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Brixton Hill: Roman (German Edition)

Brixton Hill: Roman (German Edition)

Titel: Brixton Hill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Beck
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eine vielversprechende Karriere … sein ganzes Leben … nicht mal die große Liebe durfte er finden …«
    »Katherine, ich musste dabei zusehen«, sagte Em bitter.
    Ihre Tante sah auf. »Und du konntest ihm nicht helfen?« Sie wartete nicht auf eine Antwort, sondern stand auf und verließ das Zimmer.
    Der Moment, in dem sich Em in ihrem alten Zuhause geborgen gefühlt hatte, kam nicht mehr zurück. Als sie am Nachmittag aufwachte, wurde sie bereits von ihrer Großmutter erwartet, die ihre Trauer um den erklärten Lieblingsenkel hinter gereizter Geschäftigkeit verbarg, indem sie ihre Haushälterin pausenlos herumkommandierte. Sie fragte Em sogar noch am selben Abend: »Wann wirst du wieder zur Arbeit gehen?«
    Em kannte die alte Dame gut genug, um nicht schockiert zu sein. »Bis zum nächsten Auftrag ist noch ein paar Wochen Zeit«, antwortete sie ruhig. »Ich muss nicht zur Arbeit.«
    »An deiner Stelle würde ich hingehen. Das lenkt ab. Zur Beerdigung wird man dir natürlich freigeben.«
    »Patricia« – so wollte ihre Großmutter genannt werden –, »ich bin selbstständig. Ich muss niemanden fragen, ob ich freibekomme.«
    »Musst du denn nicht ins Büro?«
    »Ich habe kein Büro. Ich brauche nur Computer, Internet, Telefon. Für die Veranstaltungen bin ich sowieso immer woanders.«
    »Du hast kein Büro?«
    »Das weißt du doch.«
    »Nein, das weiß ich nicht. Ich verstehe immer noch nicht, was du eigentlich tust. Wie arbeitest du denn?«
    »Wie gesagt, ich brauche meinen Computer, Internet und …«
    »Du kannst mir ruhig die Wahrheit sagen, wenn du arbeitslos bist. Ich vertrage vieles, nur nicht, wenn man mich anlügt.«
    »Ich bin nicht arbeitslos. Ich …« Sie fand keine Worte.
    »Ja?«
    »Nichts.«
    »Zu meiner Zeit bedeutete eine freiberufliche Tätigkeit lediglich, dass jemand gerade keine Anstellung finden konnte.«
    »Das bedeutet es heute nicht mehr.«
    »Was tust du den ganzen Tag, wenn du kein Büro hast?«
    Am liebsten hätte Em gesagt: »Seit wann interessiert dich das? Sonst hast du immer nur Eric nach seiner Kanzlei befragt und mich großzügig übersehen.« Doch sie sagte nur: »Akquise. Am liebsten beim Essengehen. Vorbereitung und Planung. Am liebsten, wenn ich im Bett oder auf der Couch liege. Allein, versteht sich. Proben und Durchführung. Am Ort des Geschehens. Ich brauche kein Büro.«
    Ungeduldig sagte Patricia: »Ja, aber was machst du morgens nach dem Aufstehen?«
    Em versuchte, ihre Fragen zu beantworten, und wünschte sich Eric als Vermittler, als Übersetzer. Als Bruder und Freund.
    Sie litt unter den unkontrollierbaren Erinnerungsfetzen an die Nacht des Brands, an Erics Leiche, und in den Tagen direkt nach seinem Tod konnte sie kaum etwas essen, schlief dafür aber viel, wenn auch unruhig. Patricia sprach nicht über diese Nacht, und Katherine schien ihr aus dem Weg zu gehen. Sie machte Em offenbar tatsächlich für Erics Tod verantwortlich. Auch die offiziellen Berichte von Feuerwehr und Polizei konnten nichts an dieser Meinung ändern. Frank scheiterte wie üblich an seinen Vermittlungsversuchen.
    Em konzentrierte sich darauf, der Polizei bei ihren Ermittlungen so oft wie möglich auf die Nerven zu gehen. Es war wieder DCI Palmer, die die Untersuchungen leitete, und Em rief sie jeden Tag auf ihrem Handy an, um zu erfahren, was es Neues gab, um zu fragen, ob sie irgendetwas tun könnte, um zu helfen. Sie betonte, man müsse sich um Alan Collins, Hacker und Stalker, kümmern, und Palmer versicherte ihr jedes Mal, dass die Ermittlungen auf Hochtouren liefen. Palmer sorgte außerdem dafür, dass Em von nun an keine Minute mehr allein war. Das Haus der Everetts in der Henrietta Street wurde von Polizisten bewacht, und jeder von ihnen bekam einen Beamten, der sie überallhin begleitete. Patricia verließ seit Jahren so gut wie gar nicht mehr das Haus, doch die Anwesenheit der Fremden stimmte sie bei allem Verständnis für die Situation missmutig.
    Em ging nur einmal aus: um sich einen Laptop und ein paar Sachen zum Wechseln zu besorgen. Kaum hatte sie den Rechner eingerichtet, bestellte sie, was sie sonst noch benötigte, online. Sie war wählerisch, was ihre Kleidung betraf, auch wenn ihre Großmutter den Eindruck hatte, es sei ihr egal, was sie trug, Hauptsache, es war schwarz. Sie bestellte nur bei bestimmten Herstellern, von denen sie wusste, was sie zu erwarten hatte und dass ihr die Sache n passen würden. Ihr Stil war ein reduzierter Gothic-Look, manchmal in Anlehnung an

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