Brockmann Suzanne
anmachen?“
„Nein.“
Die Härte in seiner Stimme ließ sie erneut zusammenzucken. „Bitte entschuldige. Geht es dir gut?“
„Ja.“
„Aber warum sitzt du denn hier im Dunkeln?“
Er gab keine Antwort.
„Dir muss das alles wie eine schreckliche Wiederholung deiner Vergangenheit vorkommen“, sagte sie leise.
„Bist du hier, weil du mich analysieren willst, oder schwebt dir etwas anderes vor?“
Selbst mit dem Flurlicht war es zu dunkel, um sie deutlich zu sehen. Aber er konnte sich die leichte Röte vorstellen, die seine Bemerkung ihr auf die Wangen getrieben haben würde.
„Ich bin gekommen, weil ich morgen früh abreise und dir Lebewohl sagen wollte.“
„Leb wohl!“
Sie zuckte erneut. Doch anstatt sich umzudrehen und das Zimmer zu verlassen, wie er gehofft hatte, kam sie auf ihn zu.
Er saß auf dem Boden und lehnte mit dem Rücken an der Wand. Sie setzte sich direkt neben ihn. „Du bist mit deinen Gefühlen nicht alleine“, flüsterte sie. „Wir konnten nichts tun, um sie zu retten.“
„Du bist also doch gekommen, um Seelenklempnerin zu spielen. Tu mir bitte den Gefallen und behalt es für dich!“
Er konnte ihre Augen in der Dunkelheit nicht sehen, aber etwas an ihrer Haltung sagte ihm, dass seine Worte sie verletzt hatten.
„Um die Wahrheit zu sagen“, begann sie. Ihre Stimme zitterte und sie musste sich räuspern. Als sie wieder ansetzte, kam nur ein dünner Ton heraus. „Um die Wahrheit zu sagen, bin ich hier, weil ich heute Nacht nicht alleine sein wollte.“
Irgendetwas in seiner Brust zog sich zusammen. Sein Hals verengte sich, und Tränen stiegen ihm in die Augen. Seine erbitterte Wut wurde schwächer und ließ seinen Schmerz und seine Verzweiflung zum Vorschein kommen. Er hatte keine Chance, dagegen anzukämpfen. Die Gefühle waren zu stark.
„Es tut mir leid“, flüsterte er. „Was ich gesagt habe, war gemein.“
Crash versuchte, auf sich selbst wütend zu werden. Seit sie zur Tür hereingekommen war, hatte er sich unmöglich benommen. Er war ein totaler Idiot gewesen, ein Arsch, ein vollkommener Fiesling. Die Wut auf sich selbst war das Einzige, was ihn davon abhielt, zusammenzubrechen und wie ein Kind zu weinen.
Nell be weg te sich in der Dun kel heit ne ben ihm. Er wuss te, dass sie sich mit ihrem Ärmel über die Augen wischte. „Das ist schon in Ordnung“, sagte sie. „Mir ist es lieber, du bist böse auf mich, als dass du dich total abkapselst.“
„Vielleicht wäre es besser, wenn du gehst“, schlug Crash in seiner Verzweiflung vor. „Ich fühle mich nicht sehr gefestigt, und …“
Sie unterbrach ihn und wandte sich ihm in der Dunkelheit zu. „Ich bin heute Abend in dein Zimmer gekommen, weil ich dir etwas sagen wollte, bevor ich morgen wegfahre.“ Sie streckte ihre Hand aus und berührte seinen Arm. „Ich wollte …“
„Nell, ich glaube nicht, dass ich …“
„… nicht gehen, ohne dass du weißt …“
„… hier so mit dir sitzen kann.“ Er hatte eigentlich ihre Hand von seinem Arm nehmen wollen, aber irgendwie hatte er sie dabei am Ellbogen zu fassen gekriegt und hielt sie nun fest.
„Von dem Moment an, als wir uns getroffen haben, wollte ich deine Geliebte sein“, flüsterte sie.
Oh Himmel!
Das ganze Gefühlschaos der letzten paar Tage, ja Wochen – all das Verlangen, die Schuldgefühle, das Begehren, der unnachgiebige Schmerz – stieg in ihm auf, wie ein einziger großer Wirbelsturm der Emotionen.
„Ich wollte nur, dass du das weißt, bevor ich abreise“, wiederholte sie. „Nur falls du etwas Ähnliches fühlst und – obwohl wir nur heute Nacht haben …“
Crash küsste sie. Er musste sie einfach küssen. Denn wenn er es nicht getan hätte, wäre sein Innerstes zerborsten, dann hätten Schmerz und Verzweiflung ihn auseinandergerissen, ihn verletzlich und schwach gemacht.
Doch jetzt, wo er sie küsste, musste er nicht weinen. Jetzt, wo er sie an sich zog, musste er nichts kaputt machen. Er musste nicht vor Wut zuschlagen und verlor sich nicht in seiner Trauer.
In seinen Armen schien sie regelrecht zu explodieren. Sie hing an ihm nicht weniger verzweifelt als er an ihr, erwiderte seine Küsse mit der gleichen Bedingungslosigkeit und seine Umarmung mit der gleichen Entschlossenheit.
Er zog sie auf seinen Schoß, sodass ihre Beine ihn umschlossen. Er spürte ihre Hitze.
Lieber Gott, er begehrte sie schon so lange!
Das hier war falsch. Er wusste, dass es falsch war. Aber das war ihm in diesem Moment egal. Er
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