Brockmann Suzanne
an, wenn Sie bei Ihren Eltern angekommen sind, damit ich weiß, dass Ihnen auf der Fahrt nach Ohio nichts passiert ist.“
„Das mache ich“, versprach Nell. „Gute Nacht, Sir.“ Sie hielt immer noch den Umschlag in der Hand, den er ihr gegeben hatte. „Und danke.“
Aber Jake war schon verschwunden.
Sie drehte sich um und sah zu Crashs Zimmertür.
Sie war fest verschlossen, so wie immer, wenn er sich in seinem Zimmer aufhielt.
Was er hat, heißt Angst. Eine Heidenangst vor Ihnen.
Was, wenn Jake recht hatte? Was, wenn Crash ihre Gefühle erwiderte?
Wenn sie jetzt nicht irgendetwas unternahm … Wenn sie jetzt nicht da rübermarschierte und an diese Tür klopfte, Crash in die Augen sah und ihm sagte, wie sie empfand, war es gut möglich, dass sie die Chance ihres Lebens verpasste. Die Chance auf eine Beziehung mit einem Mann, den sie in jeder Hinsicht aufregend fand – emotional, körperlich, intellektuell und spirituell. Es gab keinen Zweifel: William Hawken faszinierte sie.
Wenn sie morgen früh aufwachte, war er wahrscheinlich schon unten und kam gerade von seinem morgendlichen Lauf zurück. Sie würde ihren Wagen packen, ihm die Hand schütteln, und das war’s dann. Sie würde abfahren und ihn wahrscheinlich niemals wiedersehen.
Natürlich lief sie Gefahr, sich vollkommen lächerlich zu machen. Aber wenn sie ihn ohnehin nie wiedersehen würde, was könnte das schon schaden?
Während sie so dastand und Crashs verschlossene Tür anstarrte, konnte sie beinahe Daisys Stimme in ihr Ohr flüstern hören: „Na los, mach schon! Geh hin!“
Nell warf den Umschlag, den Jake ihr gegeben hatte, auf ihren Koffer, holte tief Luft und ging zurück in den Flur zu Crashs Zimmer.
Crash saß in der Dunkelheit und kämpfte gegen seine Wut an.
Er hatte die Beerdigung wie ein Zaungast aus einiger Entfernung erlebt. Er glaubte einfach nicht, dass Daisy wirklich tot war. Ein Teil von ihm wartete darauf, dass sie irgendwann auftauchen würde, dass ihr gewohntes Lachen erklingen und er ihr geliebtes Lächeln aufblitzen sehen würde.
Er hatte keine Ahnung, wie Jake das alles durchhielt. Aber in den letzten beiden Tagen hatte Jake die Beileidsbekundungen von Freunden und Bekannten mit einer solchen Kraft und Würde entgegengenommen, dass Crash ihn bewunderte.
Die Wut, die er selbst empfand, war etwas, womit er umgehen konnte. Er war gut darin, seine Wut zu kontrollieren. Er war geübt darin, sich von ihr zu distanzieren. Aber die Trauer und der Schmerz, den er empfand, drohten ihn umzuwerfen.
Er hatte versucht, die Trauer unter seiner Wut zu vergraben, sie durch das stärkere Gefühl zu beherrschen. Aber nach zwei Tagen voller Wut war auch dieses allzu bekannte Gefühl nur noch schwer zu kontrollieren.
Und so saß er hier in der Dunkelheit, mit zitternden Händen und zusammengebissenen Zähnen, und tobte innerlich.
Nell würde morgen früh abreisen. Dieser Gedanke ließ ihn sogar noch wütender werden. Die Emotionen überrollten ihn in großen, heftigen Wellen.
Er hörte ein Geräusch draußen auf dem Flur. Es war Jake, der an Nells Tür klopfte. Er hörte, wie die Tür sich öffnete und die zwei sich unterhielten. Er hörte das Gemurmel ihrer Stimmen, aber er verstand nicht, was sie sagten. Doch es war ihm klar, dass sie sich verabschiedeten. Dann hörte er Jake fortgehen.
Crash schloss die Augen und horchte angestrengt hinaus. Doch Nells Tür schloss sich nicht. Draußen im Flur knarzte eine Diele. Crash öffnete die Augen. Sie stand direkt vor seiner Tür.
Wie, um Himmels willen, sollte er der Versuchung, die Nell darstellte, widerstehen, wenn er all seine Selbstbeherrschung brauchte, um die Trauer und den Schmerz zu kontrollieren?
Er schloss seine Augen und betete inständig, dass sie wieder gehen würde.
Geh weg!
Sie ging nicht. Sie klopfte an seiner Tür.
Crash rührte sich nicht. Vielleicht würde sie aufgeben, wenn er nicht reagierte. Vielleicht …
Sie klopfte erneut.
Und dann öffnete sie seine Zimmertür einen Spalt und sah zu seinem Bett. „Billy, schläfst du?“
Er antwortete nicht. Sie trat noch einen Schritt näher. „Hawken …?“ Das Licht vom Flur fiel in das Zimmer und er sah, wie sie bemerkte, dass das Bett leer war. „Crash? Bist du überhaupt hier?“
Er antwortete diesmal. „Ja.“
Nell zuckte zusammen, als seine Stimme ihr vom anderen Ende des Zimmers entgegenkam.
„Es ist ja ganz dunkel hier drinnen“, sagte sie und suchte nach seinen Umrissen. „Darf ich das Licht
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