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Brook, Meljean - Die Eiserne See

Brook, Meljean - Die Eiserne See

Titel: Brook, Meljean - Die Eiserne See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flammendes Herz
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weiterhin in die Pflicht nehmen sollen.«
    »Ich verstehe«, sagte Archimedes.
    Wahrscheinlich besser als sie. Yasmeen war erst wenige Jahre vor dem Ende des Zehnjährigen Kriegs in die Neue Welt gekommen, der sich obendrein seit Jahrhunderten zusammengebraut hatte. Jeder führte andere Kriegsgründe an, aber so gut wie alle stimmten darin überein, dass die Wurzel des Konflikts im sechzehnten Jahrhundert lag, als sich in Afrika die Zombieinfektion auszubreiten begann. Die Hugenotten, die damals bereits über Siedlungen in der Karibik und Plantagen auf dem südamerikanischen Kontinent verfügten, hatten in einem Akt der Barmherzigkeit Schiffsflotten zur Westküste Afrikas geschickt. Ganze Königreiche wurden über den Atlantik verschifft und nördlich des Großen Zimtflusses auf Hugenottengebiet angesiedelt, wobei die Menschen einzig dazu in die Pflicht genommen worden waren, für die Überlassung des Landes mit Gold oder Arbeitskraft zu bezahlen.
    Über die nächsten hundert Jahre wusste Yasmeen nicht viel – dann war Frankreich in einen Territorialkrieg mit den katholischen Lusitanern im Norden verstrickt und bot einem jeden Afrikaner, der sich dem französischen Heer anschloss, an, ihn aus seiner Pflicht zu entlassen. Tausende folgten diesem Ruf, doch Kastilien und die Stammesbündnisse stellten sich hinter Lusitanien, und die Franzosen gewannen nördlich der Karibik nur wenige Gebiete hinzu. Nach Kriegsende siedelten sich Tausende von Familien, die für Frankreich gekämpft hatten und sich jetzt als die Libéré bezeichneten, in neuen Gegenden an, und zahlreiche ihrer Nachbarn waren der Ansicht, dass sie für kaum mehr als Lastentragen taugten. Manche kehrten in den Süden zurück, die meisten jedoch zogen nach Norden, wo Abkommen über Handel und Gebiete mit den Stammesbündnissen die Grundlage für neue Fabriken und Farmen mit leistungsorientierter Bezahlung schufen.
    Archimedes’ Schwester hatte übertrieben mit ihrer Behauptung, jede Familie in der Neuen Welt hätte Verwandte unter der Libéré und den Indianern. Heutzutage war das tatsächlich oftmals wahr. Hätte sie jedoch »Nachbarn« gesagt, wäre das in keiner Weise eine Übertreibung gewesen.
    In den südamerikanischen Gebieten, die noch immer dem König gehörten, machte der Name Libéré allmählich die Runde – selbst unter den französischen Adeligen und Beamten, die mit der Verwaltung der Gebiete betraut waren. Der Widerstand begann mit der Weigerung, die seit Langem bestehenden Pflichtzahlungen anzuerkennen, die noch immer auf jedem lagen, der afrikanischer Abstammung war. Französische Truppen wurden nach Süden verlegt und erstickten die Aufstände, die überall aufflackerten. Gouverneure und Beamte wurden hingerichtet oder abgesetzt, und der Adel floh. Der offene Widerstand ließ nach und verlagerte sich in die Salons, wo er beständig zunahm. Unterstützt durch den König, sprachen die Kirchen auf den französischen Inseln mit beredten Worten von Treue und Pflicht – und Lastenträgerfamilien wie die von Rousseau und Guillouet verbrachten mehr Zeit in Kirchen als in Salons. Als der König denjenigen, die für ihn kämpften, die Vollbürgerschaft versprach, folgten die beiden dem Aufruf.
    Doch der Krieg zog sich dahin, und die Franzosen begannen Kosten zu senken. Mit der ersten Anordnung wurden zwanzigtausend Offiziere und Unteroffiziere freigesetzt – der Großteil von ihnen Libéré. Obwohl die Regierung erklärte, dass die Freisetzungen in der Reihenfolge der Zugehörigkeitsdauer zum Heer erfolgt waren, hatte Rousseau erklärt, nun endlich begriffen zu haben, woran er mit seinen Landsleuten war und dass er nicht länger auf ihrer Seite stehen würde. Guillouet hatte die versprochene Einbürgerung angenommen.
    Und doch war er nun hier, weil es für ihn nach dem Krieg in den verbleibenden französischen Gebieten kaum Möglichkeiten gegeben hatte.
    »Und was denkst du?«, fragte Archimedes.
    »Über den Krieg?« Als er nickte, lachte Yasmeen. Ach, auf diese Weise hatte sie schon viele unterhaltsame Kneipenschlägereien angezettelt. »Ich denke, dass das Land den französischen Königen gehört hat und dass um Steuern nun einmal kein Herumkommen ist.« Als seine Miene sich verdüsterte und er den Mund öffnete, grinste sie und fuhr fort. »Ich denke außerdem, dass es den Hugenotten jahrhundertelang höchst gelegen kam, in den Libéré nur Lastenträger zu sehen; also begründeten sie jede ihrer Handlungen mit der ursprünglichen Pflicht,

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