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Broken (German Edition)

Broken (German Edition)

Titel: Broken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Kyle Williams
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hatte. Wenn wir jetzt Blick aufs Tor hätten, würden wir dann sehen, wie Joe Ray Leichen zum Pick-up trug? Und sie dann irgendwohin brachte? Und warum?
    «Guck trotzdem nach», befahl Joe Rays Mama und watschelte dann auf den Parkplatz. Sie wusste, dass sie ein Problem hatten, Jugendliche hin oder her. Irgendwer hatte die Leichen gesehen und bemerkt, dass man sie ordnungswidrig behandelt hatte.
    «Scheiße» , sagte Neil.
    «Im Dunkeln kann man nur Bewegung sehen», flüsterte ich. «Haltet euch einfach ruhig.» Ich griff nach meiner Glock.
    Joe Rays Licht tanzte um uns herum. Wir drückten uns flach in den Graben und hörten seine Stiefel auf dem Schotter. Mary Kate atmete geräuschvoll ein. Die Mücken waren gnadenlose Kamikazeflieger. Neil hatte mich überredet, keinen Mückenschutz mit DEET drin zu kaufen, weil das Zeug angeblich Krebs verursacht. Und das sagt ausgerechnet er, der sich Haschisch ins Dessert mischt und an der Supermarktkasse aufgerollte Dollarscheine aus der Hosentasche kramt.
    «Hier draußen ist keiner, Mama.» Seine Stimme war so nah, dass ich Neil zusammenzucken spürte. Ich packte sein Handgelenk. Kirkpatrick machte kehrt. «Du solltest mich endlich etwas Geld in eine Alarmanlage stecken lassen.»
    Er ging zurück zum Krematorium und zu Mrs. Kirkpatrick. Sie unterhielten sich, als sie durch die Vordertür eintraten, aber ich konnte kein Wort verstehen. Wir blieben, wo wir waren. Wofür auch immer sie gekommen waren, sie würden es mitnehmen. Und keiner von uns wollte auf der Straße erwischt werden.
    «Also, ich kann einfach nicht glauben, dass Loretta Ann dabei mitmacht, was immer es ist», zischte Mrs. Stargell und schlug nach einer Mücke. «Joe Ray senior hat die Frau geliebt.»
    «Vielleicht hat Joe Ray senior ja auch dabei mitgemacht, was immer es ist», sagte ich.
    «Ruhe jetzt», fauchte sie mich genau in dem Moment an, als der Pick-up um das Gebäude herumkam. Wir duckten uns wieder. Ich betete, dass sie zurück zum Haus fahren würden und nicht die Straße runter, wo ich den Impala abgestellt hatte. Mein Gebet wurde erhört. Wir lugten aus dem Graben und schauten dem Pick-up nach, der auf den Weg Richtung Haus bog. Ich hob mein Minifernglas und sah, wie sie vor der Scheune hielten. Die Fahrertür ging auf. Im Licht der Autoscheinwerfer öffnete Joe Ray das große zweiflügelige Scheunentor. Mrs. Kirkpatrick musste auf den Fahrersitz gerutscht sein, denn der Pick-up fuhr langsam in die Scheune.
    «Was geht da vor?», fragte Mary Kate.
    «Sie fahren in die Scheune», sagte ich. «Wir müssen nachsehen, was die im Schilde führen.»
    «Wir?», fiepte Neil. «Wohl kaum.»
    «Ich bin dabei», sagte Mrs. Stargell. «Aber nicht mehr heute Nacht.» Sie kletterte in ihrem rosa Bademantel und den Mokassins aus dem Graben und klopfte sich ab. «Alle Mann mitkommen.» Sie ging los die Straße hoch. «Es gibt was zu essen.»

    Sie machte uns Rühreier im Südstaatenstil, nicht zu fein gerührt, in reichlich Butter gebraten und mit Schnittlauch und schwarzem Pfeffer bestreut, genau wie meine Mutter sie immer gemacht hatte. Dann gab sie das Ganze auf Sauerteigtoast und servierte es uns mit einem Glas Milch und einem Multivitamin-Gummibärchen. Wir fragten nicht. Wir nahmen einfach unsere Vitamine und tranken unsere Milch und benutzten unsere Servietten und sagten brav «Ja, Ma’am» und «Danke, Ma’am», wie man das in Georgia so macht, wenn man zum Essen eingeladen ist.
    Später fuhr Mrs. Stargell uns zu meinem Wagen – in einem dollarscheingrünen Cadillac Fleetwood, blitzsauber und kastenförmig, wie sie Anfang der neunziger Jahre hergestellt wurden. Ihr Kopf ragte kaum über das Lenkrad. Ich warf einen Blick auf den Meilenstand. Vierundsechzigtausend. Der Wagen musste in zwanzig Jahren die meiste Zeit rumgestanden haben.
    Es war nach drei, als wir wieder im Hotel ankamen. Wir hatten vereinbart, nach ein paar Stunden Schlaf einen neuen Anlauf zu machen. Ich setzte mich aufrecht in das wuchtige Bett, lehnte den Rücken gegen das massive Holz und nahm mein Notebook auf den Schoß. Ich machte eine Liste. Urne, ungekühlte Leichen, Wartezeit, Taschenlampen, Bruder von Barkeeperin. Ich starrte darauf. Die Nebel lichteten sich nicht gerade. Wieso ließ er die Leichen einfach so liegen? Ich schrieb: Motiv? Wie schwierig war es, sie in die Kühlboxen zu verfrachten? Was immer da vor sich ging, die Mutter hatte anscheinend das Sagen. Ich setzte sie mit auf die Liste. Loretta Ann

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