört das sägende Geräusch der Kugel im Roulette. Wieder war er gezwungen, alles auf eine Chance zu setzen: rouge oder noir. In diesen gedehnten, gereckten Sekunden schnappen sie ihn wieder; als eigentlich schon alles vorbei war, soll er zum zweiten Mal von einem Burschen namens Dirlewanger vernommen werden, setzt über die Mauer, schießt den Posten nieder, läuft Zickzack aus den Fängen ihrer Scheinwerfer, pirscht sich über die Grenze und kommt noch einmal davon …
    »Mensch«, brüllt Dirlewanger, »wo denn da?«
    »Auf der anderen Seite«, versetzt Paul Vonwegh knapp, klar und erschöpfend …
    Die plötzliche Stille im Raum ist lähmend wie ein schwüler Sommertag. An den nächsten Sekunden hängen Betonklötze. Dirlewangers Günstlinge betrachten erschrocken die Szene; die Claque weiß noch nicht, ob sie lachen oder pfeifen soll.
    Der Standartenführer begreift nur allmählich, auf Umwegen des Alkohols. Er starrt den vor ihm stehenden Zugführer mit kleinen Augen an, mit Augen, deren Iris aussieht wie ein Löschblatt, das sich am Rand mit roter Tinte voll saugte.
    Vonwegh steht stramm, in korrekter Haltung, doch ohne Unterwürfigkeit. Keiner sieht ihm an, daß seine Gedanken auf Prothesen humpeln, daß seine Nerven im Sud des Blutes vibrieren.
    Dirlewanger tritt mit den lässig-faulen Schritten des haushohen Favoriten an ihn heran. »Was sagen Sie da?« knurrt er. »Sie waren da unten in Spanien … bei den Roten?«
    »Jawohl, Standartenführer.«
    »Sie haben auf die Legion Condor geschossen … bei der ich war?«
    »Jawohl, Standartenführer.«
    »Und Sie geben das noch zu?«
    Die Umstehenden treten näher, formieren sich im Halbkreis um Paul Vonwegh, als wollten sie damit sagen, daß sich der Ring um sein Schicksal geschlossen hat.
    »Jawohl, Standartenführer.«
    »Lassen Sie das dumme Jawohl!« ruft Dirlewanger übellaunig, »sagen Sie mir lieber, warum!«
    »Ich gebe das zu, weil es der Spieß ohnedies in meinen Personalakten feststellen kann«, versetzt der Zugführer, ohne das Gesicht zu bewegen.
    »Gar nicht so dumm …«, antwortet Dirlewanger und dreht sich nach Müller-Würzbach um. »Haben wir noch mehr von der Sorte in unserem

Weitere Kostenlose Bücher