Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brockmann Suzanne

Brockmann Suzanne

Titel: Brockmann Suzanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ein Wort 10 Taylor - Ein Mann
Vom Netzwerk:
Seitenstraße, nur einen Steinwurf weit von der Brattle Street, aber doch weit genug von der sommerabendlichen Zirkusatmosphäre des Harvard Square entfernt, dass sie so etwas wie Abgeschiedenheit empfinden konnten.
    „Es tut mir leid“, wiederholte Colleen und versuchte, sich die Tränen aus den Augen zu wischen. „Ich benehme mich albern. Es war doch nur ein Auto.“
    Bobby hatte beinahe das Gefühl, neben sich zu stehen. Er sah sich selbst im Schatten, ihr ganz nah. Hilflos und mit der Vorahnung einer nahenden Katastrophe sah er, wie er die Hände nach ihr ausstreckte, sie an sich zog und in seine Arme schloss.
    Herr im Himmel, sie fühlte sich so weich an! Und sie klammerte sich fest an ihn, die Arme um seine Taille geschlungen, das Gesicht an seiner Schulter vergraben, stumm bemüht, ja nicht zu weinen.
    Tu das nicht! Du handelst dir nur Ärger ein.
    Er musste irgendeinen gequälten Laut von sich gegeben haben, denn Colleen hob den Kopf und schaute ihn an: „Oh, tue ich dir weh?“
    „Nein“, antwortete er. Nein, sie tat ihm nicht weh, sie brachte ihn um. Typisch Colleen. In einem Augenblick, in dem die meisten Menschen nur an sich denken würden, machte sie sich Sorgen um andere.
    Tränen glitzerten auf ihren Wangen und hingen in ihren Wimpern, ihre Nasenspitze war gerötet. Bozo, der Clown. So hatten Wes und er sie immer aufgezogen, wenn sie geweint hatte, damals, als sie dreizehn war.
    Aber sie war keine dreizehn mehr.
    Küss sie nicht! Lass es!
    Bobby biss die Zähne zusammen und dachte an Wes. Er stellte sich vor, wie sein bester Freund ihn anschauen würde, wenn er versuchte zu erklären: Da stand sie, Mann. Lag in meinen Armen. Sie war so schön! Ihre Lippen waren so weich, ihr Körper so warm und anschmiegsam, und dann …
    Seufzend legte sie das Gesicht wieder an seine Schulter, und Bobby wurde erschrocken bewusst, dass er mit den Fingern durch ihr seidenweiches Haar strich.
    Ihm war klar, dass er das besser lassen sollte. Aber er konnte nicht. Seit mehr als vier Jahren sehnte er sich danach, ihr so durch die Haare zu streichen.
    Außerdem schien sie es zu genießen.
    „Du musst mich für eine Heulsuse halten“, flüsterte sie.
    „Nein.“
    Sie lachte leise. „Aber ich bin eine. Da weine ich wegen eines Autos! Wie kann man nur so albern sein?“ Sie seufzte. „Es ist nur … Mit siebzehn dachte ich, ich würde diesen Wagen bis an mein Lebensende behalten und dann meinen Enkelkindern vermachen. Wenn ich das jetzt sage, klingt es dumm, aber damals kam mir das weder dumm noch albern vor.“
    Von dem Vertrag, den sie gerade unterzeichnet hatte, konnte sie noch zurücktreten. Sie hatte vierundzwanzig Stunden Bedenkzeit.
    „Es ist noch nicht zu spät“, erinnerte er sie und sich selbst gleich mit. Er konnte sie vorsichtig loslassen, einen Schritt zurücktreten, einen zweiten. Er konnte sie – ohne sie noch einmal anzufassen – zurück auf die hell beleuchtete Hauptstraße führen, zurück in die Menschenmenge auf dem Harvard Square. Wenn er das tat, brauchte er Wes gegenüber kein Sterbenswörtchen zu erwähnen. Ganz einfach, weil nichts passiert sein würde.
    Aber er rührte sich nicht. Er konnte sich einreden, dass alles in Ordnung sei und er die Sache im Griff habe – solange er ihr nicht in die Augen sah.
    „Nein, ich habe es verkauft“, erklärte sie, löste sich leicht von ihm, um ihm ins Gesicht zu schauen, und putzte sich die Nase mit einem Papiertaschentuch. „Ich habe mich entschieden. Ich brauche das Geld. Ich habe diesen Wagen geliebt, aber ich liebe auch mein Jurastudium. Ich liebe die Arbeit, die ich tue, die Möglichkeit, etwas zu bewegen.“
    Sie schaute ihn so ernsthaft an, dass er vergaß, ihr nicht in die Augen zu schauen – und dann war es zu spät. Dann verwandelte sich die Ernsthaftigkeit in ihren Augen in etwas anderes, in etwas voller Sehnsucht und Verlangen.
    Sie senkte den Blick und ließ ihn auf seinem Mund ruhen. Ihre Lippen öffneten sich leicht, und als sie ihm wieder in die Augen schaute, wusste er Bescheid. Sie wünschte sich genauso sehnlich, ihn zu küssen, wie er sie küssen wollte.
    Tu es nicht! Tu es nicht!
    Sein Herz hämmerte, und er hörte das Blut in seinen Ohren rauschen. Alle Geräusche der nächtlichen Stadt verstummten, Vernunft und Realitätssinn verabschiedeten sich einfach.
    Er musste sie küssen. Wie konnte er sie nicht küssen, wenn er diesen Kuss so dringend brauchte wie die Luft zum Atmen?
    Sie nahm ihm die Entscheidung ab. Noch bevor er

Weitere Kostenlose Bücher