Bronzeschatten
frische Luft jagte und frech in die richtigen Körperteile kniff, bis sie ein bißchen kreischte und in Wallung geriet – dann mochte aus der vornehmen Aemilia noch etwas halbwegs Annehmbares werden …
Helena Justina durchbohrte mich förmlich mit mißbilligenden Blicken, und darum erklärte ich mich sofort bereit, die ehrenvolle Aufgabe zu übernehmen.
XLIV
Ich hatte Besseres zu tun, als hier herumzulungern und auf ein Wort mit einer Frau zu hoffen, die mir nur »Lebe wohl« zu sagen wußte. Also latschte ich zurück zum Gefängnis, um Larius zu befreien, und führte ihn in eine Imbißstube; dann retteten wir gemeinsam Petros in Ungnade gefallenen Ochsen. Nero hatte sich schon mit den Pferden und Maultieren im Mietstall angefreundet. Er führte sich auf wie ein Kind auf einem Fest und wollte nicht nach Hause gehen.
»Er sieht müde aus«, meinte Larius, als wir das störrische Vieh ins Freie schoben, um es anschirren zu können.
»Dazu hat er auch allen Grund!«
Ich brachte Larius bis an die Straße, die zurück nach Oplontis führte. Da kein Mann seinen Lehrling dabei haben mag, wenn er einer Dame das Harfespielen beibringt, erlaubte ich meinem Neffen, sich zu seinem Fassadenkletterer zu trollen. Ich betonte allerdings, daß es sich nur um eine vorübergehende Abmachung handelte; Larius nickte nicht sehr überzeugend.
Als Privatlehrer wohnte ich im Haus des Magistrats. Das sparte die Miete. Aber ich konnte mich nicht an die kalte, leblose Atmosphäre gewöhnen. Am Tage drang ständig Gekeife aus der Küche, und abends waren nie genug Lampen da. Rufus aß für gewöhnlich auswärts; ihm war wohl aufgefallen, daß sein Koch nicht kochen konnte. Ich besorgte mir in der Stadt etliche Notenbücher, um mich auf meinen neuen Beruf einzustimmen. Aemilius Rufus hatte nicht übertrieben, als er behauptete, die hiesige Bevölkerung hielte Kaiser Nero noch immer die Treue. Eine Woche nach seinem Selbstmord hatten in Rom alle Läden die kaiserlichen Schnulzen aus ihren Regalen geräumt und als Einwickelpapier auf den Fischmarkt geschickt. In der Campania dagegen waren seine Potpourris noch reichlich zu haben. Für eine Anfängerin erschien mir Neros Quatsch bestens geeignet. Seine Kompositionen waren zwar einschläfernd lang, aber so hatte Fausta wenigstens viel zum Üben; sie waren extrem langsam, was das Selbstvertrauen meiner Schülerin stärken würde; und – ohne patriotische Gefühle verletzen zu wollen – sie zu spielen war die einfachste Sache der Welt.
Die Lyra wäre natürlich ein leichteres Instrument gewesen, aber eigensinnig, wie sie nun einmal war, hatte Aemilia sich auf eine Kithara kapriziert, ein herrliches Stück; der Schallkörper war mit Perlmutt eingelegt; die geschwungenen Jocharme mündeten in zierlich gedrechselten Hörnern; ein elfenbeinernes Plektron diente zum Zupfen der sieben Saiten. Wie gut ich die Kithara spielen konnte, ist eine Frage, die ich lieber offenlassen möchte (obwohl ich beim Militär eine Flöte besaß, mit der ich einen ganz schönen Spektakel veranstalten konnte). Und Aemilia Fausta wollte schließlich nicht von zu Hause ausreißen und zum Theater gehen. Vor den betrunkenen Gästen eines Festbanketts zu bestehen, dazu würde es reichen. Und im übrigen würde es wohl kaum das erste Mal sein, daß ein Lehrer sich mit einem Minimum an hastig angelesenem Grundwissen durch seinen Unterricht mogelte.
Allein, das edle Fräulein besaß jenen skeptischen Zug, der bei einer Freundin Helenas zu erwarten war. Einmal fragte sie mich, ob ich schon lange spielte.
»Gnädigste, mit dem Musikunterricht ist es wie mit der Liebe; es kommt nicht darauf an, wie gut ich die Materie beherrsche, sondern ob es mir gelingt, das Beste in Ihnen zutage zu fördern!« Sie hatte keinen Humor. Ihre Eulenaugen starrten mich verstört an.
Ein Musiklehrer, der gut spielen kann, konzentriert sich in erster Linie auf die eigene Darbietung. Sie brauchte jemanden wie mich: sanfte Hände, ein einfühlsames Wesen – und fähig, der Dame mit einfachen Worten zu erklären, wo sie was falsch machte. Wie ich schon sagte: genau wie in der Liebe.
»Sind Sie verheiratet, Falco?« fragte sie. Die meisten wollen das wissen. Ich schenkte ihr mein unschuldiges Junggesellenlächeln.
Sobald das klargestellt war, stolperte Aemilia Fausta weiter durch ihre neueste kaiserliche Weise, und ich vertiefte mich in die nächste Lektion über die diatonische Tonleiter. (Ein Thema, über das ich mich zugegebenermaßen nicht
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