Bronzeschatten
lohnende Masche! Gordianus hatte den Spaß eines aufregenden Komplotts mit seinen Kumpanen gehabt und sich hinterher einfach nach Colonna zurückgezogen, den frisch gebackenen Bries vom Altar weggeschleckt und in aller Seelenruhe auf seine Belohnung gewartet. Ich sagte nichts, aber vielleicht konnte man mir am Gesicht ablesen, was ich dachte.
Wir hatten eine kurze, ergebnislose Debatte über Geld, dann starrte Vespasian mich wieder auf eine so merkwürdige Art an, daß mir langsam mulmig wurde. Wieder hatte ich das schmerzliche Gefühl, vom geheimen Hofprotokoll ausgeschlossen zu sein, aber kurz bevor ich vor lauter Entrüstung drauf und dran war, alles hinzuschmeißen und ein halbes Jahr auf dem Aetna die Schafe zu hüten, sagte er trocken: »Ich hätte Sie auch hinter dem Sportsegler herschicken sollen!«
Ich brauchte einen Moment, ehe ich begriff, daß hier vielleicht ein neuer Auftrag winkte.
»Ach ja?« fragte ich (beiläufig).
»Hmm!« brummte er (mit grimmigem Lächeln). »Anacrites beteuert zwar, er hätte sein Bestes getan, aber meinen Brief an Crispus hat er zurückgebracht mit dem Vermerk ›Empfänger unbekannt‹«.
»Ach, was für ein Pech!« rief ich aus.
Das Gefühl, das jetzt in mir aufkeimte, war mir schon wesentlich lieber. Der Kaiser muß das gemerkt haben.
»Sie werden wohl«, bemerkte er leutselig, »so kurz nach Ihrer Rückkehr nicht schon wieder fort wollen aus Rom?«
Ich machte ein ernstes Gesicht und schüttelte den Kopf. »Ich habe eine alte Mutter, Cäsar, die mich nur ungern wegläßt. Außerdem«, fügte ich bedächtig hinzu, denn das Folgende war mir ernst, »außerdem hasse ich Aufträge, an denen schon wer anders herumgemurkst und dabei alle Spuren zertrampelt hat.«
»Dafür habe ich vollstes Verständnis. Aber Aufidius Crispus gehört halb Latium«, erklärte Vespasian, nicht ohne einen Anflug von Neid in der Stimme. »Da muß ich mir doch Sorgen machen, wenn er gar nichts von sich hören läßt.«
Latium war traditionelles Anbaugebiet für Wein und Oliven. Ein neuer Kaiser, der seine Widersacher an die Kandare nehmen wollte, durfte einen Latiner, der unter den Winzern seiner Heimat tonangebend war, nicht aus den Augen verlieren.
Ich grinste den Kaiser an. Keiner von uns erwähnte das geheiligte Wort »Diplomatie«.
»Tja, Cäsar, viele Leute schrecken zurück, wenn ein Palastspitzel sie grüßt!«
»Crispus könnte noch sehr viel unangenehmeren Besuch bekommen. Ich möchte, daß Sie ihn warnen – als freundschaftliche Geste meinerseits. Suchen Sie ihn, Falco; und finden Sie ihn, bevor Barnabas es tut!«
»Ich finde ihn bestimmt. Alles, was dazu nötig ist, wäre ein neues Gesicht, jemand, der nicht aussieht wie ein Staatsbeamter …«
»Genau! Der Brief liegt bei meinem Sekretär. Es ist erstklassiger Papyrus. Wenn Sie Crispus treffen, dann passen Sie auf, daß er Ihnen nicht gleich in den Weinbecher fällt.«
Ich wies darauf hin, daß die Preise am Golf von Neapolis berüchtigt seien, konnte ihn aber nicht zu einer Erhöhung meines Tagessatzes bewegen.
»Sie können auf Staatskosten reisen«, war die einzige Konzession, zu der er bereit war. »Wir haben da ein Schiff mit Namen Circe , das ich Pertinax’ Vater zurückgeben will. Der Heimathafen war, soviel ich weiß, Pompeji. Sie können Sie dem alten Herrn bringen.«
Ich beschloß im stillen, für mich selbst doch lieber eine Reisemöglichkeit über Land zu besorgen. Trotzdem eröffnete der freie Zugang zu einem Handelsschiff gewisse Perspektiven. Plötzlich erinnerte ich mich wieder einer bislang sträflich vernachlässigten Ware, mit der sich zum einen mein Lebensunterhalt aufbessern ließe und die zum anderen den Grundstock für eine glaubhafte Maskerade liefern würde … Ich würde in Campania als Reisender in Blei auftreten.
Auf dem Rückweg schaute ich noch einmal kurz in Anacrites’ Kabuff vorbei, wo er immer noch über einem Stoß langweiliger Rechnungen brütete. Ich schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und winkte ihm obendrein fröhlich zu, um ihn ein wenig aufzuheitern.
Anacrites warf mir einen Blick zu, der keinen Zweifel zuließ: Ich hatte mir gerade einen Feind fürs Leben gemacht.
Anacrites zum Trotz besserte sich meine Laune beträchtlich, während ich die Reise nach Neapolis vorbereitete. Einen Ex-Putschisten hatte ich ohne größere Schwierigkeiten aufgestöbert. Warum sollte ich bei diesem zweiten weniger Glück haben? Männer aufspüren und Frauen nachsteigen – das war mein
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