Bronzeschatten
Unterdessen trieb Larius sich auf den Pieren herum und hielt Ausschau nach der Isis Africana.
Da unsere Nachforschungen beharrlich erfolglos blieben, verlor das Bleiverhökern allmählich seinen Reiz. Das war das Zermürbende am Job eines Privatermittlers: dauernd Routinefragen stellen zu müssen, ohne brauchbare Antworten zu bekommen; mich bis zur Erschöpfung abzurackern, immer mit dem unbehaglichen Gefühl im Hinterkopf, daß mir das eigentlich Wichtige entgangen sei. Ich trat buchstäblich auf der Stelle. Das bedrückte mich so, daß ich mich nie richtig entspannen konnte, ja nicht einmal mehr die Gesellschaft meiner Freunde heiterte mich auf. Mein Magen machte mir zu schaffen. Sämtliche Moskitos der Phlegraeanischen Sümpfe hatten meine Witterung aufgenommen und stürzten sich auf diesen einmaligen Festschmaus. Ich hatte Heimweh nach Rom. Ich wünschte mir eine neue Freundin, aber obgleich mir eine Menge Frauen über den Weg liefen, war keine darunter, die mir gefiel.
Larius gegenüber versuchte ich, fröhlich zu wirken, aber langsam wurde auch seine angeborene Gutmütigkeit arg strapaziert. Eines Tages regnete es zu allem Überfluß auch noch eine Weile. Nero kriegte schlechte Laune und war kaum zu bändigen. Schließlich ließen wir ihn nach eigenem Gusto dahinzockeln.
So landeten wir auf einer typischen Campaniastraße, die sich zwischen üppigen Rebenfeldern und Gemüsegärten dahinschlängelte. Prächtige Kohlköpfe standen in Reih und Glied in den kleinen Kuhlen, die man um sie herum gezogen hatte, um den Tau aufzufangen. Ein überwölbtes Spalier markierte die Einfahrt zu einem Bauernhof, vor dem braunes Hühnervolk aufgeregt herumgackerte. Eine auffallend hübsche Magd kletterte so ungeniert über ein Gatter, daß wir sehr viel von ihren Beinen zu sehen kriegten und noch dazu einiges von dem, was sich weiter oben abspielte.
Nero hatte aufgehört, sich mit den Hühnern zu unterhalten, und Larius gaffte das Mädchen an. Im Näherkommen lächelte sie ihm zu.
»Zeit, daß wir mal wieder was verkaufen«, meinte Larius mit unbewegtem Gesicht. Die Jungfer war zu klein, zu jung und zu rosig für meinen Geschmack, aber ein wirklich atemberaubender Blickfang.
»Ist das Ihre Einschätzung, Tribun?«
»Aber ganz entschieden, Legat!« rief Larius. Das Mädchen ging an uns vorbei; sie schien es gewohnt zu sein, daß Schieber in Ochsenkarren sie mit den Augen verschlangen.
»Also gut, wenn sie ins Haus geht«, entschied ich. Sie ging rein.
Larius meinte, ich solle ruhig schon vorgehen; seine Eingeweide narrten ihn mit jenen Saltosprüngen, die den Aufenthalt in der Fremde so erquicklich machen. Ich ging also, das Herz seiner Angebeteten zu rühren, während er sich wieder fit machte. Als ich unter den Torbogen trat, verschwand die fahle Sonne gerade wieder hinter einer drohenden Wolke.
Ein Instinkt sagte mir, daß Hausierer, die Kleiderhaken im Angebot hatten, dieses Gehöft wahrscheinlich auslassen würden. Es war eine heruntergekommene, verwitterte Schrotthalde, ein bunt zusammengewürfelter Haufen von Gebäuden, die man offenbar aus geborstenen Planken und ausrangierten Türen zusammengezimmert hatte. Der Geruch von Ziegenpisse und abgestandenem Kohl schlug mir entgegen. Die Hühnerställe waren windschief, und die Kuhställe standen einen Fuß tief im Morast. Drei Bienenkörbe lehnten an einem Flechtrahmen; keine Biene, die was auf sich hielt, würde sich hineinverirren.
Das Mädchen war verschwunden. Hinter den verkommenen Stallungen ging das baufällige Wohnhaus des abwesenden Besitzers, der die Klitsche wahrscheinlich als Investition gekauft und nie mit eigenen Augen gesehen hatte, langsam aber sicher vor die Hunde.
Ich kam gar nicht bis zum Haus. Mein gesunder Menschenverstand bewahrte mich davor; ein entsetzlicher Köter, der neben der Tür angekettet war, spielte bei meinem Anblick verrückt. Die Glieder seiner zwölf Fuß langen Kette wogen bestimmt zwei Pfund das Stück, aber Fido schüttelte sie wie einen Kranz Rosenknospen auf einer Festtafel, während er aufgeregt hin und her rannte, weil er mich offenbar für den nächsten Festschmaus hielt. Der Spektakel lockte einen unrasierten Rüpel hinter der Hausecke vor, der mit geschwungenem Knüppel auf den Hund zustürzte. Das Vieh verdoppelte seine Anstrengung, mir an die Kehle zu springen.
Ich machte kehrt, zog meinen Fuß aus einem Kuhfladen und lief zurück zur Straße. Der Mann ließ Hund Hund sein und setzte mir nach. Er holte rasch
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