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Bring mich heim

Bring mich heim

Titel: Bring mich heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Wagner
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geballt. Meine Fingernägel bohrten sich in die Handfläche. Tiefer und tiefer. Nur langsam war es mir möglich, die starren Finger zu bewegen.
    »Alles okay?«, fragte Samuel mit seiner tiefen Stimme.
    Okay ... okay ... okay ... Nein, nichts ist okay.
    Zögerlich nickte ich und drehte mich von ihm weg. Er stand auf und ging. Im Augenwinkel sah ich, dass er nach dem zweiten Schritt stehen blieb. Samuel drehte sich um, er fragte ein weiteres Mal: »Kannst du kurz aufpassen?« Mit seinem Kinn deutete er auf sein Gepäck. Ich nickte nur flüchtig. Er entfernte sich.
    Nur wenige Minuten später setzte er sich wieder neben mich hin.
    »Ich wusste nicht, wie du ihn magst«, sagte er amüsiert.
    Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich hinüber. Er grinste mich an.
    »Ich dachte, ich nehme dir doch einen Kaffee mit. Nur wusste ich nicht, wie du ihn trinkst.« Er streckte seine linke Hand aus und zeigte mit dem Kopf zu den Bechern. »Hier hast du Cappuccino und Caffè latte.« Samuel deutete zu seiner rechten Hand. »Und noch einen doppelten Espresso mit kalter Milch oder ganz viel Espresso.«
    Ich schüttelte meinen Kopf.
    »Also?« Er wartete ungeduldig auf eine Antwort. Mit seinem rechten Fuß tippte er nervös auf und ab. Seine Augenbrauen hatte er hochgezogen.
    »Schwarz, stark und viel, bitte«, sagte ich schüchtern.
    Samuel stellte die anderen drei Becher neben sich, gab mir den großen Espresso. Er hielt ihn auf der Seite, damit ich seine Hände durch Zufall berühren musste. Also griff ich von oben auf den Deckel. Nur langsam ließ er den Kaffee los.
    »Dankeschön«, piepste ich zaghaft. »Was bin ich dir schuldig?«
    »Ach, das passt schon«, lächelte er mich an. Vorsicht nippte ich, um mich nicht zu verbrennen. Und dennoch passierte es. Mist aber auch ...
    »Na, verbrannt?« Samuel hatte ein schadenfrohes Lächeln im Gesicht. Versuchte es jedoch zu vertuschen, indem er seinen Blick auf die Schuhe fixierte. Er ging mir auf die Nerven. Ich stand auf, stellte den Kaffee auf die Sitzfläche. Ohne ihn genau anzusehen, fragte ich: »Kannst du ...«
    Er blickte hoch, sein Grinsen war verschwunden. Er öffnete die Augen. Ich sah direkt hinein. Grau, wie an einem dunklen Regentag mit hellen Flecken, der Versuch der Sonne sich ihren Weg durch die dichte Wolkendecke zu kämpfen. Beruhigend.
    »Was wolltest du?« Sein Blick wich meinem nicht aus.
    Mehr stotternd, als wie ein normaler Mensch sprechend, versuchte ich meine Frage zu wiederholen. »Kannst du ... ähm ... du kurz auf meine Sachen sehen?«
    Mit einem Lachen im Gesicht antwortete er: »Gerne.«
    Ich zeigte ihm mein trainiertes Lächeln und ging zur Toilette.
    Nachdem ich mir die Hände gewaschen hatte, blickte ich in den Spiegel. Ein großer Mann stand hinter mir. Seine Visage dreckverschmiert mit einem schiefen Grienen. Die Zähne waren vergilbt. Teilweise fehlten sie auch. Seine Kleidung war alt, schmutzig und zerrissen.
    Panik stieg in mir hoch. Mit festem Griff hielt ich mich am Waschbecken fest. Die Knöchel traten weiß hervor. Er starrte mich über den Spiegel an.
    Mit seinen Händen in den Hosentaschen versteckt trat er einige Schritte nach vorne. Mein Herz schlug kräftig gegen meinen Brustkorb. Das Pochen klang bis in meine Ohren. Der Mann ging noch einen weiteren Schritt in meine Richtung. Stürmisch drehte ich mich um, packte danach wieder den Waschtisch. Wenn ich losgelassen hätte, wäre ich sofort zu Boden gegangen. Dieser Typ machte mir Angst. Ungeheuerliche Angst. Ich wollte aus diesem Raum heraus.
    Vorsichtig rutschte ich am Waschbecken entlang, um nur keine hastige Bewegung zu machen. Er bewegte sich ebenso seitwärts. Seinen Kopf legte er von einer Seite zur anderen. Mein Herz klopfte immer schneller.
    »Was willst du?«, fragte ich ängstlich.
    Es kam keine Antwort. Er starrte mich einfach nur weiterhin an. Ich begann rasant zu atmen. Ich musste hier weg.
    Mit dem Rücken und den Händen zur Wand gepresst glitt ich weiter entlang zur Tür. Nur mehr wenige Meter und ich könnte die Türe mit der ausgestreckten Hand erreichen. Ich könnte davonlaufen. Zitternd hob ich sie und versuchte die Türklinke zu erwischen.
    Der Mann war mit einem Satz bei mir. Er presste mich mit seinen Armen noch stärker gegen die Fliesen. Ein scheußlicher Geruch von Alkohol, Tabak und Erbrochenem stieg in meine Nase. Wenn ich etwas gegessen hätte, wäre mir alles wieder hochgekommen.
    »Csinos teremtés«, hauchte er mir ins Gesicht.
    Seine Hände wanderten abwärts

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