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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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sehr gewandt verbreiten konnte.)
     
    Wir hielten unseren Unterricht im Haus ab. Um die Nachbarn nicht zu verärgern. (Sie zahlten nie Eintritt. Warum ihnen also einen Gratisohrenschmaus verschaffen?) Aus Gründen der Schicklichkeit saß eine Zofe bei uns. So konnte ich wenigstens während langweiliger Passagen das Kammerkätzchen unanständig ausführlich betrachten.
    »Ich fürchte, da haben Sie gepatzt. Versuchen Sie’s noch einmal …«
    An der Stelle stieß die Zofe, die eine Tunika säumte, einen spitzen Schrei aus, weil ihr das Nadelschälchen umgefallen war. Sie ließ sich auf die Knie nieder, um die Nadeln vom Boden aufzulesen, und als Kavalier half ich ihr suchen. Die Theaterfreunde unter den Lesern werden jetzt vielleicht denken, die Zofe hätte diese Gelegenheit genutzt, um mir ein Billett zuzuschieben. Aber dies war keine Komödie, also tat sie es nicht; was mich nicht weiter überraschte.
    Immerhin, die Knie, auf denen sie über den Boden rutschte, hatten allerliebste Grübchen, sie klimperte mit den schwarzen Wimpern, und ihre kleinen Händchen waren schlank und zart – folglich hatte ich nichts dagegen, ein paar Minuten mit ihr auf dem Fußboden zuzubringen. Aemilia Fausta griff heftiger in die Saiten. Der Zofe und mir gelang es, die meisten ihrer Nadeln wieder einzusammeln.
    Als ich wieder auf meinem Stuhl saß, entließ das Fräulein ihre Zofe.
    »Endlich allein!« rief ich fröhlich. Fausta legte sich mächtig ins Zeug. Ich unterbrach sie mitten im Akkord und nahm ihr mit einer Geste zärtlicher Besorgnis, die zu meinem Repertoire gehörte, die Kithara fort. Sie sah mich ängstlich an. Ich blickte ihr tief in die Augen (die, um ehrlich zu sein, nicht die schönsten Augen waren, in die ich je aus beruflichem Interesse geblickt hatte). »Aemilia Fausta, ich muß Sie das jetzt einfach fragen: Warum sind Sie immer so traurig?«
    Ich wußte die Antwort. Die Schwester des Magistrats verbrachte viel zuviel Zeit damit, verpaßten Gelegenheiten hinterherzuweinen. Es fehlte ihr an Selbstvertrauen; wahrscheinlich hatte sie nie welches gehabt. Aber was mich wirklich in Rage brachte, war, daß sie sich von ihrer Kosmetikerin ein vierzig Jahre altes Gesicht über ihre zwanzigjährigen Züge malen ließ. Trotz der vielen silbernen Handspiegel in ihrem Boudoir hatte sie sich wohl noch nie richtig angesehen.
    »Ich höre Ihnen wirklich gerne zu«, ermunterte ich sie. Meine Schülerin gestattete sich einen beredten Seufzer. »Der Bursche verdient Ihre Liebe nicht, wenn er Sie so unglücklich macht … Möchten Sie darüber sprechen?«
    »Nein«, sagte sie. Eins meiner typischen Erfolgserlebnisse.
    Ich saß erst einmal stumm da und machte ein gekränktes Gesicht, dann gab ich ihr die Kithara zurück. Sie nahm sie zwar, machte aber keine Anstalten weiterzuspielen. »Das geht jedem einmal so«, tröstete ich sie. »Die, die einem nachlaufen, sind erbärmliche Jammerlappen und der, der einem gefallen würde, ist blind.«
    »Genau das sagt mein Bruder auch.«
    »Wie heißt denn unser Held?«
    »Lucius.« Daß sie mich auf die Folter spannen konnte, brachte sie beinahe zum Lächeln. »Es ist Aufidius Crispus. Als ob Sie das nicht längst wüßten!«
    Ich überhörte den Tadel und wartete ab, bis sie sich wieder gefaßt hatte. »Was ist denn schiefgegangen?«
    »Wir waren verlobt, und er verschob die Hochzeit immer wieder. Schließlich mußte sogar ich einsehen, daß er sich auf ein Dauerverlöbnis eingerichtet hatte.«
    »So was kommt vor. Wenn er sich nun nicht sicher gewesen ist …«
    »Die Argumente kenne ich schon auswendig!« konterte sie knapp.
    »Ja, kann ich mir denken. Aber das Leben ist zu kurz, um einer verlorenen Liebe nachzutrauern …«
    Aemilia Fausta betrachtete mich mit dem müden Blick einer Frau, die Zeit ihres Lebens unnötig gelitten hat. Eine Frau so leiden zu sehen macht mich krank.
    »Lassen Sie mich Ihren Kummer lindern, mein Fräulein.« Sie schnitt eine Grimasse; offenbar machte sie sich keine Illusionen über ihre eigenen Reize.
    Schließlich fragte ich leise in das Schweigen hinein: »Wissen Sie, wo Crispus ist?«
    Jede vernünftige Frau hätte mir die Harfe über den Schädel geschlagen.
    »Ich wünschte, ich wüßte es! Wenn Sie ihn finden, werden Sie mir Bescheid geben?« bat sie.
    »Nein.«
    »Aber ich muß ihn sprechen …«
    »Sie müssen ihn vergessen! Spielen Sie Harfe, mein Fräulein!«
    Das Fräulein gehorchte.
    Sie spielte noch immer, und es lag etwas in der Luft, das ein

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