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Brigade Dirlewanger

Brigade Dirlewanger

Titel: Brigade Dirlewanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Vonwegh umgebracht, denkt der ehemalige Staatsanwalt jetzt, und das Selbstmitleid treibt ihm Wasser in die Augen. Die Beklemmung nimmt ihm den Schlaf. Der Entschluß, mit dem er ringt, tröpfelt Schweiß auf seine Stirne.
    Schleichend richtet er sich auf, unbemerkt fährt er in seine Klamotten, geht auf die Türe zu, öffnet sie zögernd. Noch einer merkt es: Kortetzky, und er folgt ihm.
    Kurz vor dem Schloß holt der Gorilla Brillmann ein, will ihn zurückzerren. Aber der Bindestrich macht Krach. Die Burggendarmen kommen näher. Kortetzky verkrümelt sich noch rechtzeitig, aber den B-Soldaten Brillmann schnappen sie.
    Er will zum Standartenführer. Er faselt etwas von einer wichtigen Meldung. Schließlich landet er bei Oberscharführer Weise.
    »Mann … Sie stören mich mitten in der Nacht«, sagte Dirlewangers rechte Hand. »Nun denken Sie sich fix etwas aus … sonst verhelfe ich Ihnen zur ewigen Ruhe!«
    »Ich bin Regierungsrat im Reichssicherheitshauptamt«, beginnt Brillmann und versucht, seine Stimme durch Festigkeit zu stützen.
    »Du warst es, mein Sohn«, erwidert Weise unbeeindruckt und zündet sich eine Zigarette an.
    »Ich bin es in sechs Wochen wieder … O … Oberscharführer …«
    Weise nickt träge. »Falls du sie überlebst …«, entgegnet er sachlich.
    »Ich bin ein überzeugter Nationalsozialist«, fährt Karens Vetter fort.
    »Damit gewinnst du hier keinen Blumentopf«, erwidert der Oberscharführer und kratzt sich mit der Erkennungsmarke an der Brust, »Nazis sind wir hier alle.«
    »Vonwegh ist ein Bolschewik!« Brill manns Stimme klettert langsam die Tonleiter hinauf.
    »Er hat in Spanien gegen den Führer gekämpft … Er wurde von uns in ein KZ eingewiesen … Er darf hier nicht … ein Kommando übernehmen …«
    »Sie sind ja ein Stratege«, antwortet Weise. »Wohl die Weisheit mit dem Silberlöffel gefressen, was?«
    »Vonwegh benutzt jede Chance zur Wehrkraftzersetzung«, zetert der Bindestrich weiter.
    »Warum sagen Sie es ihm eigentlich nicht selbst?« fragt der Oscha nach kurzem Überlegen. Er grinst. Er sieht, wie Brillmann zusammensackt, läßt ihn stehen, holt Paul Vonwegh von der Tafel Dirlewangers weg, kommt mit ihm zurück, deutet auf den ehemaligen Beamten des RSHA und sagt: »Er hat was gegen dich … Kannst du es dir erklären?«
    Vonwegh tritt dicht an Brillmann heran, mustert ihn kalt.
    »Sie wollten mich madig machen?« sagt er dann fast gleichgültig.
    »Nein …«, lamentiert der Bindestrich, »ich wollte doch gar nicht …«
    »Warum?« übergeht der Zugführer das Stottern.
    »Ich … ich hatte Angst … wegen der Sache von damals … wegen Karen …«
    »Wieso … wegen Karen?«
    »Na … weil ich …«
    »Weil … was?«
    »Weil ich sie der Gestapo gemeldet habe.«
    »Und wer ist Karen?« versetzt Vonwegh mit einer Stimme, die von weit herzukommen scheint.
    »Meine … Sie wissen doch …«, jammert Brillmann, »meine Cousine …«
    »Ach so …«, entgegnet der Zugführer und betrachtet einen Moment seine Fingernägel, »Sie haben Ihre Cousine denunziert … Warum eigentlich?«
    »Weil ich … weil …«, erwidert der ehemalige Staatsanwalt hastig und bricht unvermittelt ab.
    »Dann gehen Sie mal zurück in die Baracke … und denken Sie scharf nach«, antwortet Paul Vonwegh. »Gute Nacht.«
    Weise betrachtet ihn entgeistert. »Mensch«, sagt er dann anerkennend, »das ist ja ganz 'ne neue Tour … Du paßt zu uns … Von dir können wir noch lernen …«
    Die Mordbrigade steht sauber ausgerichtet am Appellplatz, am linken Flügel jeweils die Sündenböcke der Meuterei, auf die man sich in der vergangenen Nacht einigte. Drei je Zug, mit Ausnahme des ersten.
    Das Gewimmer und Geschrei der jungen Russin Maria, die im Hintergrund über den Arbeitsplatz getrieben wird, gibt allen Dirlewangers einen kleinen Vorgeschmack. Drei Burggendarmen schlagen mit Peitschen auf die wehrlose Frau ein. Sie hebt die Hände, bettelt, fleht, wird getreten, hochgerissen, weitergezerrt, geschlagen. Wer noch einen Funken Menschlichkeit in sich hat, spürt brennende Scham darüber.
    Die Schläge sind echt, aber die Szene ist falsch. Gestellt. Man misshandelt Maria mit ihrem Einverständnis und sperrt sie jetzt zu zwei anderen Russinnen in eine Zelle, die Verbindung zu Partisanen haben, damit sie sie aushorcht. In ihrer dienenden Demut gibt sich Maria, Dirlewangers Favoritin, noch zu dieser äußersten Gemeinheit her.
    Dann erlebt der erste Zug eine

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