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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Schiff geflüchtet, das irgendwo in dieser Gegend gesichtet wurde …«
    »Wo genau?« hakte sie nach.
    »Tja, also zufällig vor der Küste von Oplontis.«
    Silvia war unerbittlich: »Wir sind also nicht durch Zufall in diesem elenden Nest gelandet!« Ich versuchte es mit einer unverbindlichen Miene. »Und was wirst du tun, wenn du dieses Schiff gefunden hast, Falco?«
    »Dann rudere ich raus und rede mit ihm.«
    »Dazu brauchst du meinen Mann ja wohl nicht!«
    »Nein.« Innerlich fluchte ich. Ich kann rudern, hatte mir aber vorgestellt, daß Petronius die Knochenarbeit übernehmen würde, während ich das Steuer übernahm. »Es sei denn«, begann ich vorsichtig, »du kannst ihn für eine Weile entbehren … dann könnte er mit nach Pompeji kommen und mir helfen, eine Ladung Bleibarren zu löschen, die ich als Tarnung brauche.«
    »Nein, Falco!« Silvia schäumte.
    Petronius blieb stumm. Ich wich seinem Blick aus.
    Arria Silvia warf mir einen Blick zu, der so giftig war wie Eisenhut. »Wozu fragst du mich eigentlich? Ihr beide macht ja doch, was ihr wollt!«
    Der richtige Zeitpunkt, um mit Larius nach oben zu gehen und auszupacken.
     
    Das dauerte nicht lange. Unsere Zimmer fanden wir am Ende eines finsteren Korridors. Es waren zwei muffige Kabuffs, von deren Lehmwänden der Putz abblätterte. Unebene Weichholzleisten ersetzten die schadhafte Bettbespannung. Wir schlugen unsere Strohsäcke zurück, um nach Wanzen zu fahnden, aber eine Wanze, die auf Bequemlichkeit hielt, hätte hier nirgends ein Nest gefunden; der grobe Bezug war speckig vor Dreck und barg nur ein paar kümmerliche Strohbüschel, die uns in den Rücken pieksen würden wie Berggeröll.
    Ich vertauschte meine Stiefel mit Sandalen und ging wieder nach unten. Ich wollte vorschlagen, daß wir Erwachsenen irgendwo Essen gingen und Ollia bei den Kindern blieb. Larius kramte in einem Ranzen herum; er sollte mir folgen. Unten an der Treppe blieb ich stehen und brüllte zu ihm hinauf, weil der zerstreute Luftikus rumtrödelte.
    Petronius Longus saß noch immer am alten Platz; den Kopf an die Pergola gelehnt, die langen Beine ausgestreckt und das Gesicht entspannt, genoß er den Abendfrieden. Er haßte Streit, konnte ihn aber, wenn er unvermeidlich war, relativ unbeschadet über sich ergehen lassen. Jetzt, da er nicht mehr zu fahren brauchte, begann er, allen Widrigkeiten zum Trotz, sich wohl zu fühlen. Sein brauner Schopf war noch zerzauster als gewöhnlich. Der Becher in seiner Hand war leer. Den anderen Arm hatte er um seine Frau gelegt.
    Nach fünfjähriger Erfahrung mit den Fährnissen der Ehe kamen diese beiden, wenn sie allein waren, viel besser zurecht, als ihr Auftreten in der Öffentlichkeit vermuten ließ. Arria Silvia war an Petros Seite geschlüpft. Sie weinte, war jetzt einfach eine enttäuschte junge Frau, die sich über Gebühr verausgabt hatte. Petro ließ sie an seiner breiten Schulter schluchzen, während er weiter vor sich hin träumte.
    Gerade als ich mich an dieser weisen Lektion übers Eheleben erbauen wollte, trocknete Silvia sich die Augen. Ich sah, wie Petro in die Gegenwart zurückfand und sie fester an sich zog. Ich kannte ihn seit Jahren und hatte ihn mehr Frauen küssen sehen, als seine Frau hätte wissen dürfen; jetzt gab der alte Taugenichts sich sehr viel mehr Mühe und ihr nicht nur einen flüchtigen Schmatz, um den häuslichen Frieden wiederherzustellen. Hinterher sagte er etwas zu ihr, aber ganz leise, und sie antwortete ihm. Dann standen beide auf und spazierten, eng umschlungen und die Köpfe dicht aneinandergeschmiegt, auf die Straße hinaus.
    Ich spürte ein heftiges Zerren in den Eingeweiden, das freilich nichts mit dem Magen zu tun hatte. Larius erschien. Ich erklärte ihm, ich hätte meine Meinung geändert, und zerrte ihn ins Haus zurück. Die schwierige Phase, die mein Neffe durchmachte, äußerte sich unter anderem darin, daß der junge Brummbär, egal, wo man ihn hinbrachte, immer ein Gesicht machte, als wäre er lieber zu Hause geblieben.

XXIV
    Am nächsten Tag schien die Sonne; in meiner Stimmung überraschte mich das.
    Ich machte einen Spaziergang durch den Ort; rechts und links von mir schimmerten die beiden Arme der Bucht im zartgrauen Dunst. Capri, das vor mir liegen mußte, war ganz in Nebel gehüllt, und wenn ich mich umdrehte, war auch der Kegel des Vesuvius nur als verschwommener Schattenriß zu erkennen. Die milchige, alles verhüllende Dunstglocke würde bald einem heißen, strahlend blauen Tag

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