Brockmann Suzanne
Blick ab, als sie merkte, dass sie die beiden Männer angestarrt hatte.
„Dad, ich möchte dir gerne P. J. Richards vorstellen. Sie ist FInCOM-Agentin. Wir arbeiten seit einiger Zeit zusammen und sind gute Freunde geworden. Wir haben zwei Tage frei, also habe ich sie mitgebracht. P. J. das ist mein Vater, Medgar Becker.“
Dr. Becker streckte P. J. seine Hand entgegen. „Ich freue mich, Sie kennenzulernen – P. J., richtig?“
„Das ist richtig“, sagte P. J. „Aber um die Wahrheit zu sagen – wir sind uns schon mal begegnet, Dr. Becker.“ Sie sah Harvard strafend an. „Du hast mir nie erzählt, dass Dr. Medgar Becker dein Vater ist.“
Er lachte. „Woher kennst du meinen Vater?“
„Oh!“, warf Ellie ein. „Ich sag ja immer, die Welt ist ein Dorf. Mann muss nur ein bisschen graben, und schon entdeckt man, dass jeder irgendwie mit dem anderen verbunden ist.“
„In diesem Fall ist es nicht wirklich eine Verbindung“, sagte P. J. mit einem Lächeln. Sie sah Harvards Vater an, der nach wie vor ihre Hand hielt und sie mit zusammengekniffenen Augen musterte.
„Sie erinnern sich wahrscheinlich nicht mehr …“
„Washington, D. C.“, sagte er. „ Doch, ich erinnere mich. Wir haben uns einen ausführlichen Schlagabtausch über Romeo und Julia geliefert.“
„Ich kann nicht glauben, dass Sie das noch wissen!“, sagte P. J. lachend.
„Ich habe jahrelang ähnliche Vorlesungsreihen gehalten, aber Sie waren die einzige Studentin, die eine Frage gestellt hat und mir nachdrücklich widersprochen hat, nachdem ich ihr eine Antwort gegeben hatte.“ Dr. Becker gab P. J. einen Handkuss. „Ich kannte Ihren Namen nicht, aber ich erinnere mich ganz genau an Sie.“
„Dein Vater war ein Gastprofessor an meiner Universität“, erklärte P. J. an Harvard gewandt. „Eine meiner Mitbewohnerinnen war Literaturstudentin. Sie hat mich überredet, zu dieser Vorlesung mitzugehen.“
„Ich erinnere mich, dass ich damals dachte: Aus der wird mal was“, sagte Dr. Becker.
„Vielen Dank“, erwiderte P. J. geschmeichelt.
„Wissen Sie, ich habe noch oft darüber nachgedacht, was Sie damals gesagt haben. Sie haben verlangt, dass man die Sprache des Stücks modernisieren müsste“, fuhr Dr. Becker fort und zog P. J. hinter sich her in sein Arbeitszimmer. „Dass das Stück ursprünglich für eine breite Öffentlichkeit, das gemeine Volk geschrieben wurde und dass ihm nun, da unsere Alltagssprache sich so sehr verändert hat, sein ureigenstes Publikum fehlt. Dass die Leute, die von diesem Stück am meisten profitieren könnten, es nicht mehr verstehen.“
Harvard stand neben seiner Mutter und beobachtete P. J., die ihm ein Lächeln zuwarf, bevor sein Vater sie außer Sichtweite zog.
„Ich liebe ihr Lächeln.“ Er hatte gar nicht gemerkt, dass er das laut gesagt hatte, bis seine Mutter erwiderte: „Ja, sie hat ein hinreißendes Lächeln.“ Ellie schüttelte amüsiert den Kopf, als sie vom anderen Ende des Hauses die Stimme ihres Mannes vernahm, der immer noch über Shakespeare referierte. „Weißt du, er benimmt sich in letzter Zeit ein wenig merkwürdig. Ich schiebe es auf den Herzinfarkt und das neue Leben, das ihm geschenkt wurde. Er kommt mir beinahe so vor wie im zweiten Frühling. Das gefällt mir, meistens jedenfalls. Aber ich würde mir Sorgen über sein Interesse an deiner Freundin machen, wenn es nicht so offensichtlich wäre, dass sie Hals über Kopf in dich verliebt ist.“
„Oh nein!“, widersprach Harvard. „Wir sind nur Freunde. Sie ist nicht meine Freundin, und das wird sie auch nicht werden.“
„Hol eure Sachen aus dem Auto“, erwiderte Ellie. „Ihr nehmt die beiden Zimmer mit dem gemeinsamen Bad dazwischen.“ Sie lächelte ihn verschwörerisch an. „Manchmal muss man eben ein wenig nachhelfen.“
„Ich brauche keine Hilfe!“, sagte Harvard beleidigt. „Und schon gar nicht von meiner Mutter. “
11. KAPITEL
P. J. fand Harvard auf der Veranda. Er hatte die Ellbogen aufs Geländer gestützt und sah in die Vollmondnacht hinaus.
Sie schloss die Schiebetür leise hinter sich.
„Hey“, sagte Harvard, ohne sich umzudrehen.
„Selber hey“, erwiderte sie und stellte sich neben ihn. Die Nacht war drückend heiß. Es war ein ungewohntes Gefühl, fast so, als befände man sich in einem Backofen. Selbst in der Sauna, in die sich Washington im Sommer verwandelte, kühlte die Luft nach Sonnenuntergang etwas ab. „Ich wollte mit dir über das sprechen, was du heute Abend zu
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