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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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du etwas über Barnabas weißt, muß ich unbedingt mit dir sprechen!«
    »Warte im Olivenhain«, gab sie hastig zurück. »Ich komme gleich nach dem Essen …«
    Allmählich fühlte ich mich umzingelt. Larius bewunderte so diskret die Aussicht, daß mich schauderte. Der schamlos neugierige Nero schnüffelte wißbegierig an mir herum und sabberte mir den Tunikaärmel voll. Und dann pflanzte sich auch noch der Leibwächter neben seiner Herrin auf, um sie mit dem Parasol zu beschirmen, einem riesigen gelben Seidengebilde aus flatterndem Fransensaum, das aussah wie eine monströse Qualle.
    Helena Justina stand in ihrem blütenweißen Kleid und mit den roten Schleifen im Haar da wie eine zarte, lichte, festlich geschmückte Grazie auf einer Vase. Ich schwang mich auf den Bock. Ich blickte zurück und sagte, ohne es zu wollen: »Ach, übrigens, ich habe ja gewußt, daß du mir früher oder später den Laufpaß geben würdest, aber ich dachte, du hättest wenigstens soviel Anstand, mir Bescheid zu sagen, wenn es soweit ist!«
    »Was?« Die Frau wußte ganz genau, was ich meinte.
    »Du hättest schreiben können. Keinen langen, feierlichen Abschiedsbrief, nur ein schlichtes Danke und verzieh dich, du Niete hätte vollauf gereicht. Von so einem kleinen › Lebwohl‹ hättest du schon keinen Krampf in den Fingern gekriegt!«
    Helena Justina richtete sich auf. »Wann denn, Falco? Du hattest dich schon ohne ein Wort nach Kroton abgesetzt!«
    Unter ihrem Parasol hervor traf mich ein Blick abgrundtiefer Verachtung; dann machte sie kehrt, eilte leichtfüßig die Stufen hinauf und verschwand im Haus.
     
    Ich ließ Larius kutschieren. Ich fürchtete, mir könnten die Hände zittern.
    Sie verwirrte mich. Ich hatte mir so sehr gewünscht, sie wiederzusehen, aber nun war ich völlig aus dem Gleis geworfen.
    Nero stürmte schnurstracks auf den Olivenhain zu, als wolle er damit prahlen, wie gut er den Weg kannte. Larius hatte einen Arm auf die Knie gestützt und ahmte so unbewußt Petronius nach, wenn der die Zügel führte. Jetzt musterte er mich kritisch.
    »Du siehst aus, als hätte dir jemand mit ’nem Besen die Ohren ausgeputzt.«
    »Denk dir was weniger Feinfühliges aus!«
    »Entschuldige, Onkel Marcus«, bohrte er ungerührt weiter, »aber wer war das ?«
    » Das? Oh, die mit den flatternden Bändern? Die ehrenwerte Helena Justina. Vater im Senat und zwei Brüder im diplomatischen Dienst. Einmal verheiratet; einmal geschieden. Standesgemäße Erziehung, leidlich hübsch nebst eigenem Vermögen im Wert von einer Million …«
    »Sie macht einen sehr netten Eindruck!«
    »Sie hat mich eine Ratte genannt.«
    »Ich dachte mir schon, daß ihr euch nahesteht!« erklärte mein Neffe mit dem freimütig beiläufigen Sarkasmus, den er in diesen wenigen Tagen bewundernswert perfektioniert hatte.

XXXIII
    Auf der Fahrt hinunter zum Olivenhain brütete ich stumm vor mich hin. Larius pfiff gutgelaunt.
    Im Augenblick galten meine Gedanken weniger Helena als vielmehr Caprenius Marcellus. Er war vielleicht nicht mehr politisch aktiv, aber geistig immer noch sehr rege. Bestimmt wußte er zu Lebzeiten seines Sohnes alles über das Komplott – hatte die Verschwörung womöglich sogar unterstützt. Ich hätte wetten mögen, daß er auch wußte, wo Aufidius Crispus war.
    Ob Marcellus seine Schwiegertochter eingeladen hatte, um sie über die Entwicklung in Rom auszufragen?
    Im übrigen stand für mich jetzt fest, daß Helena mich verlassen hatte. Es war kaum zu glauben. Noch vor sechs Wochen war alles ganz anders gewesen. Die Erinnerung überkam mich wie ein mächtiger, heißer Strom, der durch meine Lenden flutete und mich wie magisch auf meinem Sitz festbannte … Woran sie jetzt wohl denken mochte? Wahrscheinlich überlegte sie, ob sie lieber ein, zwei Pfund Aufschnitt aus Luca oder einen Schafskäse aus dem Lactarii-Gebirge zu Mittag verspeisen solle. Helena hatte einen Wahnsinnsappetit; wahrscheinlich würde sie beides nehmen.
    Larius und ich aßen unsere Äpfel im Olivenhain.
     
    Ich richtete mich auf eine lange Wartezeit ein. Der Konsul würde sich durch seinen dreistündigen Imbiß trödeln und jeden Bissen fester Nahrung extra hinunterspülen; er hatte schließlich ein stattliches Quantum Wein abgefüllt für einen alten Mann und ein Frauenzimmer, das, jedenfalls nach meiner Erfahrung, beim Alkohol sehr enthaltsam war. Marcellus schien zu jenen Invaliden zu gehören, die aus ihrer Lage das Beste machen.
    Ich nutzte die Zeit, bis Helena in

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