Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot
Schweinebraten abzuräumen und durch Honigkekse und mit Apfelkuchen aus heimischer Ernte zu ersetzen. Bald würde das Fest zu Ende sein. Würden die Männer sich dann zum Trinken zusammenfinden und die Frauen fortschicken? Gwendivar wünschte sich nicht mehr, Artor zu meiden; vielmehr fürchtete sie allmählich, dass sie überhaupt keine Gelegenheit bekommen würde, mit ihm zu reden, wenn sie es nicht selbst einfädelte.
»Ich glaube, mein Vater wird das Fest bald beenden«, meinte sie zu Gwalchmai. »Vielleicht willst du deinem Herrn ausrichten, dass ich selbst mitten im Winter oft nachts im Atrium spazieren gehe, um frische Luft zu schnappen.«
»Ein guter Befehlshaber freut sich stets über jedes Quäntchen Wissen.« Vielsagend grinste er sie an. »Ich werde dafür sorgen, dass er es erfährt.«
Nun, wenigstens er schien sie zu mögen, dachte sie, als sie ihrer Mutter aus dem Raum folgte. Wenn Artor sie nicht wollte, vielleicht sollte sie dann Gwalchmai heiraten.
Es war spät geworden, und selbst der Kapuzenmantel reichte kaum noch aus, um die Kälte abzuhalten, als Gwendivar die Schritte eines Mannes auf dem Steinboden hörte. Zitternd erhob sie sich und sah, wie er kurz verharrte und dann langsam weiterging, bis er unmittelbar vor ihr stand. Einen Augenblick dachte sie, es könnte Gwalchmai sein, der gekommen war, um ihr auszurichten, dass Artor nicht da sein würde. Doch jene Sinne, mit denen sie gelernt hatte, das Elfenvolk zu sehen, erfassten nicht das Erscheinungsbild, dafür aber die einzigartige Aura der Macht des Königs.
»Es tut mir leid«, sagte er schließlich. »Ich habe dich warten lassen, und nun ist dir kalt.« Er schüttelte den scharlachroten Mantel ab und legte ihn ihr um die Schultern. Der Umhang barg noch die Hitze seines Körpers und wärmte sie wie ein Feuer.
»Aber jetzt wird Euch kalt werden«, widersprach sie.
»Ich habe schon bei schlimmerem Wetter als diesem in einer Rüstung Feldzüge hinter mich gebracht. Das war kalt!«
»Mir war noch nie kalt, ohne dass ich mich wärmen konnte, ich bin noch nie ohne Essen marschiert, musste noch nie Durst leiden, habe nie eine Arbeit vollbracht, die ich nicht beenden konnte, wann ich wollte. Abgesehen von der Spinnerei natürlich«, fügte sie kleinlaut hinzu. Es war überraschend einfach, mit ihm zu reden – vermutlich, weil sie ihn nicht sehen konnte. Sie glichen zwei Geistern, die sich in der Dunkelheit miteinander unterhielten.
»Was hat Gwalchmai dir denn bloß erzähltl«, fragte Artor leise lachend. »Ich erwarte keineswegs, dass meine Königin mit der Armee marschiert. Vielmehr hoffe ich, dass in den kommenden Jahren nicht einmal ich mit der Armee marschieren muss, wenigstens nicht die ganze Zeit.«
»Also würdet Ihr Eure Frau wie ein Juwel in einer goldenen Fassung aufbewahren?« Gwendivars Stimme ertönte ausgesprochen leise.
Abermals folgte eine gespannte Stille, dann seufzte Artor. »Dein Bruder hat mir erzählt, du wärst eine großartige Reiterin und könntest den ganzen Tag draußen in den Hügeln herumstreunen. Ich würde dich nicht einsperren, Gwendivar, auch nicht in einen Käfig aus Gold. Wenn du möchtest, wäre ich froh, wenn du an meiner Seite rittest.«
Sie richtete sich auf und versuchte, seine Züge zu erkennen. Gwendivar war ein großes Mädchen, dennoch musste sie zu ihm aufschauen. »Aus Gwalchmais Erzählungen schließe ich, dass Ihr Euch selten länger als einen Monat an ein und demselben Ort aufhaltet. Ich glaube, ich werde wohl an Eurer Seite reiten müssen.«
»Also sind wir uns einig?« Erleichterung ließ seine Stimme wanken, als er die Hände auf ihre Schultern legte.
»Das sind wir.« Sie hatte gefürchtet, diese Ehe könnte ihr Kerker werden, doch allmählich glaubte Gwendivar, sie könnte sich stattdessen als ein Abenteuer erweisen. Seine Hände fühlten sich warm an und spendeten Geborgenheit.
»Also werden wir im Frühling – « Jäh brach er ab. »Wie alt bist du eigentlich?«
»Anfang April werde ich fünfzehn«, antwortete sie so würdevoll wie möglich.
Plötzlich fielen seine Hände von ihr ab, und er schüttelte den Kopf. »Du liebe Göttin! Und dennoch, wenn ich in diesem Alter erwachsen genug war, um König zu werden, kannst du wohl auch Königin werden.«
Unvermittelt verließ Gwendivar ihre Zuversicht. »Ich will es versuchen.«
Artor schob ihre Kapuze zurück. Er nahm ihr Gesicht zwischen die Hände und küsste sie zärtlich, als berührte er einen Schmetterling, auf die
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