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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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dieses Menschen in ihrem Schlafzimmer nichts Ungewöhnliches.
    »Na, so was! Sie müssen Barnabas sein! Ich schulde Ihnen eine halbe Million Gold …«
    Er blickte auf.
    Dieser Mann hatte mich damals im Lagerhaus angegriffen, und wahrscheinlich war er derjenige, den ich von Ferne gesehen hatte, wie er Petro in seinem Ochsenkarren auf der Straße nach Capua belästigte. Dann sah ich ihn mir genauer an. Nach drei Monaten der Jagd auf den Mann im grünen Umhang erkannte ich endlich, wer er wirklich war. Die alte Mutter des Freigelassenen in Calabria hatte die Wahrheit gesagt: Barnabas war tot.
    Ich kannte diesen Mann. Es war Helena Justinas Ex-Gatte; sein Name war Atius Pertinax.
    Dem Tagesanzeiger zufolge war auch er tot.

LXI
    Für einen Mann, der vor drei Monaten ermordet worden war, sah er ganz gesund aus. Aber wenn ich ein Wörtchen mitzureden hatte, würde das nicht lange so bleiben. Das nächste Mal würde ich den Tod von Atius Pertinax selber arrangieren. Und dafür sorgen, daß er dauerhaft wäre.
    Er trug eine sehr schlichte Tunika und hatte sich einen Kinnbart wachsen lassen, aber ich erkannte ihn doch. Er war acht- oder neunundzwanzig. Helles Haar und schmale Gestalt. Er hatte fahle Augen, die ich vergessen hatte, und eine sauertöpfische Miene, die ich nie vergessen würde. Permanente Übellaunigkeit hatte die Augenpartie verengt und einen verkniffenen Zug um seinen Mund gegraben.
    Ich war ihm schon einmal begegnet. Nicht, als ich ihn auf dem Weg zur Transtiberina beschattete, sondern im Jahr zuvor. Ich spürte noch, wie seine Soldaten mich zu Brei schlugen, und hörte seine Stimme, die mich mit wüsten Schimpfnamen verhöhnte. Und ich sah noch seine käsigen Beine unter der Senatorentoga aus meiner Wohnung staksen, wo er mich – blutspuckend, hilflos – neben einer zertrümmerten Bank hatte liegenlassen.
    Er war ein Hochverräter und ein Dieb; ein Leuteschinder, ein Mörder. Und doch duldete Helena Justina ihn in ihrem Schlafzimmer. Na ja, bestimmt hatte er schon tausendmal so bei ihr gesessen, damals, in dem vornehmen, geschmackvoll eingerichteten, blaugrauen Zimmer, das er ihr im gemeinsamen Haus überlassen hatte …
    »Ich habe mich geirrt. Sie heißen nicht Barnabas!«
    »Ach nein?« Er wußte offenbar noch nicht, wie er auf mein plötzliches Erscheinen reagieren sollte.
    »Nein«, antwortete ich ruhig. »Aber offiziell ist Gnaeus Atius Pertinax Caprenius Marcellus nur noch ein Häufchen Asche in einer Urne …«
    »Jetzt verstehst du endlich das Problem!« rief Helena.
     
    Ich wunderte mich, daß sie es in so einem Augenblick fertigbrachte, dazusitzen und zu essen, bis ich merkte, wie sie an ihrem Hühnerbein knabberte: Es war gewissermaßen ein Protest; sie weigerte sich, Pertinax’ selbstverschuldeten Problemen ihren Appetit zu opfern.
    Ich trat näher. Abgesehen davon, daß ich vorhatte, ihn zu verhaften, war es gute römische Sitte, in Gegenwart eines moralisch Höherstehenden aufzuspringen. Pertinax versteifte sich, blieb aber eisern sitzen.
    »Wer zum Henker sind Sie?« Er hatte schon immer zuviel Wind gemacht. »Und wer hat Ihnen erlaubt, das Schlafzimmer meiner Frau zu betreten?«
    »Ich heiße Didius Falco. Ich gehe, wohin ich mag. Ach, übrigens – sie ist nicht mehr Ihre Frau!«
    »Ich habe schon von Ihnen gehört, Falco!«
    »Sie und ich, wir sind doch alte Bekannte. Einmal haben Sie mich sogar festgenommen«, erinnerte ich ihn, »aus einer puren Laune heraus, doch ich schmeichle mir, daß ich nicht nachtragend bin. Sie haben meine Wohnung verwüstet – dafür habe ich allerdings mitgeholfen, Ihr Haus auf dem Quirinal unter den Hammer zu bringen. Ihre griechischen Vasen haben sich gut verkauft.« Ich lächelte hämisch. »Vespasian war sehr zufrieden. Ihr Cupido von Praxiteles war dagegen eine Enttäuschung …« Ich wußte, daß Pertinax einen schwindelerregenden Preis dafür gezahlt hatte. »War nämlich nur eine Fälschung; aber das haben Sie ja wohl gewußt …«
    »Ich fand immer, er hätte zu große Ohren«, meinte Helena im Plauderton. Pertinax schwieg eingeschnappt.
    Ich rückte mit dem Absatz einen Schemel zurecht und setzte mich so, daß ich Helena schützen und ihn im Auge behalten konnte. Ob Pertinax wohl spürte, daß ich erst vor wenigen Stunden – und mit einer Leidenschaft, die mich mit Stolz erfüllte – ihr Liebhaber gewesen war? Ein Blick auf ihn belehrte mich: Er wäre nie auf den Gedanken gekommen.
    »Also, was ist passiert?« überlegte ich laut. »Im April

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