bright darkness - strahlende Dunkelheit (German Edition)
sie schmunzelte zurück. In ihrem Blick konnte ich erkennen, dass sie diesen Unfug glaubte, aber ich musste einfach nachfragen.
„Sieht sie die dauernd?“ Ich blieb ernst, um nicht beleidigend zu sein, aber insgeheim fand ich es lustig.
„Nein, nur manchmal.“
„Redet sie auch mit denen?“
„Ja.“ Nun musste auch Samantha schmunzeln. Vermutlich war sie daran gewöhnt belächelt zu werden, nahm es aber sichtlich ganz locker hin.
„Worüber spricht sie mit ihnen?“
„Das kommt darauf an, was sie zu sagen haben.“
Wir konnten nicht mehr anders als lauthals loszulachen. Gott sei Dank verfügte sie über eine gesunde Portion Humor.
Wir unterhielten uns über all die übernatürlichen und übersinnlichen Dinge des Lebens, diskutierten über die umstrittenen Themen Schicksal oder Zufall.
Ich war für Zufall. Ich glaubte daran, dass jeder sein Leben verändern konnte, weil ich nicht glauben wollte, dass mein eigenartiges Leben wirklich unveränderbar vorherbestimmt sein sollte. Die beiden waren für Schicksal oder Bestimmung. Sie erwiderten, dass man seine Zukunft durchaus ändern könnte, der Verlauf unseres Lebens aber größtenteils schon bei unserer Geburt feststehe.
Nachdem wir das Thema ausgiebig besprochen hatten, packte Samantha alte, abgenutzte französische Skatkarten auf den Tisch und unterwies uns in die sogenannte Kartomantie. Die Kunst des Kartenlegens.
Dazu mischte sie ihre Karten und breitete sie nach bestimmten Mustern und Bildern aus, wobei die verschiedenen Positionen oftmals Bezeichnungen, wie gegenwärtige Situation, Ängste und Hoffnungen oder zukünftige Ereignisse, trugen. Aus den vorgegebenen Kartenbedeutungen in Verbindung mit der Kartenposition las sie etwas heraus, was einen Blick in die Zukunft gestattete und zur Lebensanalyse taugen sollte. Sie erklärte uns, dass sie selbst die Karten lesen musste, um zu verstehen, weil sie es noch nicht so lange wie ihre Mutter, zu der die Karten angeblich sprachen, praktizierte.
Demnach erfuhren wir, dass es Carol eigentlich ganz gut geht, sie jedoch in der Arbeit mit einem dominanten Vorgesetzten einige kleine, aber ärgerliche Auseinandersetzungen erwarten würde. Meiner Meinung nach brauchte man keine Wahrsagerin zu sein, um ganz alltägliche Situationen zu benennen, denn jeder hatte mal Ärger mit irgendjemandem.
Samantha fragte mich, ob sie auch mir die Karten deuten sollte und ich fand die Idee ganz witzig. Nicht, dass ich geglaubt hätte dass da was Wahres dran wäre. Nein, es sollte nur zum Spaß sein.
Mich erwarteten ehrliche Freunde, alltägliche Schulprobleme, viele Veränderungen, die ja schon in Gang waren, und ein heimlicher Verehrer! Was? Samantha sprach tatsächlich von einem Jungen, der in mich verliebt sein sollte?
„Du hast einen heimlichen Verehrer. Ein hübscher Mann denkt ab und zu an dich, traut sich aber nicht dich anzusprechen. Noch nicht.“
„Siehst du auch, wer es ist?“, fragte ich ernsthaft und beobachtete, wie sie stirnrunzelnd mit zusammengekniffenen Augenbrauen die Karten anstarrte. Ihr Ausdruck machte mich ein bisschen nervös.
„Nein, aber du bist ihm schon mal begegnet. Er ist kein Fremder.“
„Geht er auf meine Schule?“
„Vielleicht. Es könnte aber auch jemand aus der Wohnhausanlage sein, dem du zufällig begegnet bist. Vielleicht hast du ihn noch nicht mal registriert und er träumt schon von dir!“
„Du machst dich doch lustig über mich!“
„Nein, laut den Karten ist da jemand der dich mag. Aber da ist noch etwas.“
„Was denn?“
„Es ist schwer zu sagen. Die Positionen der Karten verwirren mich. Es sieht so aus, als ob dein Verehrer nicht unbedingt die besten Absichten hätte. Im Widerspruch dazu liegt hier daneben eine Karte, die für wahre oder große Liebe steht.“
„Und welche Absichten genau könnte dieser jemand haben?“
„Ohne diese Liebeskarte würde ich denken, er ist dir gegenüber nicht ehrlich oder spielt ein böses Spiel mit dir. Aber sie ist nun mal da.“
„Also ich wüsste niemanden, der Interesse an mir haben könnte, weder falsches noch echtes.“
Aber ich wünschte mir dass es ein gewisser Jemand sein würde. Vergeblich, das war mir klar.
„Na mal sehen. Halte mich auf dem Laufenden!“
„Klar, mach‘ ich. Aber ich hab‘ da keine großen Hoffnungen. Du hast gesagt, er wird mich noch nicht ansprechen! Wird er es denn jemals?“
„Ja, wenn er seine Meinung behält, schon. Er hat es auch jetzt schon vor, aber etwas hindert ihn
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