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Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot

Titel: Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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Tür der Halle stand immer noch offen, und draußen prangten ein klarer, rosiger Himmel und die ersten güldenen Strahlen der aufgehenden Sonne.
    Bediver wirkte nachgerade verzückt, wie ein Krieger, der einen Sieg errungen hat. Es war ein Ausdruck, der sich auf den Gesichtern von zahlreichen Gefährten Artors zeigte, wenngleich sie nun verwirrt und verloren um sich blickten.
    »Ich hatte es«, flüsterte jemand. »Ich hatte beinahe begriffen – wohin ist es verschwunden?«
    Igraine lag, von ihren Priesterinnen umringt, reglos da, aber ihre Brust hob und senkte sich, und Gwendivar wusste, dass sie zu gegebener Zeit unversehrt erwachen würde. Vater Kedi, dessen Miene ungewöhnlich friedvoll wirkte, murmelte Gebete. Die Köche und Küchensklaven schauten sich erstaunt um. Manus’ Augen jedoch leuchteten wie zwei Sterne.
    Gwendivar drehte sich zu ihrem Gemahl um und begriff, dass sie das Wesen gesehen hatte, das sich hinter dem Elfenvolk verbarg, welches sie einst so verzaubert hatte, und dadurch auch die Quelle seiner Magie, obwohl die Bilder so schnell verblassten, dass sie nicht mehr zu sagen vermochte, was genau sie erblickt hatte.
    »Was hast du gesehen, Artor?«, flüsterte sie. »Was hast du gesehen?«
    Doch er schüttelte nur den Kopf, die Augen nach wie vor weit aufgerissen und vom grellen Licht halb geblendet. Sie streckte die Arme nach ihm aus, und er zog sie dicht an sein Herz; und in jenem Augenblick waren sie beide frei.
     
    Morgause betrachtete die Pracht des neuen Tages und verfluchte die Götter. Eine Nacht voller Zorn der Elemente gefolgt von einer Morgendämmerung, die zum Tagesanbruch der Welt gepasst hätte, konnte nur bedeuten, dass Igraine den Kessel zum Einsatz gebracht hatte. Die Mysterien, mit denen Morgause sich in den letzten Jahren beschäftigte, hatten sie gelehrt, die Zyklen des Landes zu spüren, so wie sie einst ihre eigenen Zyklen aufgezeichnet hatte, und sie wusste, dass dies kein natürlicher Sturm gewesen war. Die Überlieferungen, deren sie in den Jahren auf der Insel der Maiden gewahr wurde, legten nahe, dass die Vorsichtsmaßnahmen, mit denen der Kessel stets bedacht wurde, nicht allein dazu dienten, über den Zugang zu ihm zu wachen – sie waren nötig, um seine Macht im Zaum zu halten.
    In der vergangenen Nacht hatten sie eindeutig das Ergebnis des freien Fließens jener Macht erlebt. Die Erde war mit Blättern übersät, die Wälder mit hellen Schnitten, wo ganze Äste aus den Bäumen gerissen worden waren. Während die Pferde sich einen Weg über den schlammigen Pfad nach Camelot bahnten, sah Morgause, dass es den Heimen der Menschen noch schlimmer ergangen war. Zahlreiche Hütten glichen halb gerupften Hühnern; Dachverstrebungen ragten gleich Skeletten empor, wo die Riedschichten fortgerissen worden waren. In dieser Hinsicht hatten sich die keltischen Rundhäuser, deren Rahmen sich im Sturm beugten, besser bewährt als die rechteckig gebauten römischen Häuser, die zum Einstürzen neigten, wenn der Wind ihre Terrakotta-Schindeln fortpeitschte.
    Für jeden, den der Sturm unter freiem Himmel erwischt hatte, so wie Morgause und ihre Begleiter, hatten die Stunden der Dunkelheit sich als Albtraum erwiesen. Der Mantel, den sie trug, dampfte immer noch vor Feuchtigkeit. Allein der Eibenhain, in dem sie vor dem Sturm Zuflucht suchten, hatte sie vor Schlimmerem bewahrt.
    Und dann, in den geheimnisvollsten Stunden vor der Dämmerung, war der Wind verebbt. Eine Weile hatte Morgause sich gefragt, ob das Toben des Sturms die Wahrnehmungsfähigkeit ihres Gehörs überstiegen hatte. Dann wurde die Luft wärmer, und sie wusste, dass jene Stille von einer Anwesenheit zeugte und keinen bloßen Mangel an Geräuschen darstellte.
    Bis dahin hatte sie gehofft, sie hätte sich geirrt. Ihr Spion in Artors Küche wusste nur, dass Gwendivar die Herrin vom See herbeigerufen hatte. Doch in ihren Träumen hatte Morgause gesehen, wie der Kessel gleich einem riesigen Mond über dem Land aufstieg. Und so war sie nach Süden gereist – aber nicht rasch genug, um zu verhindern, dass ihre Mutter den Kessel, jenes Heiligtum, auf das Morgause ein Geburtsrecht hatte, zu Artor brachte.
    Dieser freundliche Morgen bestätigte ihre Befürchtungen lediglich. Sie fühlte sich verwaist; sie war außer sich. Von den Hexen der Pretani hatte sie zwar viel gelernt, dennoch war sie stets eine Fremde unter ihnen geblieben, und ihr war nur allzu bewusst, dass sie ihr Geheimnisse vorenthielten, die sie nie erfahren

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