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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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je reicher eine Familie war, desto riesiger der Lustzapfen, den der Gott der Fortpflanzung den Bewohnern an der Tür entgegenstreckte. Fremde hatten es gar nicht so leicht, zwischen einem Bordell und einem Privathaushalt zu unterscheiden. (Nach dem liederlichen Ruf der Stadt zu urteilen, machte es wohl nicht viel aus, wenn man sich mal irrte.)
    Als sie meinen Neffen gewahr wurde, der mit seinem staunenden Unschuldsblick durch die Gegend lief, lächelte eine Prostituierte vor einem echten Hurenhaus ihn mit ihren paar schwarzen Zahnstummeln an. »Hallo, Kleiner! Hast du Lust, ein hübsches Mädchen kennenzulernen?«
    In einer Kreidezeichnung an der Wand des Bordells demonstrierte der Gott der Fruchtbarkeit wieder einmal sehr plastisch, was von einem Jüngling erwartet wurde; die Puffmutter wirkte allerdings nicht sehr vertrauenswürdig.
    »Wir schauen uns nur ein bißchen um«, entschuldigte ich uns freundlich. Larius duckte sich wieder unter meine Fittiche. »Tut mir leid, Großmama …« Aus unerfindlichen Gründen fing die alte Vettel an zu keifen. Petronius wurde nervös, und so verzogen wir uns in den sicheren Hafen eines Weingartens.
    »Denk bloß nicht, daß ich dich mit dem Laster bekannt mache«, raunte ich Larius zu. »Deine Mutter will, daß ich auf dich aufpasse. Frag deinen Vater, wenn wir heimkommen.«
    Der Mann meiner Schwester Galla war ein fauler Flußschiffer, für den nur der Umstand sprach, daß er so gut wie nie daheim war. Er war ein hoffnungsloser Schürzenjäger. Wir hätten das allesamt verkraften können, wenn es meiner Schwester nichts ausgemacht hätte, aber Galla war ungewöhnlich heikel und litt darunter. Manchmal verließ er sie; öfter noch warf sie ihn raus. Gelegentlich ließ sie sich erweichen, »um der Kinder willen« (dieses abgeleierte alte Märchen); wenn sie Glück hatte, blieb der Familienvater einen Monat lang, dann hängte er sich an das nächste kurzsichtige Blumenmädchen, meine Schwester brachte noch ein armes Wurm zu Welt, und die ganze Brut war wieder einmal sich selbst überlassen; wenn sie gar nicht mehr aus noch ein wußten, schickte man die Kinder zu mir.
    Larius zog wie üblich einen Flunsch. Ich wußte nicht, ob vor Verlegenheit, oder weil ich ihn so fest an die Kandare nahm.
    »Kopf hoch!« ermunterte ich ihn. »Wenn du denn wirklich dein Taschengeld zum Fenster rauswerfen willst, frag Petronius, wieviel es kostet. Er ist ein Mann von Welt …«
    »Ich bin glücklich verheiratet!« protestierte Petronius – bequemte sich dann aber doch, meinem Neffen zu erklären, daß man für einen Kupferas eine ganz passable Einführung bekäme.
    »Ich wünschte«, meinte Larius arrogant, »man würde endlich aufhören, mir gute Laune zu verschreiben!« Damit schlurfte er zu dem Brunnen an der Kreuzung und trank einen Schluck Wasser. Ein Zuhälter sprach ihn an, und er kam schnell zurück; Petro und ich taten so, als hätten wir nichts gesehen.
    Ich lehnte an der Theke, steckte die Nase in den Becher und versuchte mich mit der Tatsache abzufinden, daß ich ein halbes Dutzend Neffen hatte. Gallas mürrischer Larius war nur der erste in der Reihe, der mit Vierzehn seine Knabentunika abstreifte. Da mein eigener Vater sich verkrümelt hatte, war ich zum Familienoberhaupt aufgerückt. Da war ich nun in die hohe Politik hineingestolpert, durchstreifte die Küste nach einem Renegaten, versteckte mich vor einem Mörder, verzehrte mich vor Kummer, weil die Frau, an der mein Herz hing, mir den Laufpaß gegeben hatte – und hatte obendrein noch meiner Schwester versprochen, daß ich ihren Sohn auf dieser Reise irgendwann über die Geheimnisse des Lebens aufklären würde. Falls das seine gräßlichen Schulfreunde nicht bereits erledigt hatten … Petronius Longus ist immer gut zu einem Mann, der in einer Krise steckt; er klopfte mir auf die Schulter und bezahlte großzügig für mich mit.
    Als wir hinausgingen, ertappte ich mich dabei, wie ich mich verstohlen umblickte, als fürchtete ich, ein finsteres Gespenst im grünen Umhang könne mir nachschleichen.

XXV
    Wir waren mit einem Mann verabredet. Wie unter diesen Umständen üblich, waren wir darauf gefaßt, daß er uns an der Nase herumführen und dann bis aufs Hemd ausnehmen würde. Da der Mann ein Klempner war, konnte man praktisch damit rechnen.
    Unser Weg führte uns nordwärts, vorbei am Fortuna-Augustus-Tempel, zum Wasserturm neben dem Vesuvius-Tor. Pompeji verfügte über vernünftig angehobene Bürgersteige, aber um die Zeit,

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