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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Petro nicht bewegen, aber es wurde von Minute zu Minute dunkler, und wir konnten ihn nicht hier draußen liegen lassen. Helena requirierte ein Zimmer im Erdgeschoß (ich vermute, sie hat dafür bezahlt), und wir trugen ihn auf einer behelfsmäßigen Bahre hinein.
    Von Rechts wegen wäre er tot gewesen. Ein kleinerer Mann hätte den Schlag nicht überlebt. Ich hätte ihn nicht überlebt. Vermutlich hielt irgendein Schurke, der auf Schläge mit stumpfen Gegenständen spezialisiert war, mich jetzt für tot.
    Petro lag in tiefer Bewußtlosigkeit; sein Zustand war gefährlich. Selbst wenn er wieder zu sich kam, würde er vielleicht nie mehr er selbst sein. Aber er war ein kräftiger, kerngesunder Mann mit Vitalität und Ausdauer. Larius schaffte einen Arzt bei, der die Wunde behandelte, uns erklärte, Petronius habe nicht viel Blut verloren, und meinte, wir könnten nun nichts weiter tun als ihn warmhalten und abwarten.
    Helena tröstete die Kinder. Helena richtete Silvia mit Decken und Kissen ein bequemes Lager in Petros Krankenzimmer. Helena bezahlte den Arzt, scheuchte die Gaffer fort und beruhigte Ollia und Larius. Ich sah sie sogar zusammen mit Ollia die Kätzchen der Kinder füttern. Dann schickte sie einen Boten zur Villa hinauf, der ausrichten sollte, sie würde die Nacht über hier bleiben.
    Ich machte die Runde um den Gasthof, wie Petro es sonst abends tat.
    Ich stand draußen auf der Straße, lauschte in die Dunkelheit und sann auf Rache. Ich war mir sicher, wer dahintersteckte: Atius Pertinax.
    Ich ging in den Stall und fütterte Nero. Als ich wieder in das Zimmer kam, wo Petro lag, saß Silvia mit Tadia im Arm vor seinem Bett und wiegte das Kind in den Schlaf. Ich lächelte, aber wir redeten nicht miteinander, um die Kleine nicht wieder munter zu machen. Ich wußte, daß Silvia mir die Schuld gab. Ausnahmsweise hatten wir einmal keinen Grund, uns zu streiten: Ich fühlte mich schuldig.
    Ich löschte alle Kerzen bis auf eine und hielt dann bei ihm die Nachtwache. Sein Gesicht wirkte seltsam eingefallen. Und unter den Schrammen und blauen Flecken des Sturzes, war es so bleich und ausdruckslos, daß ich ihn kaum wiedererkannte. Wir waren seit zehn Jahren Freunde; wir hatten am Ende der Welt, in Britannien, zusammen in einer Kaserne gehaust und später auf den Gewaltmärschen während der Ionier-Unruhen ein Zelt geteilt. Daheim in Rom hatten Petro und ich seither mehr Weinkrüge geteilt, als ich hätte zählen mögen, hatten gegenseitig über unsere Mädchen gespottet und über unsere Gewohnheiten gelacht, Gefälligkeiten und Scherze getauscht und nur dann gestritten, wenn seine Arbeit mit meiner kollidierte. Er war für mich der Bruder, der mein leiblicher Bruder, der Held, nie hatte sein können.
    Er merkte nicht, daß ich bei ihm war. Irgendwann stahl ich mich hinaus; seine beiden größeren Töchter schliefen zusammengerollt an seiner Seite.
     
    Ich schlich die Treppe hinauf und in Petros altes Zimmer. Hier drehte ich die Matratze um und fand Petros Schwert. Ich nahm es mit und lehnte es an mein Bett.
    Im anderen Zimmer sprach Helena mit Ollia und Larius; ich steckte den Kopf zur Tür hinein, um die Häupter meiner Lieben zu zählen, und brachte es fertig, Helena majestätisch zurechtzuweisen. »Das war ganz und gar unnötig, aber danke, daß du geblieben bist. Ohne dich hätten wir hier das reinste Chaos. Ich will dich nicht mit unseren Sorgen belasten …«
    »Deine Sorgen sind meine Sorgen«, erwiderte Helena ruhig.
    Ich lächelte, von Rührung übermannt, dann gab ich Larius einen Wink. »Schlafenszeit!«
    Aber Helena hatte Ollia eben dazu bewegt, sich ihr anzuvertrauen, und Larius schien mit zu diesem Seminar zu gehören; ihre Stimmengemurmel drang noch geraume Zeit zu mir herüber.
     
    Es war um die dritte Stunde des neuen Tages. Ich lag, die Arme verschränkt, auf dem Rücken, den Blick auf die Fensternische an der gegenüberliegenden Wand gerichtet, und wartete auf den Morgen und meine Chance, Rache zu nehmen. Eine Diele knarrte; ich erwartete Larius, aber es war Helena.
    Wir kannten einander so gut, daß es keiner Worte bedurfte. Ich streckte ihr die Hand hin und rückte auf dem grauenhaften Bett zur Seite. Sie blies die Lampe aus, dann löschte ich mein Bettlicht.
    Ich lag noch immer auf dem Rücken, aber jetzt waren meine Arme fest um Helena geschlungen. Ihre kalten Füße fanden eine Kuhle zwischen meinen Beinen, um sich zu wärmen. Ich erinnere mich deutlich, wie wir beide in dem Moment

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