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Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See

Titel: Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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wiederholte Hengest. »Und um den Pakt zu besiegeln, überlasse ich Euch eine Geisel aus meiner eigenen Familie. Ihr habt meine Tochter gesehen…«
    Ambros erinnerte sich, dass sie erst dieses Jahr aus Germanien gekommen war, eine große Frau mit rotgoldenem Haar, zudem wunderschön.
    »Reginwynna…«, hauchte Vitalinus.
    »Ihr habt keine Frau. Nehmt Reginwynna zur Gemahlin und gebt uns Cantium.«
    »So kann das nicht gehen!« Vitalinus sprang aus dem Stuhl und begann, in der Kammer umherzulaufen. »Die Fürsten Britanniens werden es nie und nimmer hinnehmen.«
    »Bei den Römern ist es gegangen«, gab Hengest zu bedenken. »Seid Ihr nicht der Kaiser?«
    Vitalinus zuckte die Schultern. »Meine Väter waren Friedensrichter unter Rom, aber ich entstamme keiner der alten Fürstenlinien. Aurelianus ist mit den alten Königen Demetias und Gwenets verwandt. Besäße ich irgendetwas, das den Menschen Treue gebietet, könnte ich regieren, wie ich will.« Eine lange Weile starrte er ins Feuer. Dann drehte er sich um.
    Ambros spürte, wie seine Nackenhaare sich aufrichteten, als er merkte, dass der Vor-Tigernus ihn ansah.
    »Deine Mutter entstammt dem alten Blut des Nordens, nicht wahr? Ich habe Geschichten über ein Schwert gehört…«
    Ambros schüttelte den Kopf, doch er fühlte den Druck des Willens seines Meisters wie einen Fels auf der Brust.
    »Leg die Harfe beiseite, Mab-leian, und sprich zu mir Worte der Wahrheit und Verheißung«, schnitt die Stimme des Vor- Tigernus durch sein Bewusstsein.
    Ich kann nicht… Ich werde nicht… Ich habe geschworen, nicht über das Schwert zu sprechen! dachte Ambros, doch seine Sicht verschwamm bereits. Sein Wille glich einem brüchigen Zügel, sein Bewusstsein einem gefangenen Tier, das nach Freiheit lechzt.
    »Ich befehle es dir im Namen Gottes und seiner Engel und im Namen der Alten Mächte dieses Landes. Vier Winter habe ich dich genährt und gekleidet, und ich bin dein Herr.«
    Er war ein König und daran gewöhnt, dass man ihm gehorchte. Ambros besaß keine Mittel gegen die Befehlsgewalt in jenem Tonfall. Verzweifelt suchte er seinen inneren daimon, und als die Ankunft ihrer Erscheinung ihn von sich selbst entband, hörte er, wie eine leise Stimme, die nicht ganz seine eigene war, dem König zu antworten begann.
    »Weh dem Fürsten, der Kräfte heraufbeschwört, die er nicht zu beherrschen vermag!« Ein schauerliches, glockenhelles Kichern ließ Vitalinus zurückweichen. »Ihr habt gefragt, o König, doch begreift Ihr die Antwort? Ich sehe, wie der Weiße Drache erstarkt; seine Kinder leben auf in diesem Land. Der Rote Drache erhebt sich, um gegen sie zu kämpfen, und Blut bedeckt die Erde. Die Kinder des Roten Drachen werden hingemetzelt.«
    »Und was ist mit dem Schwert?«, hörte er den Vor-Tigernus wie aus großer Ferne fragen.
    »Der Keiler von Dumnonia wütet, und dem Weißen Drachen wird Einhalt geboten; doch auch er wird niedersinken, und sein Bruder wird herrschen. Das Schwert des Kriegsgottes aber ist nicht für ihn, denn er wird getötet werden. Nach ihm wird folgen der junge Bär, empfangen von einem Mann, der einer geheimen Königin erliegt. Kein Mann außer ihm darf das Schwert aus dem Stein ziehen.«
    »Und was ist mit mir? Wie soll ich dieses Land retten?«
    »Ihr habt die Zähne des Drachen gesät und müsst nun die Ernte einbringen…«
    Ambros vernahm die Stimme gleich einem Flüstern im Wind. Sein Körper fiel, doch sein Geist fiel noch tiefer, einen endlosen Tunnel der Nacht hinab, bis er aus dem Bewusstsein schied.
     
    Ambros öffnete die Augen und fand sich in Finsternis wieder. Er lag auf der Bank. Jemand hatte ihn mit einem Umhang zugedeckt, doch er war allein in der Kammer. Er setzte sich auf und rieb sich die Stirn, um den dumpfen Schmerz hinter den Augen zu lindern, dann zog er den Wollumhang fest um sich. Ein matter Schimmer aus dem Kamin ermöglichte es ihm, seine Umgebung auszumachen; irgendwo in der Nähe hörte er leises Schnarchen.
    Was hatte der daimon, der in ihm lebte, zum König gesagt? Gewiss nichts Gutes, denn er konnte sich erinnern, dass jemand gebrüllt hatte. Wenn er noch am Leben und in Freiheit war, dann wohl nur deshalb, weil der König ihn durch die Trance für zu geschwächt hielt, um es als nötig zu erachten, ihn bewachen zu lassen. Morgen hingegen würde der Vor-Tigernus ihn bestimmt bestrafen.
    Bei dem Gedanken kehrte der Wille zurück in seine Glieder. Ambros wickelte sich in den Umhang, ergriff eine angebissene Scheibe

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