Bronzeschatten
dieses Jahres platzten plötzlich die Prätorianer herein, um Sie zu verhaften …« Er hörte mich mit so blasierter Miene an, als würde ich mich hoffnungslos lächerlich machen. »Barnabas trug Ihre Senatorentoga; die kurzsichtigen Prätorianer schleppten ihn ins Gefängnis. Er rechnete höchstens mit einer schlimmen Tracht Prügel, wenn sie hinter den Betrug kämen. Der arme Barnabas hat sich an dem Tag entschieden auf einen schlechten Handel eingelassen. Einer Ihrer Mitverschwörer beschloß nämlich, den Pechvogel im Knast zum Schweigen zu bringen …«
Pertinax krümmte sich, die schmalen Schultern vornübergebeugt, in seinem Sessel zusammen. »Schluß damit, Falco!«
»Sie kriegten bald spitz, daß Ihre Komplizen einer nach dem anderen vom Palast abgeschossen wurden.« Ich beobachtete ihn scharf, während er das schluckte. Bryon, der Trainer, hielt ihn für einen in die Enge Getriebenen, Verzweifelten; mir war er bloß unangenehm. Tatsächlich war Pertinax mir so zuwider, daß sich meine Nackenhaare sträubten, bloß weil ich im selben Raum mit ihm saß. »Falls Sie wieder auftauchten, wären Sie gebrandmarkt gewesen, genauso auf der Abschußliste wie die anderen. Nun war Ihr Halbbruder tot. Sie gaben sich für ihn aus, holten seine Leiche aus dem Gefängnis, bestatteten ihn und erwiesen ihm eine letzte Ehre, indem Sie seiner Mutter die Wahrheit erzählten. Dabei hätte ein falsches Wort von dieser bekloppten alten Hexe in Tarentum Sie entlarven können. Dann wurde Ihnen klar, daß die Ähnlichkeit zwischen Barnabas und Ihnen eine erstklassige und vielleicht dauerhafte Maske bot. Nur sitzen Sie jetzt einen Schritt von der Sklaverei entfernt fest!«
Pertinax, dessen Manieren so ungehobelt waren, wie von einem Kalabrier zu erwarten, knackte noch eine Nuß. Wäre er ein Bürgerlicher gewesen, dann hätte er nach meiner Enthüllung schon mit einem Fuß im Gefängnis gestanden. Ich wußte so gut wie er, daß ich gegen den Sohn eines Konsuls mit meinen Schlußfolgerungen allein nichts ausrichten konnte. Aus verschiedenen Gründen, die allesamt persönlicher Natur waren, hätte ich ihm liebend gern die Faust in seine Pistazien gerammt – nachdem er sie verspeist hatte.
Helena Justina war mit dem Essen fertig und räumte ihr Tablett fort. Dann kniete sie sich hin und sammelte die Schalen ein, die Pertinax verstreut hatte; ganz die Ehefrau, die vor den Dienstboten verheimlichen möchte, was für ein Klotz ihr Gatte ist. Pertinax, ganz Ehemann, ließ es geschehen.
»Sie existieren nicht mehr!« sagte ich ihm, so gehässig ich konnte, ins Gesicht. »Ihr Name wurde von der Senatorentafel gelöscht. Sie haben weniger gesellschaftlichen Rang als ein Gespenst.« Pertinax rutschte nervös auf seinem Sessel hin und her. »Und jetzt scheitern auch noch all Ihre Versuche, Kontakt zu Ihren Mitverschworenen aufzunehmen. Mußte Curtius Longinus sterben, weil er, als er Sie quicklebendig in Rom wiedersah, drohte, Sie bloßzustellen, um so Vespasians Wohlwollen für sich und seinen Bruder zu erringen?« Er schwieg. »Und auch Crispus hat jetzt eigene Pläne, in denen für Sie kein Platz mehr ist. Sie haben ihn in Oplontis getroffen. Sie versuchten, ihn unter Druck zu setzen, aber er zeigte Ihnen die kalte Schulter; hab ich recht? Ihren Platz im Triklinium bekam eine Frau – Aemilia Fausta, die noch nicht einmal geladen war –, und dann setzte Crispus mich auf Ihre Spur, in der Hoffnung, ich würde Sie ihm vom Halse schaffen. Aufidius Crispus«, sagte ich sehr betont, »treibt auch ein doppeltes Spiel und würde mit Freuden zusehen, wie man Sie erdrosselt, Pertinax!«
Helena, die noch immer am Boden kniete, setzte sich jetzt auf die Fersen.
»Das reicht«, sagte sie ruhig.
»Zu gewagt, Durchlaucht?«
»Zu gehässig. Was hast du vor, Didius Falco?«
Gute Frage. Der Ex-Konsul würde mir schwerlich erlauben, seinen geliebten Sohn mit Gewalt vom Gut fortzuschleppen.
»Mach einen Vorschlag«, sagte ich ausweichend.
Helena Justina faltete die Hände im Schoß. Wie immer hatte sie einen Plan: »Die einfachste Lösung wäre, den Verschwörer Pertinax in Frieden im Marcellus-Mausoleum ruhen zu lassen. Ich finde, mein Gatte sollte seine früheren Fehler bereuen und ein neues Leben beginnen.« Obwohl Helena ihm zu helfen versuchte, saß Pertinax unbeteiligt daneben und kaute vorwurfsvoll an den Nägeln. Er hatte nichts beizusteuern.
»Als Barnabas?« forschte ich. »Schön. Seine Kinder werden das volle Bürgerrecht bekommen;
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