bright darkness - strahlende Dunkelheit (German Edition)
es wusste oder nicht. Unabhängig davon, ob ich es wollte oder nicht. Er würde es einfach tun. Mich beschützen. So wie er es die letzten zwei Wochen ohne mein Wissen tat. Seine eigenen Bedürfnisse waren für ihn nicht so wichtig wie die der anderen. Meine.
„Was?“ Er schaute mich forschend an. In seinen Augen konnte ich plötzlich sehen wie sehr er versuchte zu verstehen, was in mir vorging.
Aber was sollte ich sagen? Wie sollte ich es wieder gut machen was ich ihm angetan hatte? Gab es überhaupt eine Möglichkeit es wieder gut zu machen? Geschehnisse kann man nicht rückgängig machen. Leider. Ich wünschte es mir von ganzem Herzen. Er sagte, dass er mich liebt und bei der nächsten Gelegenheit verpasste ich ihm eine Abfuhr. Wie könnte man so etwas verzeihen?
„Es … tut mir … leid“, murmelte ich mit gesenktem Kopf. Vermied es, in seine still leidenden Augen zu sehen. Doch vielleicht litt er gar nicht. Womöglich war er nur wütend auf mich. Es musste Abneigung sein, die sich in seine Augen schlich. Wie sonst würde man insgeheim auf eine Zurückweisung reagieren. Selbstlosigkeit und das Verständnis, das er aufzubringen vermochte, schützten ihn nicht vor Kränkungen. Und auf Kränkungen reagierte man für gewöhnlich mit Hass oder Abscheu. Abneigung. Tat er es etwa Alex zuliebe? Hatte er ihn gebeten auf mich aufzupassen? Warum sollte er es sonst, wenn nicht meinetwillen. Würde ich jemanden schützen, der mich nicht sehen wollte? Könnte ich es? Konnte er es? Wollte er es? Oder tat er nur einem anderen einen Gefallen damit?
„Was tut dir leid?“, wollte er genauer wissen. Die einzelne Kerbe an seiner Stirn verschwand. Stattdessen machten sich viele kleine Einkerbungen breit. Das kam von den hochgezogenen Augenbrauen. Er war neugierig geworden.
„Dass ich dich zurückgewiesen habe.“
Wieder veränderte sich sein Ausdruck. Er war gefasst. Oder sortierte er seine Gedanken? Die Augenbrauen waren an ihren ursprünglichen Platz. Nicht mehr hochgezogen. Sein Blick senkte sich leicht. Es war schwer zu erahnen, was er gerade dachte. Nicht dass ich gut ihm Lesen von Gesichtern gewesen wäre. Es machte mich ungeduldig, nicht zu wissen, was er dachte. Wahrscheinlich konnte er meine Entschuldigung nicht ernst nehmen. So schnell wie ich ihn abserviert hatte.
„Es tut mir wirklich leid“, wiederholte ich langsam, jedes einzelne Wort betonend, mit Nachdruck.
„Ich werde einfach nicht schlau aus dir, Sarah“, stöhnte er seufzend.
„Wie meinst du das? Woraus?“, stammelte ich verwirrt.
„Aus deinen Gefühlen. Gefühlsschwankungen, besser gesagt.“
Was meinte er damit? Gefühlsschwankungen? Ich war mir meiner Gefühle durchaus im Klaren. Hatte keine Probleme damit. Nur mit den Folgen. Was passieren würde, wenn ich ihnen nachgab - diesen Gefühlen.
„Ich habe keine Gefühlsschwankungen“, sagte ich leicht verärgert.
„Ich kann sie spüren.“
„Was heißt, du kannst sie spüren?“
„Unsere Wahrnehmung.“
Ich wusste nicht, worauf er hinaus wollte. Konnte seiner Andeutung nicht folgen.
„Was ist damit?“
„Unser Gespür für Empfindungen ist stark ausgeprägt. Erinnerst du dich? Wir haben darüber gesprochen.“
Ich nickte zustimmend. Langsam ging der Knopf in meinem Kopf auf. Er konnte nicht nur besser hören und sehen als Menschen, sondern auch meine Gefühle nachempfinden. Ob ich das gutheißen sollte, war ich mir noch nicht absolut sicher. Eher nicht.
„Ich bin mir meiner Gefühle bewusst. Sie … schwanken nicht“, sagte ich beleidigt.
„Oh doch. Sie sind wie eine rasende Berg- und Talfahrt. Und ich spüre sie stärker als von jedem anderen!“
Was?
„Das stimmt doch gar nicht. Berg- und Talfahrt.“ Das letzte faselte ich mehr zu mir selbst.
„Du weißt selbst nicht, was du willst, kann das sein?“
„Natürlich weiß ich, was ich will!“ Ich will einerseits nie wieder von ihm getrennt sein und andererseits meine Familie in Sicherheit wissen. Und ich hatte mich dafür entschieden zu sterben.
„Und was wäre das?“
Sein Ausdruck wurde fordernd. Wütend. Seine Augen verengten sich zu kleinen Schlitzen.
„Ich wollte mich einfach nur dafür entschuldigen, wie dumm ich mich verhalten habe. Das ist alles.“ Verteidigend sprudelten die Worte aus mir heraus. Ich verstand noch immer nicht, worauf er hinaus wollte.
„Warum aber hast du dich so verhalten?“
„Aus Angst!“, stammelte ich. Wie sollte ich ihm die Wahrheit sagen?
„Aus Angst wovor, Sarah? Aus
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