Bronzeschatten
Gefährtin am Portikus fest und betrat das Heiligtum.
»Danke für das Angebot, bei Ihnen zu baden«, rief ich schon von weitem. »Ich gebe zu, daß ich mich mittlerweile als Sklaven an einen einäugigen nabataeanischen Kameltreiber verkaufen würde, wenn er mir zuvor nur eine Stunde in einem Dampfbad gewährt! Senator, wir müssen dringend über Ihren Aufenthalt hier sprechen!«
»Domitian Cäsar hat mein Reisegesuch bewilligt …«
»Ich meine, ob Sie in Kroton sicher sind. Der Kaiser wird Ihren Urlaub bestätigen.« Er machte ein verdutztes Gesicht. »Der Kaiser hat die Parole ausgegeben, daß Domitian Cäsars offizielle Amtshandlungen zu unterstützen sind.«
»Und was ist mit den inoffiziellen?« Er lachte bitter.
»Oh, die Parole lautet, ihn aufs schärfste zurechtzuweisen – und sie dann lächelnd zu vergessen.«
Wir gingen hinaus zur Vortreppe.
Gordianus bewegte sich langsam, immer noch wie betäubt von seinem schmerzlichen Verlust. Er setzte sich und sackte sofort in sich zusammen wie Sauerteig in einer Schüssel.
»Sie sind um Ihren Job nicht zu beneiden, Falco!«
»Oh, er hat auch seine Vorteile: viele Reisen, Bewegung an der frischen Luft, Umgang mit Leuten aus allen Schichten …« Die Ziege zerrte so lange an ihrem Strick, bis sie auf meinem Tunikaärmel herumkauen konnte. Ich scheuchte sie mit beiden Händen zurück; sie meckerte mit blödem Gesicht.
»Gewalttätig werden und Unheil verkünden!« höhnte Gordianus. Ich beobachtete ihn über den Schopf der Ziege hinweg und kraulte ihre großen weißen Ohren; sie kniete nieder und machte sich daran, meinen Gürtel weichzukauen. »Falco, was wissen Sie über diese Geschichte?«
»Also, um mich vorsichtig auszudrücken: Es gibt viele Leute – auch abgesehen von den Anhängern des verstorbenen, nicht sonderlich beweinten Kaisers Vitellius –, die die neue Dynastie nicht rückhaltlos begrüßen. Dennoch ist wohl klar, daß die Flavier bleiben werden. Der Senat hat Vespasian einstimmig im Amt bestätigt. Er ist schon ein halber Gott, und alle klugen Sterblichen setzen eine ehrerbietige Miene auf … Sind Sie bereit, mit anzuvertrauen, was Ihr Bruder dem Kaiser sagen wollte?«
»Er sollte für uns beide sprechen. Wir hatten, wie Sie sich auszudrücken belieben, eine ehrerbietige Miene für die Flavier aufgesetzt.«
»Das ist bitter«, versetzte ich mitfühlend. »Da muß Sie ja der Unfall Ihres Bruders besonders hart getroffen haben …«
»Sie meinen seine Ermordung!«
»Ja … aber was konnte er dem Kaiser mitteilen wollen, das jemand anders unbedingt verhindern mußte?«
»Nichts!« schnauzte Gordianus mich ungeduldig an. Ich glaubte ihm. Es ging hier also um etwas, was Longinus erst nach seiner Rückkehr nach Rom herausgefunden hatte … Während ich noch darüber nachgrübelte, meinte Gordianus verletzt: »Sie denken sicher, daß alles allein unsere Schuld ist.«
»Nicht ganz. Curtius Gordianus, es gibt tausenderlei Unglücksfälle mit tödlichem Ausgang. Ein Schreiber im Büro des Censors hat mir einmal erklärt, daß Bleirohre ebenso wie Kupferkessel oder Pilze, von jungen Frauen für ihre betagten Gatten zubereitet, ja selbst Schwimmen im Tiber und Gesichtscremes lebensgefährlich sein können; aber vielleicht war der Mann bloß ein Pessimist …«
Gordianus wiegte sich unruhig hin und her. »Mein Bruder wurde vorsätzlich getötet, Falco. Und Ersticken ist ein qualvoller Tod!«
Ich stellte ganz leise richtig: »Der Tod durch Ersticken tritt sehr rasch ein. Und soweit man weiß, müssen die Opfer kaum leiden.«
»Mein Bruder und ich«, erklärte er nach einiger Zeit, »hielten Flavius Vespasianus für einen sabinischen Abenteurer aus talentloser Familie, der das Imperium zum Gespött machen und ruinieren würde.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich bin überzeugter Republikaner – aber auf Vespasian lasse ich nichts kommen.«
»Weil Sie für ihn arbeiten?«
»Ich arbeite für Geld.«
»Und wenn Sie genug haben, steigen Sie aus?«
»Ich tue meine Pflicht!« erwiderte ich scharf. »Ich zahle meine Steuern und versäume keine Wahl! Ich bin hier, um Sie und Vespasian miteinander auszusöhnen, damit er Zeit bekommt, um aus den Trümmern, die er von Nero geerbt hat, wieder etwas aufbauen zu können.«
»Ist er der Aufgabe gewachsen?«
Ich zögerte. »Sieht ganz so aus.«
»Ach, Falco, für die meisten Römer bleibt er trotzdem ein Abenteurer.«
»Oh, ich glaube, das weiß er!«
Gordianus starrte aufs Meer hinaus. Er war
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