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Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See

Titel: Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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und ihn ganz still werden ließ. Keiner der beiden Druiden begegnete seinem Blick.
    »Sie sind Narren«, sprach eine leise, süße Stimme in seinem Kopf. »Geh zur Hügelkuppe, und die Geister in der Erde werden dir verraten, was nicht stimmt.«
    »Ich glaube, sie sind dumm«, entgegnete er mit einer Stimme, die er selbst nicht erkannte. »Ihr braucht mich mit meinem Blut in meinen Adern, nicht auf dem Boden. Die Erde spricht zu mir. Bringt mich zur Kuppe Eures Hügels, und ich sage Euch, was die Erde spricht.« Schon die Worte öffneten sein Bewusstsein den Stimmen in Wind und Wasser. Er fühlte das Fließen der Energie unter seinen Füßen, so wie manchmal zu Hause im Wald.
    »Es ist wahr, dass der Tod etwas äußerst Endgültiges ist«, bestätigte der Vor-Tigernus. »Aber du musst verstehen, dass diese Feste ein bedeutendes Glied in der Kette der Verteidigungsanlagen darstellt, die ich errichte, um dieses Land zu beschützen. Ich werde tun, was immer notwendig ist, um sie zu erbauen.«
    Ambros schaute dem Oberkönig in die Augen und sah in den bernsteinfarbenen Tiefen etwas aufleuchten, vielleicht eine Art Erkennen. »Ihr handelt aus politischer Notwendigkeit«, antwortete er, »ich hingegen aus innerer…«
     
    Ambros fühlte sich, als beherbergte sein Leib zwei Menschen: Einen, der den Hügel erklomm und Fragen beantwortete, als wäre er selbst ein Geist, und den anderen, der nur ein kleiner Junge war und sich fürchtete. Doch da war noch ein drittes Wesen in ihm, eine weibliche Gestalt, die den furchtsamen Knaben tröstete und den hügelwärts stapfenden Weisen beriet. Vielleicht, dachte er, war sie ein daimon wie jener, der seine Mutter heimgesucht hatte.
    Es erwies sich als langer Anstieg, doch Ambros bemerkte zufrieden, dass die Erwachsenen vor ihm ermüdeten. Mit Ausnahme des Oberkönigs. Behände wie ein Fuchs erklomm Vitalinus den Pfad vor ihm, und als sie den Gipfel erreichten, schien er kaum außer Atem zu sein.
    »Schau dir Britannien an, wie es sich vor dir ausbreitet«, forderte der Vor-Tigernus ihn auf. »Ist es nicht ein atemberaubender Anblick?« Unter ihnen schimmerte der See gleich blauem Email in der Sonne, umgeben von sanften, grünen Hügeln.
    »Wollt Ihr deshalb hier eine Feste erbauen?«
    »Man wird sich meiner erinnern. Ich werde dieses Land verteidigen!«
    Ambros schaute ihn an, gab wieder, was die Stimme in ihm sprach und sagte: »Es ist wahr. Man wird sich Eurer erinnern.«
    Vitalinus, der dem Tonfall des Knaben etwas Süßsaures entnahm, drehte sich mit verengten Augen zu ihm um. »Und was sagst du nun, da wir hier sind? Dein Leben hängt davon ab, also sprich.«
    In der Mitte der Kuppe war eine Senke, in der raues Sumpfgras wucherte. Ambros bahnte sich einen Weg dorthin, kauerte sich nieder und legte beide Hände auf die Erde. Mit geschlossenen Augen hörte er schärfer, und ihm war, als vernähme er fließendes Wasser. Sein Bewusstsein verbreiterte sich, und er fühlte zwei Energieströme, einen, der von der fernsten Stelle der heiligen Insel Mona nach Nordwesten verlief, einen anderen von der Insel der Toten nach Südwesten; gleich Schlangen wanden sie sich durch die Erde und kreuzten einander unter dem Gipfel des Hügels.
    »Der Drachenpfad…«, flüsterte er und schaute zum König auf. »Ihr baut auf dem Drachenpfad. Warum haben Eure Druiden Euch das nicht gesagt? « Abermals sandte er seinen Geist in die Tiefe, wo die Kräfte, aufgescheucht von den Grabungsarbeiten, unruhig rumorten.
    »Sag dem Vor-Tigernus, er muss tiefer graben, bis er auf das Wasser stößt«, erklang seine innere Stimme. Erst als Vitalinus nach seinen Bauarbeitern brüllte, wurde Ambros bewusst, dass er die Worte laut wiederholt hatte.
    »Noch ist dein Kopf nicht gerettet, Junge«, mahnte er Ambros, während die Männer losrannten, um seinen Befehl auszuführen. »Aber wenn du damit Recht hast, werde ich wohl beginnen, dir zu glauben.«
    Den Rest des Tages und den gesamten nächsten Tag musste jeder Mann graben, der eine Schaufel zu halten vermochte. Innegehalten wurde erst bei Einbruch der Dunkelheit. Man behandelte Ambros und seine Mutter gut, doch sie wurden sorgsam bewacht. Der Knabe schlief unruhig und träumte von einander bekriegenden Drachen.
    Am dritten Tage wich der Schlamm, den die Arbeiter zu Tage förderten, einer blubbernden Quelle, die rasch die verbleibende Erde ringsum fortwusch, bis sie in einen klaren See hinabblickten.
    »Eure Druiden konnten Euch nicht sagen, was sich unter der Erde

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