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Broken Lands

Broken Lands

Titel: Broken Lands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Milford
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sich das Guckloch unter dem Schild. Jin wartete, bis das Auge dahinter wieder beiseiteglitt. Sie wusste, dass andere Augen sie von der Straße aus beobachteten, wo man sich fragte, was sie im Schilde führte. Sie konnte die Blicke fühlen.
    Sie klopfte noch einmal, fester diesmal. Als das Auge im Guckloch erschien, hielt sie ihre ordentlich geschriebene Einkaufsliste in die Höhe.
    Die Tür öffnete sich, und der Mann, der auf der Schwelle stand, maß sie mit seinem Blick von oben bis unten und verschränkte die Arme vor der Brust. Der Apotheker war viel größer als sie, und obwohl er kein junger Mann mehr war, hatte Jin das Gefühl, dass er – wie Mr. Burns – frühzeitig ergraut war. Eine alte rahmenlose Brille hockte auf seiner Nase, und der Blick, den er durch die Brillengläser auf sie warf, war scharf, aber neugierig. «Eins will ich von Anfang an klarstellen: Der einzige Grund, warum ich erwäge, dir etwas zu verkaufen, ist, dass ich unter allen Umständen wissen will, was du mit diesem ganzen Zeug vorhast. Komm rein und gib mir diese Liste.»
    «Du liebe Güte», sagte Jin, als sie den blitzblank gescheuerten Tresen von Tycho McNultys Ladengeschäft zu Gesicht bekam, die fleckenlosen Vitrinen und Schränke und die glänzenden Maße und Gewichte. «Es ist so … so …»
    « Sauber ist wohl das Wort, das du aus lauter Höflichkeit aus deinem Wortschatz verbannt hast.» McNulty holte einen frisch gespitzten Bleistift aus einer ordentlichen Schreibtischschublade und tippte damit gegen den Nasensteg seiner Brille, während er Jins Liste zum dritten Mal durchging. «Nein, sag es mir nicht. Ich will es selbst herausfinden. Und du kannst diese Ampulle in deiner Hand ruhig weglegen», setzte er hinzu und wedelte mit dem hinteren Ende des Bleistifts vor ihrer Nase herum. «Es ist für mich eine Frage der Ehre, sicherzustellen, dass in meinem Geschäft niemand zu Schaden kommt.»
    Jin warf ihm einen scharfen Blick zu, während er sich in den Zettel vertiefte. Seine Gesichtszüge waren grimmig, verhärtet durch das Leben in der Stadt oder durch die Ereignisse, die ihn hierher geführt hatten, aber er hatte sie eingelassen, und jetzt war sie seine Kundin. Sie steckte das Glasröhrchen wieder in ihre Tasche.
    «Haben Sie die Sachen vorrätig?»
    «Kannst du sie bezahlen?» McNulty machte sich jetzt Notizen, zog Linien und schrieb ein paar Berechnungen an den Rand der Seite. «Hm, ein oder zwei Sachen könnten zum Problem werden», murmelte er. «Hängt ganz davon ab, was … Moment mal – oh, ich Dummkopf!» Er schaute zu ihr auf und ein triumphierendes Lächeln erleuchtete kurz sein Gesicht, ehe er wieder den strengen Ausdruck auflegte. «Sprengstoff.»
    Jin runzelte die Stirn. «Kein simpler Sprengstoff, Sir.»
    «Nein, natürlich nicht.» Wieder lächelte er, ein kurzes Aufblitzen, das kam und ging wie ein erlöschender Funke. «Feuerwerk.»
    Kaum etwas anderes konnte so wirkungsvoll aus erwachsenen Männern wieder kleine Jungen machen. «Feuerwerk» war ein wahres Zauberwort. Jin grinste. «Richtig, Sir. Ich arbeite für die Fata Morgana Feuerwerk-Kompanie. Wir gastieren drei Tage lang in der Stadt und präsentieren unsere Vorstellung am Hotel Broken Land .»
    «Und ihr habt vergessen, eure Ausrüstung einzupacken? In New York gibt es genügend Lieferanten.»
    «Dafür haben wir keine Zeit. Wir geben heute Abend eine Vorstellung. Ich will ein paar Veränderungen durchführen.» Sie zögerte. «Diese Veränderungen – dafür sind die Substanzen auf der Liste nötig – sind meine eigene Idee. Wenn es nicht funktioniert, ziehen wir unser normales Programm durch, aber …»
    McNulty hob die Hand. «Warte mal. Deine Idee? Willst du damit sagen, dass du diese Liste zusammengestellt hast? Dass du die Chemikalien ausgewählt und die Mengen bestimmt hast? Ein paar Dinge von dieser Liste sind sehr gefährlich, weißt du? Besonders in dieser Kombination.»
    Jin kräuselte die Lippen und schaute ihn wortlos an. Sie versuchte herauszufinden, ob er scherzte oder es ernst meinte.
    «Tatsächlich?», sagte sie schließlich. «Können Sie mir vielleicht mehr darüber erzählen? Sie glauben doch nicht etwa, dass sie … nun, sagen wir, explodieren könnten, oder?»
    McNulty starrte sie seinerseits einen Moment an und brach dann in ein Gelächter aus, das klang, als hätte er es jahrelang in einer Schublade verstauben lassen. «Also schön, also schön. Schauen wir mal, was wir hier haben.»
    Es stellte sich heraus, dass McNulty

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