Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot
Ort, um eine Pause einzulegen. Er würde, hieß es in der Nachricht, rechtzeitig zum Fest dort sein.
»Er schreibt nicht, dass er kommt, um mich zu sehen«, sagte Gwendivar. Geschrubbt und gebürstet saß sie duftend, in römische Seide gehüllt, auf der Truhe im Schlafgemach ihrer Mutter und trat mit den Fersen gegen die geschnitzte Seite der Kiste.
»Er schrieb, um deinen Vater zu fragen, ob bereits um deine Hand angehalten wurde«, antwortete Petronilla, während sie in den Spiegel aus polierter Bronze schaute und sich Scheiben aus Blattgold und Granatsplittern in die Ohren hängte. »Gott weiß, woher er erfahren hat, dass Leodegranus überhaupt eine Tochter hat, aber wenn er herkommt, dann bist du es, die er sehen will. Vielleicht fürchtet er, es könnte die anderen neidisch machen, wenn er in Demetia oder Dumnonia einheiratete, wohingegen ein Bündnis mit Lindinis das Machtgefüge in keiner Weise beeinträchtigt. Aber du entstammst dem Blut der Durotriges-Fürsten, und deine Herkunft ist so königlich wie jede andere in Britannien. Also leg dein bestes Benehmen an den Tag, mein Mädchen.« Sie drehte sich um und bedachte ihre Tochter mit einem drohenden Funkeln. »Und erweise dich als Artors Braut würdig.«
Und wieso sollte ich eine Königin werden wollen?, fragte sich Gwendivar trotzig. Soweit ich gehört habe, besitzen Königinnen sogar noch weniger Freiheit als andere Ehefrau en –, was sie jedoch nicht laut aussprach. Ihre Mutter hatte der Familie die Vorteile recht deutlich offen gelegt und gedroht, Gwendivar mit Julia zurück auf die Insel aus Glas zu schicken, wenn sie sich sträubte.
»Wenigstens«, fuhr Petronilla fort, während sie den Schleier über ihr Haar breitete, »siehst du in letzter Zeit blendend aus.«
Gwendivar fühlte, wie ihr verräterische Röte in die Wangen schoss und hoffte, ihre Mutter würde dies jungfräulicher Bescheidenheit zuschreiben. Es war Julias Zuwendung und das Vergnügen, das sie zusammen genossen, die jene letzten Monate erträglich gestaltet hatten.
Heraufdringende Geräusche von der Straße unter ihnen ließen die beiden aufspringen und lauschen. Hastig trippelte Petronilla zu dem Vordach, von dem aus man das Atrium sehen konnte, und spähte hinab.
»Sie kommen – schnell jetzt, wir müssen bereit sein, sie zu begrüßen.« Damit griff sie nach der Hand ihrer Tochter und zog sie aus dem Raum.
Gwendivars erster Gedanke war, dass Artor alt wirkte. Nach einem zweiten Blick beschloss sie, dass er vielleicht bloß ungemein erschöpft war. Jedenfalls war er groß und stattlich, wenngleich ein wenig dünn, und in seinem braunen Haar prangten erst einige wenige graue Strähnen. Hätte er nur jemals ausspannen können, so hätte man ihn womöglich sogar als gut aussehend bezeichnen können. Sie fragte sich, ob sie deshalb so hart mit ihm ins Gericht ging, weil er sie kaum angesehen hatte. Nachdem sie sich allesamt auf dem Triclinium niedergelassen und die Sklaven das Essen aufzutragen begonnen hatten, richtete der König sämtliche Bemerkungen an ihren Vater und Bruder.
Artors Neffe Gwalchmai, ein gewaltiger, junger Mann, der sie an eine Doggenwelpe erinnerte, die ihr Bruder einst mit nach Hause gebracht hatte, tat sein Bestes, um diesen Mangel auszugleichen.
»Die beiden Rüpel am Ende des Tisches dort drüben sind meine Brüder Gwyhir und Aggarban.« Mit weit ausholender Geste deutete er auf die beiden; der Becher aus hellgrünem Glas wirkte in seiner Hand unglaublich zerbrechlich. »Und in Dun Eidyn gibt es noch zwei davon, deren Zeit noch kommt.«
Gwendivar zog eine Augenbraue hoch. Gwyhir, der unter der Girlande aus immergrünen Pflanzen saß, die über die mit Fresken gezierte Wand gespannt war, wirkte beinahe so groß wie sein Bruder. Aggarban war kleiner und stämmiger, aber dennoch ein großer Mann.
»Und ihr begleitet den König überallhin?«, wollte sie wissen.
»Das tun wir, gemeinsam mit Bediver, dem schlanken, dunklen Burschen dort drüben, der ein Neffe von Riothamus aus Gallien ist, und mit Gai, Artors Pflege-Bruder.«
»Da hat er ja beeindruckende Beschützer.« Sie sah, wie er blinzelte, als sie ihn mit einem Lächeln bedachte.
»Na ja – wir haben ein paar gute Männer am Mons Badonicus verloren, aber offenbar werden wir künftig ohnehin weniger Männer brauchen.« Gwalchmai wirkte, als versuchte er sich selbst davon zu überzeugen, dass dies eine gute Sache sei.
Die Sklaven kamen herbei, um die Teller voll Wildbret und
Weitere Kostenlose Bücher