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Brigade Dirlewanger

Brigade Dirlewanger

Titel: Brigade Dirlewanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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echt. Sie fallen beide über den gleichen Toten. Sie liegen am selben Loch. Das gleiche Messer wühlt in ihren Lungenflügeln. Sie stürmen mit einem Atem.
    Feuer links. Es ist Kortetzky. Er deckt sie vor den heranstürmenden Iwans. Ohne Befehl, aus purem Anstand. Während Vonwegh Brillmann vorwärtsreißt, überlegt er flüchtig, um wieviel sauberer ein alter Krimineller sein kann als ein brauner Staatsanwalt.
    Mit einem Schlag ändert sich die Situation.
    »Stop!« brüllt der Zugführer.
    Zweihundert Meter vor ihm liegt ein Hügelzug. Dahinter sind Deckung, Flucht, Durchkommen. Dazwischen ein paar Bodenwellen, nach denen sich jetzt ihr Leben addiert. Zwölf erreichen das letzte Loch. Auch die Russen haben ihre Chance erkannt und legen Sperrfeuer auf die trennende Distanz.
    Vonwegh rechnet kalt, umsichtig, mit dem Zynismus des perfekten Soldaten: Wenn alle gleichzeitig springen, kommt vielleicht die Hälfte, mindestens aber ein Drittel durch. »Geschlossener Sprung!« befiehlt er seinen Leuten. »Eins … zwei …«
    Knapp zwei Stunden vor dem geschlossenen Todessprung der Letzten um Vonwegh hatte die benachbarte, rechte Vorhut der Brigade Dirlewanger den kleinen Weiler erreicht. Vier, fünf russische Bauernhäuser mit niederen Dächern lagen so friedlich da, daß es wie eine Falle wirkte.
    Uscha Belle verfolgte das Idyll durch das Glas. Ein paar Iwans waren hier; entweder hatten sie die Warnung der Partisanen verschlafen, oder sie dienten ihnen als Köder. Von links kam ein mit Holz beladener Pferdeschlitten, gelenkt von einem bärtigen Muschik.
    »Geben Sie mir Ihren Karabiner«, sagte der Unterscharführer zu einem Umstehenden.
    Er nahm die Waffe und zielte sorgfältig. Es war ein glatter Kopfschuss. Der Bauer sackte zusammen. Das scheu gewordene Pferd hastete in wilden Sätzen davon.
    Belle grinste zufrieden. »Über – Stock – und –über – Stein –«, deklamierte er affig, »aber – brich – dir – nicht – das – Bein.«
    Die B-Soldaten um ihn lächelten pflichtgemäß.
    »Nicht viel los da«, sagte Belle dann. »Los! Auseinander!«
    Sie umzingelten den Weiler im Halbkreis und näherten sich ihm offen, Gewehr im Hüftanschlag, soweit sie Waffen hatten, Belle in der Mitte, an der Spitze. Er hatte erkannt, daß es keine Falle war, und die zu erwartende Beute machte ihn mutig. Sie liefen fächerförmig auseinandergezogen.
    Plötzlich knallte ein Schuß. Sie hauten sich in Deckung, schirmten sich ab nach vorne. Aber es rührte sich nichts. Die Kugel war von hinten gekommen. Sie erhoben sich zögernd und gingen weiter. Einer stand nicht mehr auf: Uscha Belle.
    Gruhnke, Petrat und Braun beugten sich gleichzeitig über ihn.
    »Blattschuß«, stellte der Frauenmörder fest.
    Wer hatte Belle erledigt? Jeder konnte es sein. Jeder haßte ihn. Fast jeder hatte die Gelegenheit.
    Für Belle übernahm der wegen Schiebung zum B-Soldaten degradierte, frühere Untersturmführer Exner das Kommando. Er hielt sich nicht weiter auf, übersah die Tat, weil er mit den Feinheiten der Mordbrigade noch nicht so vertraut war.
    Die russischen Zivilisten erkannten die Annäherung der Dirlewangers und liefen in blinder Panik aus dem Haus. Ein alter Mann, zwei Frauen, ein Kind. Exner erledigte sie mit einem Feuerstoß aus der MP Belles. Er ließ die Fühlung zu Vonwegh abreißen und die Häuser plündern.
    Exner wollte gerade auf eigene Faust weiter vorstoßen – er wollte sich mit Gewalt auszeichnen, um so rasch wie möglich die Unbill dieses Sauhaufens hinter sich zu bringen –, da gaben die Vorposten Alarm.
    Bevor sie noch richtig in Stellung sind, kommt die ›Entwarnung‹. Vonweghs Reste schließen zum Weiler auf. Die letzten Fünf. Alle sehen ihnen entgegen, als ob sie ahnten, welche Hölle sie hinter sich haben. Wer, fragen sie sich, wer ist durchgekommen?
    »Er ist dabei«, sagt Gruhnke, der die schärfsten Augen hat.
    Alle wissen, daß er Vonwegh meint, und wirken erleichtert, alle bis auf Exner, der ihm verdrossen entgegensieht.
    Die fünf kommen heran, langsam, mit gesenkten Köpfen, leblos, noch kaputt von der Strapaze. Sie schleppen zwei Bündel mit sich: den Schwerverletzten Kordt und den wachsbleich phantasierenden Müller, ohne Nickelbrille. Neben dem Zugführer humpelt wie in Trance Brillmann. Am Schluß folgt als feixendes Gespenst Kortetzky, der sich, weiß Gott wie, aus der Klemme gezogen und sie schon wieder vergessen hat. Alle anderen sind liegen geblieben.
    Exner geht auf Vonwegh zu, um

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