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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Palastbote ist ein undankbarer Beruf. Erst sind die homerischen Helden, die auf dem Markt von Kroton Hühner verkaufen, über mich hergefallen und dann Ihr dämliches Personal …«
    Ich genoß die Tirade, schließlich mußte ich mir Autorität verschaffen. Dank seiner edlen Abstammung konnte Gordianus jederzeit auf den Beistand des Senats bauen; ich arbeitete für Vespasian, und wenn ich einen Senator – und sei er auch ein Verräter – gegen mich aufbrachte, dann konnte ich mitnichten auf den Kaiser bauen.
    »Milo behauptet, Sie wollen mich nicht empfangen. Mit Verlaub, Senator, aber das ist sinnlos und außerdem eine Beleidigung für den Kaiser. Soll ich denn nach Rom zurückkehren mit der Botschaft für Vespasian, daß seine Hoheitsgebiete in der Magna Graecia endlich eine starke Hand bräuchten und der Pontifex im Tempel der Hera sich weigert, das Schicksal seines älteren Bruders zu erfahren?«
    »Was denn für ein Schicksal?« Curtius Gordianus durchbohrte mich mit einem Blick voll Verachtung. »Ist mein Bruder etwa eine Geisel? Will Vespasian mir drohen?«
    »Dafür ist es zu spät, Senator. Sie und Ihr Bruder haben sich mit jemandem angelegt, der weit weniger Skrupel hat als der Kaiser.«
    Als ich nun endlich seine volle Aufmerksamkeit hatte, schilderte ich in knappen Worten den Tempelbrand.
     
    Er saß ausgestreckt auf einer Ottomane. Als ich ihm sagte, Curtius Longinus sei tot, zuckte er unwillkürlich zusammen und schwang seine klobigen Beine vom Sitz. Dann lähmte ihn das schreckliche Ende, das sein Bruder gefunden hatte, mitten in der Bewegung. Er verharrte in unangenehm verkrampfter Stellung und konnte offenbar die Tragödie nicht fassen, solange ein Fremder ihn beobachtete.
    Ich besann mich auf meine guten Manieren und ging leise hinaus, um die Porphyrurne zu holen. Draußen streichelte ich mein Maultier, schaute aufs Meer hinaus und ließ die Sonnenstrahlen meine Haut wärmen. Der schmerzliche Verlust, der dieses Haus getroffen hatte, betraf mich zwar nicht, aber das Überbringen von Unglücksbotschaften ist bedrückend. Ich löste die Schnur, die die beiden Teile der großen Vase zusammenhielt, lugte hinein und schloß den Deckel schnell wieder.
    Die Asche eines Menschen ist ein kümmerliches Häufchen.
     
    Als ich wieder ins Zimmer trat, stand Gordianus mühsam auf. Ich räumte ein Tischchen ab, um Platz für die Urne seines Bruders zu schaffen. Zornesröte stieg ihm ins Gesicht, aber gleich darauf hatte er sich wieder in der Gewalt und verbarg seinen Schmerz vor mir.
    »Ist das Vespasians Antwort?«
    »Senator?« Ich sah mich nach einem Platz für die Tintenfäßchen und Pistazienschalen um, die ich fortgenommen hatte, um die Urne absetzen zu können.
    »Mein Bruder wurde nach Rom zitiert, um unseren Standpunkt zu vertreten …«
    »Der Kaiser hat gar nicht mit ihm gesprochen«, unterbrach ich und packte die Nippsachen auf ein Bord. »Vespasian hat Ihrem Bruder ein ehrenhaftes Begräbnis ausgerichtet und diese Urne aus seiner Privatschatulle bezahlt. Wenn Sie sich gefaßt haben, Senator, dann will ich versuchen, Ihnen zu erklären …«
    Der Priester der Hera griff nach einer kleinen Bronzeglocke und läutete sie ungestüm. »Verlassen Sie auf der Stelle mein Haus!«
    Mit einer Einladung zum Mittagessen hatte ich freilich nicht gerechnet.
    Bedienstete stürzten ins Zimmer; angesichts der Erregung des Priesters blieben sie wie angewurzelt stehen. Bevor er ihnen befehlen konnte, mich achtkantig rauszuschmeißen, machte ich ihn noch mit ein paar wichtigen Tatsachen bekannt.
    »Curtius Gordianus, Ihr Bruder wurde das Opfer eines Freigelassenen, der zu Atius Pertinax Marcellus gehörte. Sie werden ja wissen, wie Pertinax gestorben ist. Dieser Freigelassene, Barnabas, machte offenbar die Bundesgenossen seines Herrn für dessen Tod verantwortlich; er hat Ihren Bruder getötet. Und vielleicht wird er als nächstes an Ihnen Rache nehmen! Senator, ich bin hier, um Sie des kaiserlichen Wohlwollens zu versichern. Sie werden die vorgeschriebene neuntägige Trauer einhalten wollen. Danach hoffe ich, Sie wiederzusehen.«
    Draußen in der Halle stieß ich mit Milo zusammen, der eben angekommen war. Er hatte eine mordsmäßige Beule an der Stirn, und mittendrin eine Platzwunde.
    Ich wiegte nachsichtig den Kopf. »Das ist aber ein böser Kratzer! Mach dir keine Sorgen um die Urne: Ich hab das Blut abgewaschen!«
    Ich war zur Tür hinaus, bevor er antworten konnte.
     
    Als ich wieder zum Tempel kam, stolperte

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