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Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot

Titel: Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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Wange gespürt hatte. Vom Verstand her wusste sie, dass die Halle sie nicht im Stich lassen würde – sie spürte Merlins Magie, die Pfosten an Säule und Ried an Sparren band –, in ihrem tiefsten Inneren jedoch war sie weniger überzeugt. Ceincair half ihr, den Umhang fester um die Schultern zu schlingen. Igraine dankte ihr und durchsuchte die Menge nach ihren anderen Priesterinnen, als sie sich umdrehte.
    »Wo ist Ninive?«
    »Sie ist zur Seitenpforte gegangen. Um sich zu erleichtern, hat sie gesagt, obwohl ich glaube, sie wollte eher den Sturm betrachten«, erwiderte Ceincair.
    Seufzend schüttelte Igraine den Kopf. Das Kind hierherzubringen, war ein Wagnis gewesen – zwar hatte sie in den vergangenen drei Jahren viel gelernt, dennoch war sie im Herzen immer noch ein Wildfang, und wenn Ninive schon die friedliche Gesellschaft der Insel der Maiden mitunter als zu einengend empfand, wie musste sie dann erst in dieser überfüllten Halle leiden. Sie war jung, und es würde ihr nicht schaden, ein wenig nass zu werden. Ihre Abwesenheit war auch nicht der eigentliche Grund für das Unbehagen der Priesterin.
    Es war der Kessel.
    Igraine hatte geglaubt, die Göttin wollte, dass sie ihn nach Süden brachte, doch was, wenn ihre Sorge um Artor sie getäuscht hatte? In Eriu erzählte man sich eine Geschichte über eine Frau, die eine geheiligte Quelle beleidigte und dadurch eine Flut heraufbeschwor, die das Land überschwemmte. War dies ein natürlicher Sturm oder hatte sie das Gleichgewicht der Elemente gestört, indem sie den Kessel aus seinem durch Zaubersprüche geschützten Heiligtum entfernte, sodass sie nun Britannien zerstören würden? Wäre es nötig, trüge sie den Kessel mit eigenen Händen zum Meer, doch sie wusste nicht recht, was sie tun sollte. Wenn nicht so viel auf dem Spiel gestanden hätte, so hätte Igraine ihre Panik als notwendige Lektion der Demut hingenommen, aber wie die Dinge nun einmal lagen, konnte sie nur die Augen schließen und beten.
     
    »Herr, erbarme dich unser; Christus, erbarme dich unser«, murmelte der kleinwüchsige Priester, während der Sturm wütete. Bediver, dem seit seiner Kindheit kaum ein Gebet über die Lippen gekommen war, ertappte sich dabei, die Worte nachzutuscheln, so wie viele andere, die auf römische Weise erzogen worden waren. Ein auflodernder Blitz erhellte die große Tür, einen Lidschlag später grollte ohrenbetäubender Donner über ihnen. Hinter sich hörte er, wie Männer Jupiter, Taranis und sogar den sächsischen Thunor anriefen.
    Ein Schauder überlief ihn; durch seine Venen pulsierte eine ähnliche Mischung aus Furcht und Zorn, wie er sie vor Schlachten verspürte. Unwillkürlich suchte sein Blick den königlichen Thron und seinen König. Mit angespanntem Körper harrte Artor des nächsten Donnerschlags, dennoch ähnelte er in keiner Weise mehr der teilnahmslosen Gestalt des Vortags. Dies war der kühne Befehlshaber, an den Bediver sich aus Hunderten von Feldzügen erinnerte. Gwendivar sagte etwas; Artor beugte sich dicht zu ihr, um ihr zu antworten und ergriff lächelnd ihre Hand.
    Bediver konnte sich kaum erinnern, je zuvor gesehen zu haben, wie der König sie berührte, doch bevor er sich darüber wundern konnte, zuckte der nächste Blitz, grollte der nächste Donner rings um sie.
     
    Gwendivar spürte die Wärme und Stärke von Artors Griff und erwiderte den Druck krampfhaft, als der Donnerschlag die Halle erschütterte.
    Herrin, steh uns bei! Um des Königs, des ganzen Landes Willen! Ich werde tun, was immer du verlangst, aber ich flehe dich an, beschütze uns nun!
    Sie hatte sich noch nie vor Stürmen gefürchtet, dieser jedoch war von einer solch unerwarteten und elementaren Kraft. Jeder aufzuckende Blitz verdeutlichte die Belanglosigkeit ihrer eigenen Ängste und Enttäuschungen. Im Sturm war ein Leben, das nichts mit den Sorgen der Königin Britanniens zu tun hatte. Seltsamerweise vermittelte ihr der Gedanke Erleichterung. Gleich einem reglosen Häufchen kauerte sie inmitten des Tosens, durch den unnachgiebigen Griff der Hand ihres Gemahls mit der Erde verwurzelt, und harrte der nächsten Entladung des Himmels.
    Diesmal traten das Zucken des Blitzes und das Grollen des Donners beinahe gleichzeitig auf. Die Halle erbebte, die großen Türen schwangen weit auf. Heulend drang der Wind herein, jede Fackel erlosch, doch im selben Augenblick sauste ein blaues, strahlendes Licht durch die Öffnung, wirbelte herum und überzog Pfosten, Sparren und

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