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Britannien-Zyklus 02 - Die Herrin der Raben

Titel: Britannien-Zyklus 02 - Die Herrin der Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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schüttelten nachsichtig die Köpfe, dennoch lenkten sie ihre Rösser aus dem Weg, als der junge König und sein Freund mit einem ungestümen Schrei den Pfad entlang lospreschten.
     
    Über den Hals der grauen Stute gebeugt, sog Oesc die Brise ein, die durch die wehende Mähne gefiltert wurde. Erst als er zu husten begann, bemerkte er, dass die Luft nach Rauch roch. Nicht nach dem Rauch eines Feuers beim Kochen, Seifensieden, Verbrennen von Gebüsch oder wofür auch sonst auf einem Bauernhof Feuer entfacht wurden – nein, es war der beißende Gestank einer Feuersbrunst, von loderndem Holz und schwelendem Stroh. Im Krieg hatte er diesen Pesthauch zu oft wahrgenommen, um sich zu irren.
    Er richtete sich auf, verlagerte das Gewicht nach hinten und zog die Zügel an. Kurz begehrte die Stute gegen ihn auf, dann stellte sie sich schnaubend auf die Hinterbeine, gerade als Wulfhere hinter ihm um die Kurve geprescht kam.
    »Was ist los? Ist Euer Pferd…?«, setzte er an. Dann stieg auch ihm der Geruch in die Nase, den der Wind herbeitrug, und seine Miene veränderte sich.
    »Reit zurück und hol die Krieger«, befahl Oesc mit leiser Stimme. »Die Packtiere sollen nachfolgen, so schnell sie können.«
    »Aber, Herr!«
    »Ich war oft Kundschafter. Ich werde mich langsam annähern und darauf achten, dass ich nicht entdeckt werde.«
    Oesc wartete, bis das Hufgeklapper Wulfheres in der Ferne verhallte und es im Wald rings um ihn still wurde. Zwar hörte er weder Gebrüll noch Hufdonner, dennoch musste das Feuer nahe sein, denn es roch sehr stark nach Qualm. Vielleicht verbrannte Aegele nur Gestrüpp, redete er sich ein, und er, Oesc, würde wegen seiner Befürchtungen ausgelacht werden. Dann blies ihm der sich drehende Wind den Gestank versengten Fleisches ins Gesicht, und er trieb seiner Stute die Fersen in die Flanken.
    Erst als er den Hang zur Furt hinabritt, ließ er das Pferd wieder Schritt gehen; mittlerweile hörte er Rabengeschrei, und Raben schrien erst, nachdem ein Kampf vorüber war.
    Es war seltsam, stellte ein merkwürdig losgelöster Teil seiner selbst fest, als er auf das Gehöft ritt, wie deutlich er immer noch Spuren zu lesen vermochte, obschon sein letzter Ritt in den Krieg beinahe zehn Jahre zurücklag.
    Die Angreifer waren ohne Vorwarnung über das Gehöft hergefallen. Die Frauen hatten gerade Stoff gefärbt. Zwei blaue Tücher flatterten feucht am Trockengestell, der Kessel aber lag umgestürzt, und sein Inhalt war mit dem Blut auf dem Boden vermischt. Daneben lag eine der Leibeigenen, mit eingeschlagenem Kopf; in der Hand hielt sie noch den Holzstiel, mit dem sie den Kessel umgerührt hatte. Ihr Rock bedeckte schamhaft die Schenkel.
    Wo ist Rigana? Oesc zwang die aufgeregte Stimme in seinem Inneren zu verstummen.
    Die Angreifer waren weder auf Vergewaltigung aus gewesen, noch hatten sie den Hof geplündert – im Stall brüllten noch die Rinder. Doch die Hufabdrücke hatten ihm bereits verraten, dass diese Leute gute Pferde aus römischer Zucht ritten, nicht die zottigen Berg-Ponys, auf denen Geächtete zu reiten pflegten.
    Neben dem Stall fand er zwei weitere Leibeigene, dann einen von Aegeles Männern, der noch das Schwert in der Hand hielt. Geächtete hätten die Waffe keinesfalls zurückgelassen; zudem wiesen die Hiebe, die den Mann getötet hatten, auf militärische Genauigkeit hin. Dies war kein Raubüberfall, sondern ein wohlgeplanter Angriff, durchgeführt von ausgebildeten Kriegern mit einem militärischen Ziel vor Augen.
    Meine Frau und mein Sohn! Tot oder Geiseln? Abermals verdrängte er die Stimme.
    Gezielt bahnte Oesc sich einen Weg um die Gebäude. Überall lagen weitere Männer, denen man neben den Wunden, die sie im Kampf davongetragen hatten, noch die Kehlen durchschnitten hatte. Die Angreifer hatten niemanden am Leben gelassen, der die Geschichte erzählen konnte. Aegele selbst lag mit seiner Frau innerhalb der Ruinen seines Hauses. Sein Leichnam war teilweise verbrannt, aber das goldene Band, das ihn als Edlen kennzeichnete, prangte nach wie vor an seinem Arm.
    Haedwig war bei ihnen. Konnte ihre Magie Rigana und das Kind verborgen haben?
    Er ließ die Stute zurück und stieg den Pfad zum Schrein hinauf. Der Ort war von der Verwüstung, die der übrige Hof erfahren hatte, verschont geblieben – ein weiterer Grund, der jenen kalten, berechnenden Teil seines Verstandes, der den lodernden Zorn in seinem Inneren im Zaum hielt, darauf schließen ließ, dass britische Krieger dies angerichtet

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