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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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besser, als es den Anschein hatte; während wir wie wild herumpirouettierten, erleichterte er mich um meine Börse: die mit Kieselsteinen gefüllte, die ich für Straßenräuber wie ihn stets bei mir trage.
    Ich legte ein paar Straßen im Laufschritt zurück, für den Fall, daß er sich bei mir beklagen wollte.
     
    Ich erreichte die Villa ohne weitere Zwischenfälle. Wegen der Sperrstundenregelung in Rom konnten wir Rollfahrzeuge nur nach Einbruch der Dunkelheit auf den Quirinal bringen; ein Erbschaftsverwalter betreibt ein gespenstisches Geschäft. Vier Karren standen jetzt vor dem Hauptportal und wurden von den Gehilfen des Auktionars beladen: Zwischen Diwane aus indischem Zitronenholz und lackierte ägyptische Anrichten zwängten sie Lampen, um das Gewicht auszubalancieren. Ich unterstützte die Träger, die gerade einen fest verschraubten Wäscheschrank durch die Halle schleppten.
    »Falco!«
    Gornia, der Aufseher, wollte mir etwas zeigen. Unsere Schritte hallten in dem leeren roten Flur wider, als wir auf ein Schlafzimmer zusteuerten, das ich bisher noch nicht betreten hatte. Die getäfelte Tür wurde von zwei Porträtbüsten eingerahmt.
    »Oh, wunder schön!«
    Ein Damenzimmer: eine köstliche Oase der Ruhe. Fünfmal so groß wie jeder der Räume, in dem ich bisher gewohnt hatte, und noch dazu um die Hälfte höher. Die Bemalung der unteren Wandtäfelung täuschte taubengrauen Marmor vor, die obere Hälfte des Raumes war in Himmelblau gehalten, mit zarten Pastellborten als Deckenabschluß; im Zentrum jeder Wand prangte ein Medaillon. Das Fußbodenmosaik bildete verschlungene Muster in Grautönen, natürlich exklusiv für dieses Zimmer entworfen. Auch der Platz für das Bett war eigens geplant; dort hatte man die Decke etwas abgesenkt und so eine behagliche Schlafnische geschaffen.
    Das Bett war nicht mehr da. Überhaupt war nur noch ein einziger Gegenstand übriggeblieben. Gornia deutete auf eine kleine, aus orientalischem Holz geschnitzte Truhe mit vier runden, bemalten Füßen.
    »Indische Importware? Gibt es dazu einen Schlüssel?« Gornia reichte mir ein kühles Messinginstrument. Dabei sah er mich so ängstlich an, als fürchte er, wir könnten ein mumifiziertes Baby entdecken. Ich blies den Staub vom Schloß und schloß auf.
    Nichts Wertvolles. Alte Briefe und ein paar schlichte Bernsteinketten, in Form und Farbe ganz willkürlich zusammengewürfelt. So etwas hebt ein hoffnungsvolles junges Mädchen für den Tag auf, an dem sie einmal ein Kind hat, das damit spielt. Das Schriftstück, das zuoberst lag, machte Appetit: Steinbutt in Kümmelsauce.
    »Nichts für Anacrites. Behalten Sie die Truhe; ich werde das Nötige veranlassen …« Gornia bedankte sich, und zwei Träger trugen sie fort.
    Ich blieb allein zurück und kaute an meiner Unterlippe. Inzwischen war mir klar, wer einmal in diesem Zimmer gewohnt hatte: Helena Justina, die Ex-Frau des Verschwörers.
    Das Zimmer gefiel mir. Und sie ebenso. Sie gefiel mir so ausnehmend gut, daß ich versucht hatte, ihr aus dem Weg zu gehen.
    Und nun machte eine alte Truhe, die einmal ihr gehört hatte, mir Herzklopfen, als wäre ich ein liebeskranker Zwölfjähriger.
     
    Jetzt war das Zimmer leer bis auf einen wuchtigen Kronleuchter an einer vergoldeten Kette. Ein Luftzug ließ seine kostbaren Kristalle klingeln, und bizarre Schatten geisterten über die Wände. Ich floh durch eine Falttür in ein ummauertes Gärtchen – eigentlich nur ein Ruheplatz mit Feigenbaum und ein paar Rosmarinsträuchern. Bestimmt hatte Helena gern hier gesessen; morgens, um ihre warme Ptisane zu trinken, und nachmittags zum Briefeschreiben.
    Ich ging wieder hinein und stellte mir vor, wie dieses schöne Zimmer einmal ausgesehen haben mochte, als es noch ihre persönlichen Dinge barg: ein hohes Bett und die unvermeidlichen Korbsessel und Schemel; Vitrinen und Regale; Parfumflakons und Ölfläschchen; silberne Schminktiegel; Sandelholzschachteln für Schmuck und Halstücher, Spiegel und Kämme; Kleidertruhen. Zofen, die geschäftig hin und her eilen. Eine Harfenistin, die ihr vorspielt, wenn sie traurig ist. (Dazu war reichlich Zeit: vier unglückliche Jahre.)
    Pertinax hatte in einem anderen Flügel geschlafen. So sind sie, die Reichen. Wenn Pertinax wünschte, daß seine edle junge Frau ihm seine ehelichen Rechte gewährte, schickte er einen Sklaven, der sie durch zugige Gänge zu ihm führte. Vielleicht war sie manchmal auch aus eigenem Antrieb zu ihm gegangen, aber das bezweifelte

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